Die „Frankfurter Deklaration“ ist das Abschlussstatement der Konferenz, die gemeinsam von der Leibniz-Gemeinschaft, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und dem LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) in Zusammenarbeit mit dem französischem Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) veranstaltet wurde. Die Tagung stellte erstmals den Zusammenhang zwischen Biodiversitätsforschung und nachhaltiger Entwicklung her.
Mehr Forschung zu Biodiversität notwendig
Vom 1. bis 3. Dezember 2010 fand in Frankfurt am Main die internationale Konferenz „Biodiversity and the UN Millennium Development Goals“ statt. Kurz vor Ende des Internationalen Jahres der Biodiversität kamen rund 200 Teilnehmer aus aller Welt zusammen, um über den Zusammenhang zwischen der schwindenden biologischen Vielfalt und den UN-Entwicklungszielen, Hunger, Krankheiten und Armut bis 2015 beträchtlich zu reduzieren, zu diskutieren. Veranstaltungsort war das Senckenberg Naturmuseum. Im abschließenden Statement der Konferenz, der „Frankfurt Declaration on Biodiversity and UN Millennium Goals“, ziehen die Forscher eine gemischte Bilanz der bestehenden Biodiversitätsforschung. So gäbe es noch große Wissenslücken zum Zustand und Abnahme der Biodiversität und der von ihr abhängenden Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen. Als exemplarisch wurden dafür die Beispiele Tiefsee, Böden, Süßwasser und genetische Vielfalt genannt. Gleichzeitig wird die Bedeutung der Biodiversität für das menschliche Wohlergehen in der Öffentlichkeit stark unterschätzt.
Biologische Vielfalt und nachhaltige Entwicklung: das eine nicht ohne das andere
Die Deklaration hebt hervor, dass biologische Vielfalt und ihre Veränderungen eng mit Wasserverfügbarkeit, Nahrungsmittelproduktion, Gesundheit, Klimawandel, Naturrisiken etc. verknüpft sind. Dies muss verstärkt berücksichtigt und untersucht werden. Zuvor war im Verlauf der Konferenz aufgezeigt worden, wie intakte Ökosysteme zum Wohlergehen der Menschheit beitragen. Beispielsweise kann Mangelernährung, neuen Epidemien oder Schädlingsinvasionen besser begegnet werden, wenn die vom Menschen genutzte Natur vielfältig und variantenreich ist. Auch die Behandlung vieler bestehender Krankheiten oder die Züchtung widerstandsfähiger und klimaangepasster Pflanzen funktioniert nicht ohne biologische Vielfalt. Zudem hängt ein Großteil der Erdbevölkerung direkt von der Nutzung der natürlichen Ressourcen ab.
Plädoyer für integrierte Forschung
Die Forscher weisen zudem darauf hin, dass zwischen der Bewahrung der Biodiversität und der Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen (Ziel-) Konflikte, aber auch Synergien bestehen. So hat Biodiversitätsverlust substanzielle Auswirkungen auf die Verbreitung von Krankheiten, die Erzeugung von Bioenergie, die Landwirtschaft und Fischerei. Um die Millenniums-Entwicklungsziele erreichen zu können, muss man die Ökosysteme besser schützen und nachhaltiger nutzen. Fortschritte im Bereich Biodiversität und Entwicklungsziele sind daher nur erzielen, wenn beide Gebiete integriert betrachtet werden. So sind existierende Zielkonflikte z.B. zwischen dem Schutz der Biodiversität versus Nutzung natürlicher Ressourcen (siehe Biogasproduktion aus Pflanzenmaterial) lösbar. Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Mosbrugger, Vizepräsident der Leibniz-Gemeinschaft und Wissenschaftlicher Koordinator von des Biodiversität und Klima Forschungszentrums, forderte daher mehr Anreize für fächerübergreifende Forschung. Dieser Ansatz ist neu und spiegelte sich in der Zusammensetzung der Konferenzteilnehmer wider, die aus verschiedenen natur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen, Politik, Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungszusammenarbeit, Verwaltung und Wirtschaft kamen. Wie es Prof. Dr. Heribert Hofer (Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, Berlin, und Sprecher der Sektion Lebenswissenschaften der Leibniz-Gemeinschaft) auf den Punkt brachte, „müssen alle Akteure ihre persönliche Komfortzone verlassen – das ist mit Anstrengungen verbunden, aber erhellend.“
Stärkere Vernetzung der Wissenschaft mit Politik und Praktikern
Die Biodiversitätsexperten sind sich einig, dass innovative Forschungsansätze die Grundlage für fundierte Handlungsempfehlungen für die Politik sind. Im diesem Zusammenhang sagte Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz Prof. Dr. Beate Jessel am Rande der Konferenz: „Forschungsergebnisse müssen entsprechend aufbereitet und für jedermann verständlich ‚übersetzt‘ werden, um der Politik dringend benötigte Entscheidungshilfen für diese komplexe Thematik zu liefern“. Auch der nach dem Verfehlen der 2010-Ziele zum Biodiversitätsschutz nun auf der COP10 in Nagoya verabschiedete neue strategische Plan kann laut der „Frankfurter Deklaration“ nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn Biodiversität in einem breiteren Kontext betrachtet wird. Diesem gesellschaftlichen Bedarf wird die wissenschaftliche Gemeinschaft bisher noch unzureichend gerecht.
Auftakt für 5-Jahres-Kampagne
Zu jedem Eckpunkt der „Frankfurter Deklaration“ wurden daher konkrete Handlungsansätze formuliert. Die Frankfurter Konferenz „Biodiversity and the UN Millennium Development Goals“ ist damit Auftakt einer Fünf-Jahres-Kampagne. Sie soll neue Strategien zu Schutz, Management und nachhaltiger Nutzung der biologischen Vielfalt hervorbringen und das Erreichen der UN-Entwicklungsziele bis 2015 durch Forschung und regelmäßige gemeinsame Aktivitäten untermauern.
Das Programm und die Inhalte der Konferenz sowie demnächst auch der genaue Wortlaut der „Frankfurt Declaration“ sind unter www.biodiversity-conference2010.de einsehbar.
Kontakt
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
Sabine Wendler
Senckenberganlage 25
60325 Frankfurt
Tel.: 069 - 7542 - 1838
Fax: 069 - 7542 - 1800
E-Mail: sabine.wendler(at)senckenberg.de
Web: www.bik-f.de