Naturkundemuseen besitzen wissenschaftliche Sammlungen, die in einzigartiger Weise in der Lage sind, auf die heutigen, miteinander verbundenen Krisen zu reagieren. Die Sammlungen bewahren das Basiswissen über vergangene Welten, das es der Menschheit ermöglicht, zukünftige Bedingungen vorherzusagen und sich darauf vorzubereiten.
Die in den letzten 300 Jahren gesammelten Objekte und Exemplare, von denen viele Tausende bis Millionen von Jahren zurückreichen, sind von unmittelbarer Bedeutung für so unterschiedliche Themen wie den Schutz von Wildtieren, die Vorbereitung auf Pandemien, Ernährungsunsicherheit, invasive Arten und den Verlust der biologischen Vielfalt. Und doch gibt es keinen zentralen Katalog der Bestände dieser Einrichtungen.
Es ist erstaunlich, dass ein solcher Katalog nicht existiert, und ebenso schwierig, sich die Größe der Aufgabe vorzustellen. Die 73 Museen und Herbarien aus 28 Ländern, die an einer kürzlich vom National Museum of Natural History und dem American Museum of Natural History in Zusammenarbeit mit einem Konsortium von Museen und Wissenschaftlern durchgeführten Umfrage teilgenommen haben, besitzen zusammen 1,1 Milliarden Objekte, die von etwa 4.500 wissenschaftlichen Mitarbeitern und 4.000 Freiwilligen verwaltet werden. Die meisten dieser Materialien sind nicht erschlossen, das heißt nur 16 Prozent der Sammlungen verfügen über digital auffindbare Datensätze.
In der ersten Phase dieser Initiative wurden die Bestände der 73 größten Museen der Welt bewertet. Das Museum für Naturkunde Berlin hat daran federführend mitwirkt. Die Organisatoren schufen einen gemeinsamen Rahmen von 19 Sammlungstypen für 16 geografische Regionen mit 304 verschiedenen Zellen, die Sammlungskategorien erfassen. Die 19 Sammlungstypen umfassen biologische, geologische, paläontologische und anthropologische Sammlungen und 16 terrestrische und marine Regionen, die die gesamte Erde abdecken. In Zukunft sollen auch die Hunderte von kleineren Museen einbezogen werden.
Die Summe der Sammlungen der 73 Museen ist riesig, aber die Untersuchung hat gezeigt, dass es auffällige Lücken in Bezug auf tropische und polare Regionen, marine Systeme und unentdeckte Arthropoden- und mikrobielle Vielfalt gibt. Neben der Ausweitung der Erhebung auf kleinere Bestände soll dieser Rahmen genutzt werden, um die Digitalisierung zu beschleunigen und, wo möglich, die genomische Sequenzierung zu erleichtern, um eine koordinierte globale Strategie für die künftige Verwaltung und faire Nutzung der weltweiten Sammlung zu schaffen, die die Lücken im taxonomischen, geografischen, stratigrafischen und kulturellen Verständnis der natürlichen Welt schließt.
Zum Nachlesen
- The New York Times (23.03.2023): Science Museums Take Stock of 1.1 Billion Objects From Around the World
- Science (23.03.2023): A global approach for natural history museum collections
- Smithsonian (23.03.2023): Global Natural History Initiative Builds Groundbreaking Database To Address 21st-Century Challenges
- Naturhistorisches Museum Wien (24.03.2023): NHM Wien an Initiative für globale naturkundliche Datenbank beteiligt
- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (24.03.2023): Mehr als eine Milliarde naturkundliche Objekte kartiert: Zoologisches Museum Kiel in weltweit bedeutendstes Sammlungsarchiv aufgenommen