Ein Doktorand der Anglistik als Büroleiter, eine Mitarbeiterin, eine Schreibmaschine: So beginnt die Geschichte der ersten DAAD-Außenstelle, die im April 1952 in London ihre Türen öffnete – übrigens ein Jahr, bevor die dortige deutsche Botschaft ihre Arbeit aufnahm. Die Wahl war nicht ohne Grund auf die britische Metropole gefallen: Zum einen hatte der Akademische Austauschdienst (AAD), die Vorläuferorganisation des DAAD, schon 1927 ein Büro in London eröffnet, um den Studierendenaustausch zwischen Deutschland und Großbritannien zu fördern – wobei diese Zweigstelle 1933 "gleichgeschaltet" und 1939 kriegsbedingt geschlossen wurde. Zum anderen bemühte sich nach 1945 speziell die britische Besatzungsmacht im Rahmen der Re-Education, Deutschland aus der geistigen Isolation in die internationale Wissenschaftswelt zurückzuholen, und unterstützte in diesem Zuge auch den Aufbau des DAAD.
Tagungsmotto "Past – Present – Future"
Nun feierte der DAAD das Jubiläum seiner Londoner Außenstelle: mit Empfängen in der deutschen Botschaft und im Goethe-Institut – sowie mit einem Treffen der britischen und irischen DAAD-Alumnae und -Alumni unter dem Motto "Science for Diplomacy – Diplomacy for Science: 70 years of UK and Irish-German Academic Collaboration". Rund 100 Alumnae und Alumni waren Ende September zu der zweitägigen Veranstaltung angereist, deren Konzept dem Dreiklang "Past – Present – Future" folgte: Neben der Rückschau standen zum Beispiel Vorträge über die Mobilität Studierender auf der Agenda ("A Showcase of Current Cooperation"), aber auch Panels zu Lehr- und Lernformen der Zukunft ("The Future of Higher Education is digital!? – Mobility, Cooperation and Internationalisation for a post-digital Era").
Zunächst aber zeichnete DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee in seinem Grußwort die Historie der Außenstelle nach. So schilderte er den Gästen – zu denen die deutschen Botschafter in London und Dublin, Miguel Berger und Cord Meier-Klodt, ebenso zählten wie die Bundestagsabgeordneten Laura Kraft und Ruppert Stüwe –, in welch überschaubarem Rahmen der deutsch-britische Studierendenaustausch begann: 1952 erhielten je zwei Studierende aus Großbritannien und Deutschland Jahresstipendien; es wurden vier Ferienkurse finanziert, 100 Praktika vergeben und erste Lektorinnen und Lektoren für deutsche Sprache und Literatur an britische Universitäten entsandt. Dabei berichtete der DAAD-Präsident, dass es ein außerordentlicher Vorgang gewesen sei, dass schon im ersten Jahr ihres Bestehens ein DAAD-Lektor an die Aberystwyth University in Wales vermittelt wurde.
Intensive Förderung von "German Studies"
Doch nach diesem ersten Lektor kamen viele weitere, und auch der Studierendenaustausch intensivierte sich. Nachdem bis in die frühen 1960er-Jahre vor allem Studierende der Ingenieurwissenschaften, Pädagogik und Medizin gefördert wurden, gab es 1963 einen ersten deutsch-britischen Juristenaustausch. 1972 startete der DAAD das "Anglistenprogramm", das pro Semester bis zu 100 deutschen Studierenden die Chance gab, "British Life and Institutions" vor Ort zu ergründen. Im Lauf der Jahre war die Außenstelle zudem tatkräftig daran beteiligt, die Angebote auszubauen, mit denen der DAAD für die deutsche Sprache und Kultur warb: 1969 wurde ein Sonderstipendienprogramm für britische Germanistinnen und Germanisten aufgelegt und 1974 die "Association for the Study of German Politics" begründet, die bis heute "Wahlbeobachterreisen" für ausländische Deutschlandexpertinnen und -experten organisiert. 1994 entstand in Kooperation mit dem DAAD ein erstes Institut für "German Studies" an der Universität Birmingham, dem weitere folgten. Und seit 2010 wirbt das Programm "Promoting German Studies" in Großbritannien und mittlerweile auch in Irland für einschlägige Studienangebote und Forschungsvorhaben.