Ebenso wie die konventionelle Elektronik basiert die Spintronik (Spin-Elektronik) auf Elektronen als Träger der Information. Allerdings nutzt sie nicht nur deren elektrische Ladung, sondern eine weitere Teilcheneigenschaft – den Spin, also den quantenphysikalischen Eigendrall. Der Vorteil: Anders als bei herkömmlicher Elektronik müssen bei einem Rechenprozess keine Ladungen transportiert werden, was zwangsläufig mit Verlusten behaftet ist. Das Material heizt sich auf. Stattdessen werden nur, ähnlich wie bei einem Staffelstablauf, die Spin-Anregungen von einem Elektron zum anderen weitergegeben. Im Prinzip lassen sich dadurch Informationen verlustärmer und effizienter weiterleiten, etwa indem sie als magnetische Anregung in Form einer Spinwelle durchs Material rasen.
Seit langem befasst sich die Forschung damit, solche magnetischen Anregungszustände effektiv erzeugen und gezielt manipulieren zu können, um die Voraussetzung für den Bau nutzbarer Komponenten zu schaffen. Meist basieren die Ansätze darauf, Spinwellen mit Strom- und Magnetpulsen oder auch mit kurzen, starken Laserblitzen auszulösen. Dagegen ist eine andere Variante bislang nur wenig erforscht: die Erzeugung magnetischer Anregungen mit schwachem Licht, wie es etwa aus einer LED kommt. Das Problem: Magnetische Anregungen in Spintronik-Materialien lassen sich nur sehr ineffizient durch Licht beeinflussen. Deshalb braucht es eine Zwischeninstanz, um das Licht in andere Anregungszustände zu verwandeln, die dann letztlich mit dem magnetischen System „sprechen“ können. Beim Projekt Nano-PLASMAG sollen nanometerkleine Würfelchen aus Gold diese Dolmetscherfunktion übernehmen.
Die Goldwürfel werden auf einer dünnen magnetischen Schicht platziert, also auf dem eigentlichen Spintronik-Material. Fällt Licht darauf, geraten die Nano-Kuben in eine Art Quanten-Resonanz, bei der die Leitungselektronen in ihnen kollektiv schwingen und dadurch das Licht besonders wirkungsvoll absorbieren. Die Größe der Würfel bestimmt, welche Farbe „verschluckt“ wird – ob rot, blau oder grün.
Diese effektive Lichtabsorption kann zwei Folgen haben: Zum einen erhitzen sich die Würfel durch die Reibung der Elektronenschwingungen, zum anderen erzeugt die Schwingung der geladenen Teilchen ein zeitabhängiges elektromagnetisches Feld. Die Hoffnung sei, dass sich dadurch vorhandene Anregungszustände in der dünnen Magnetschicht gezielt manipulieren lassen. Vielleicht liessen sich magnetische Anregungen sogar auf direktem Weg erzeugen.
Um ihre Hypothesen zu überprüfen, planen die Fachleute in den kommenden drei Jahren diverse Experimente. Unter anderem wollen die Fachleute dabei herausfinden, welche Anordnungen und Größen der Nanowürfel am besten funktionieren. Weitere Versuche sollen zeigen, ob schwache Laserblitze in der Lage sind, mithilfe der Nanowürfel Anregungen in der Magnetschicht zu erzeugen. Auch für das Energy Harvesting – so nennt sich die Gewinnung kleiner Energiemengen aus der Umgebung – könnte das Konzept perspektivisch nützlich sein.
Das dreijährige Forschungsprojekt Nano-PLASMAG wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und ihrem französischen Pendant, der Nationalen Französischen Forschungsagentur (ANR) gefördert. Start ist April 2024, die Fördersumme beträgt für beide Seiten ca. eine halbe Million Euro. Neben dem HZDR ist das Interdisziplinäre Zentrum für Nanowissenschaften Marseille (CINaM) beteiligt – eine dem dem Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung Frankreichs (CNRS) und der Universität Aix-Marseille angeschlossene Forschungseinrichtung.
Zum Nachlesen
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Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (10.04.2024): Nanowürfel als Dolmetscher