Die von Deutschland und Frankreich umgesetzten Forschungspolitiken sind sich in ihren Zielsetzungen sehr ähnlich. Wissenschaft und Technologie zählen zu den Schlüsselfaktoren der Wirtschaft, denn sie sind die einzigen Wachstumsmotoren.
Durch die Bündelung der Ausbildungen, der Mittel und der Daten wird oft eine kritische Masse erreicht, die deutsch-französischen oder europäischen Projekten auf internationaler Ebene einen Spitzenplatz sichert. 50% des europäischen Budgets für die Forschung werden allein von Deutschland und Frankreich aufgebracht.
Die jüngsten Errungenschaften der deutsch-französischen Zusammenarbeit im Bereich Forschung sind:
Gemeinsame Labore zur Krebsforschung in Frankreich und Deutschland
1993 gründeten das INSERM und das Deutsche Krebsforschungszentrum DKFZ eine gemeinsame Forschungseinheit in Heidelberg. 2012 wurde für diese Einheit eine weitere Investitionsrunde über fünf Jahre bewilligt. Diese Zusammenarbeit wurde 2012 durch die Einrichtung einer gemeinsamen Forschergruppe in Lyon intensiviert, die von beiden Einrichtungen in Höhe von 250.000 Euro jährlich finanziert wird.
Ein gemeinsames Labor für Molekulare Medizin
Das Zentrum für Immunologie in Marseille-Luminy und das Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch haben 2012 eine gemeinsame Forschergruppe in Marseille eingerichtet, mit dem Ziel, die unbegrenzte Selbsterneuerung von bereits ausdifferenzierten Zellen zu erforschen, ohne dabei auf Stammzellen zurückgreifen zu müssen. Diese Gruppe wird von beiden Einrichtungen mit 250.000 Euro pro Jahr co-finanziert.
Gemeinsame Ausschreibungen in der Agrarforschung
Zur Förderung von innovativen und wettbewerbsfähigen Pflanzenproduktionssystemen sowie einer nachhaltigen Landwirtschaft führen Deutschland und Frankreich seit über zehn Jahren gemeinsame Projektausschreibungen (GABI-GENOPLANTE) im Bereich der Genomentschlüsselung von Weizen und Mais durch. Die neuen bilateralen Projekte (Plant-KBBE und DPPN-PHENOME) werden ab 2013 über mindestens fünf Jahre finanziert.
Die gemeinsame Entwicklung der zukünftigen Generation von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen zu Forschungszwecken
2011 unterzeichneten das IFREMER (französisches Forschungsinstitut zur Nutzung der Meere), das CNRS (französisches Zentrum für wissenschaftliche Forschung), das AWI (Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung) und das MARUM (Zentrum für Marine Umweltwissenschaften in Bremen) einen Partnerschaftsvertrag im Bereich der Meereswissenschaften. Die gemeinsame Entwicklung eines Tiefseeroboters (ROV - Remotely Operated Vehicles), der neuen Generation von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen, mit einer Tauchtiefe von bis zu 2.500 m und einer für 2014 geplanten Inbetriebnahme, ist das erste Ziel dieser neuen Allianz. Die Technologie wird unter der aktiven Beteiligung der französischen Industrie (ECA Robotics and Cybernétix) entwickelt.
Gemeinsame Entwicklung eines Satelliten zum Aufspüren von Methangas
Im Bereich der Überwachung von Treibhausgasemissionen besteht das Ziel des deutsch-französischen Satellitenprojektes MERLIN (geplanter Satellitenstart: 2015/2016) darin, die Methangaskonzentration in der Atmosphäre zu überwachen. Mit diesem Projekt verschärfen Deutschland und Frankreich, über ihre jeweiligen Raumfahrtagenturen – DLR und CNES -, die Kontrolle der Einhaltung der im Kyoto-Protokoll festgelegten Verträge und tragen zum Kampf gegen den Klimawandel bei.
Gemeinsame Entwicklung der „Straße des 21. Jahrhunderts“
Das IFSTTAR (französisches Forschungsinstitut für Verkehr, Straßenausbau und Netze) und die BASt (Bundesanstalt für Straßenwesen) arbeiten eng bei der Entwicklung eines Demonstrationsprojektes für die „Straße des 21. Jahrhunderts“ zusammen. Diese soll durch die Rückgewinnung der mechanischen Energie von Fahrzeugen und der Wärmeenergie von unterirdischen Hochspannungsleitungen energieautark werden.
Gemeinsame pädagogische, wissenschaftliche Ressourcen
Sonnentaler, das deutsche Pendant zu „La Main à la pâte“ (durchschnittlich 40.000 Besucher monatlich), bietet deutschen Grundschullehrern eine breite Auswahl an pädagogischem Material für den wissenschaftlichen Unterricht. Genau wie das französische Netzwerk bietet es außerdem einige Hilfestellungen an, wie beispielsweise ein Netz mit wissenschaftlichen Beratern. Des Weiteren finden die französischen Klassen, die den Wissenschaftsunterricht auf Deutsch abhalten möchten oder einen Austausch mit deutschen Klassen wünschen, hier zahlreiche Anregungen.
Die Bereitschaft, die wissenschaftlichen Kapazitäten auf deutscher und französischer Seite stärker anzunähern, hat vor allem in den letzten Monaten deutlich zugenommen: Während des letzten deutsch-französischen Ministerrats (Paris, Februar 2012) wurde ein vom deutschen und vom französischen Forschungsministerium gemeinsam erarbeiteter Maßnahmenplan verabschiedet.
Dieser sieht den Start von weitreichenden, verstärkten Kooperationsinitiativen in den Bereichen Gesundheit (Kohorten, Diabetes, Pneumologie, gemeinsames Institut für Public Health), Biotechnologien (Bioenergie, Biomaterialien und Bioprodukte) und den Sozial- und Geisteswissenschaften vor.
Seit dem Regierungswechsel in Frankreich haben beide Länder beschlossen, die Annäherung auf die Energieforschung (Speicherung, erneuerbare Energien, Energieeffizienz) und die digitalen Technologien (Hochleistungsrechnen, Cloud Computing, Cyber-Sicherheit) auszuweiten. Die neuen Zielsetzungen wurden am 24. September 2012 in Berlin von beiden Ministern bestätigt.
Redakteurin: Marie de Chalup