Biokraftstoffe spielen eine immer größere Rolle in unserem Energiemix - allein von 2008 bis 2010 wuchs das Volumen des in der EU konsumierten Biokraftstoffs um 39 % an. Allerdings gibt es Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen einiger Biokraftstoffe auf die Nachhaltigkeit und auf die biologische Vielfalt im Hinblick auf Veränderungen bei der indirekten Landnutzung. Folglich sind politische Entscheidungsträger immer stärker an Biokraftstoffen aus Holzgewächsen interessiert, die auf Land angebaut werden können, das sich nicht für die Landwirtschaft eignet.
In diesem Sinn entwickelt das über das RP7 finanzierte Projekt MULTIBIOPRO Non-Food-Öle und Biostoffe der zweiten Generation aus Pappel und Tabakbaum (Nicotiana glauca). Beide Pflanzen wachsen auf Grenzertragsflächen und können das Potenzial für einen Massenanbau haben, ohne direkt mit Nahrungspflanzen zu konkurrieren. MULTIBIOPRO wurde 2012 auf den Weg gebracht und erkundet auch Verbindungen, die aus Abfallbiomasse gewonnen und in der Pharmaindustrie, im Baugewerbe und anderen Sektoren eingesetzt werden können.
Dr. Staffan Persson vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie, Projektkoordinator, bemerkt: "MULTIBIOPRO möchte die Natur für sich arbeiten lassen. Wir wollen eine Art haben, die verschiedene Produkte erzeugt." Und fügt hinzu: "Innerhalb von MULTIBIOPRO sind akademische und industrielle Partner vereint und wir arbeiten sehr eng zusammen, um die Verbindungen, die aus unseren Arten gewonnen werden können, zu nutzen, um diese Produkte dann an größere Unternehmen zu verkaufen, die diese dann dem Rest der Gesellschaft zugänglich machen können."
Ein Element dieses Projekts betrifft die Neutral Group, einem Projektpartner, der Tabakbäume auf einer Forschungsfarm in Dubai anbaut. Das Öl von diesem Baum kann das gebrauchte Speiseöl ersetzen, welches die Neutral Group derzeit in ihrer nahegelegenen Bioraffinerie verwendet.
Während dieser Versuchsphase hofft das Team die Qualität des Biodiesels zu erkunden, der sich aus der Tabakpflanze herstellen lässt, und vor allem, ob dieser den internationalen Standards entspricht. Die Unternehmenspartner im Projekt halten bereits nach neuen Produkten Ausschau, um den Marktbedarf zu erfüllen. James Hygate von Green Fuels bemerkt: "Wenn man sich den Wert [der Produkte] anschaut, dann schaut man auf einen Produktionswert von 300-400 Milliarden EUR. Das ist Big Business."
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts ist die Einbindung von jungen Talenten, die bereitstehen, um Europas Vorstoß hin zu Alternativen für fossile Kraftstoffe in die Zukunft zu tragen. Das Projekt bietet diesen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die mit Labors und neuen Techniken in ganz Europa interagieren können, eine Ausbildung an.
Das erste jährliche Projekttreffen von MULTIBIOPRO fand im vergangen Jahr am Royal Institute of Technology (KTH) in Stockholm statt. Das Konsortium hat jüngst einen Kurzfilm veröffentlicht, der der Öffentlichkeit die Dynamik dieses Spitzenforschungsprojekts nahe bringen möchte.
Elf Partner aus sechs europäischen Ländern arbeiten im MULTIBIOPRO-Konsortium zusammen. Das Projekt läuft noch bis September 2016.