Nachdem Ratsmitglied Jens Reich in die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Mischwesenbildung eingeführt hatte, referierte Matthias Beck, katholischer Theologe an der Universität Wien, zunächst über die Herstellung sogenannter cytoplasmatischer Hybride, bei denen der Zellkern einer menschlichen Körperzelle in eine entkernte tierische Eizelle verpflanzt wird, um embryonale Stammzellen herzustellen. Beck hält diese Forschung, die derzeit international, nicht aber in Deutschland betrieben wird, für ethisch nicht gerechtfertigt, da solche Hybride menschliche Embryonen seien, die zu Forschungszwecken hergestellt würden und zudem durch den Klonierungsprozess und das im Zellplasma verbleibende tierische Genmaterial geschädigt seien. Eine derartige Verzweckung sei nicht mit der Menschenwürde vereinbar.
Robert Streiffer, Philosoph an der University of Wisconsin, Madison (USA), sprach über den moralischen Status von Tieren mit menschlichen Zellen. Dieser hinge davon ab, ob man für die Menschenwürde bestimmte, vor allem kognitive Eigenschaften für ausschlaggebend halte, ob hierfür schon das Potenzial, solche Eigenschaften zu entwickeln, reiche oder die bloße Zugehörigkeit zur Gattung Mensch entscheidend sei. Sollte ein Mischwesen nach einem dieser Ansätze einen veränderten moralischen Status erlangen, sei dies noch kein grundsätzliches Problem, sagte Streiffer. Entscheidend sei vielmehr, dass ein derart verändertes Tier dann auch mit mehr Respekt behandelt werden müsse, und das könne im Rahmen von Tierversuchen schwierig sein.
Der Philosoph und Tiermediziner Mark Greene von der University of Delaware (USA) argumentierte, dass Mischwesen selbst ohne gesteigerten moralischen Status tierethische Herausforderungen seien, da veränderte Eigenschaften dazu führen könnten, dass solche Kreaturen keine Artgenossen mehr hätten, mit denen sie normal interagieren könnten. Greene betonte die Notwendigkeit, in der Forschung mehr auf Risiken der Übertragung von artfremden Krankheitserregern durch Mischwesen zu achten und bessere Methoden für die Erforschung statusrelevanter Eigenschaften und Verhaltensweisen in Mischwesen zu entwickeln.
John Harris von der University of Manchester (Großbritannien) wagte die These, dass die genetische Zusammensetzung und Herstellungsweise einer Kreatur irrelevant seien, solange ihr aufgrund bestimmter Eigenschaften der volle Würdestatus zukomme. Der Mensch habe sich im Verlauf der Evolution erstens ständig graduell verändert und zweitens viele Gemeinsamkeiten mit anderen Arten beibehalten. Er betonte in diesem Zusammenhang, dass zwischen Mensch und Tier weniger eine genau bestimmbare Grenze als vielmehr ein Kontinuum bestehe. Es spreche nichts dagegen, auch künftigen Veränderungen gegenüber aufgeschlossen zu sein, selbst wenn diese durch menschliches Handeln und unter abrupter Vermischung menschlicher und tierischer Gene und Zellen künstlich herbeigeführt würden. Entscheidend für eine positive Bewertung sei letztlich, ob einer künstlich hergestellten oder veränderten Kreatur durch die Mischung mit anderen Arten ein besseres Leben ermöglicht werde.
In der anschließenden, mehrstündigen Diskussion griffen die Mitglieder des Deutschen Ethikrates insbesondere die verschiedenen Begründungen von Würde sowie Abwägungsmöglichkeiten zwischen unterschiedlichen Eingriffstiefen bei der Herstellung von Mischwesen auf.
Es müsse darüber nachgedacht werden, in welchem Umfang man zulassen darf, dass sich die Eigenschaften und das Verhalten eines Tieres qualitativ veränderten, fasste Wolf-Michael Catenhusen, Sprecher der Arbeitsgruppe, die die Stellungnahme des Ethikrates maßgeblich erarbeitet, zusammen.
Eine begleitende schriftliche Befragung bot auch Interessenten aus der Öffentlichkeit Gelegenheit, dem Deutschen Ethikrat ihre Ansichten zu Fragen der Herstellung von Mensch-Tier-Mischwesen mitzuteilen. Die Teilnahme an der Befragung ist über den unter www.ethikrat.org verfügbaren Fragebogen auch für Interessenten, die nicht an der Anhörung teilnehmen konnten, noch bis zum 5. März möglich.
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