Der Academic Freedom Index (AFi) bewertet den Stand der Wissenschaftsfreiheit in 175 Ländern und Territorien. Anhand von fünf Indikatoren liefert er Daten zur Entwicklung der weltweiten Wissenschaftsfreiheit von 1900 bis 2020. Die umfangreiche Erhebung ist ein Gemeinschaftsprojekt von Forschenden an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, dem V-Dem Institut der Universität Göteborg und dem Global Public Policy Institute in Berlin in enger Zusammenarbeit mit dem Scholars at Risk Network (SAR).
Prof. Dr. Katrin Kinzelbach vom Institut für Politische Wissenschaft der FAU sagt:
„Es gibt zahlreiche Selbstverpflichtungen von Staaten und Institutionen, die Wissenschaftsfreiheit zu achten und zu schützen, dennoch zeigt der Academic Freedom Index, dass die Universitäten in vielen Ländern der Welt unter Druck stehen. Natürlich gibt es große Unterschiede zwischen einzelnen Ländern, aber insgesamt haben wir festgestellt, dass nur etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung in Ländern lebt, in denen die Wissenschaftsfreiheit umfassend geschützt ist. Deutschland gehört zur Spitzenklasse.“
Der AFi setzt sich aus fünf Indikatoren zusammen, die jeweils eine andere Dimension der Wissenschaftsfreiheit messen: (1) Freiheit der Forschung und Lehre, (2) Freiheit des akademischen Austauschs und der Wissenschaftskommunikation, (3) Institutionelle Autonomie, (4) Campus-Integrität und (5) Akademische und kulturelle Ausdrucksfreiheit.
Die Freiheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich zu politischen Fragen zu äußern, ist am stärksten rückläufig. Der globale Durchschnittswert für diesen Indikator sinkt seit 2013 kontinuierlich. Darüber hinaus zeigen die neuen Daten auch deutliche Verschlechterungen bei der Campus-Integrität in einzelnen Ländern. Dieser Indikator bewertet das Ausmaß, in dem Hochschulen frei von Überwachung oder Sicherheitsverletzungen sind. Zwischen 2019 und 2020 ist die Campus-Integrität zum Beispiel in Belarus und in Polen gesunken. In Belarus, Hongkong, Sambia und Sri Lanka wurden die stärksten Verschlechterungen zwischen 2019 und 2020 beobachtet. Ilyas Saliba vom GPPi in Berlin erklärt die Entwicklung:
„In den meisten Fällen, in denen die Wissenschaftsfreiheit im Vergleich zu 2019 signifikant gesunken ist, kann dies entweder auf neue Vorschriften zurückgeführt werden, die die Freiheit zu forschen, zu lehren und zu veröffentlichen einschränken, oder auf repressive politische Maßnahmen gegen prodemokratische Bewegungen mit einer starken Basis unter Studierenden sowie Dozentinnen und Dozenten. Hinzu kommt, dass digitale Unterrichtsformen die Überwachung erleichtern und sehr wahrscheinlich einen Anreiz zur Selbstzensur in repressiven Umgebungen bieten.“
DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee betont:
"Der ‚Academic Freedom Index‘ zeigt erneut eindringlich: Die Länder dieser Welt haben beim Thema Wissenschaftsfreiheit sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen – dies sollte uns bei unserem Bemühen um internationalen Austausch und in der Gestaltung der deutschen Außenwissenschaftspolitik stets bewusst sein."
Die detaillierten Daten, aus denen sich der AFi 2020 zusammensetzt, sind ab dem 10. März 2021 online verfügbar und können auch mit Hilfe von Online-Visualisierungstools abgerufen werden. Der Index kann von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für weitere Studien genutzt werden, aber auch von Universitätsleiterinnen, Forschungsförderern und politischen Entscheidungsträgerinnen, um die Wissenschafts- und Hochschulpolitik zu informieren. Darüber hinaus kann er für Risikomanagementstrategien und tägliche operative Entscheidungen darüber, wo zusätzliche Schutzmaßnahmen gegen Verstöße ergriffen werden sollen, genutzt werden.
Zum Nachlesen
- FAU Erlangen-Nürnberg: Informationen zur Wissenschaftsfreiheit
- V-Dem Institut: AFi-Datensatz