Die anteilige Förderung, die die TU Berlin direkt erhält, beträgt über zwei Millionen Euro. Aus 1550 Projektanträgen hatten 800 externe Expertinnen und Experten für die EU-Kommission europaweit nur 72 Kooperationen für eine Förderung ausgewählt. Die gesamte Fördersumme des Green Deal beträgt eine Milliarde Euro.
TU-Präsident Prof. Dr. Christian Thomsen sagt:
„Dass die TU Berlin bei einer so großen Anzahl von Projektanträgen gleich viermal gefördert wird, ist ein schöner Erfolg. Das stärkt nicht nur unser Engagement und unsere Expertise in der Bekämpfung der Klimakrise, sondern wird auch unser globales Netzwerk noch einmal erweitern.“
Regional sei dies durch den Aufbau des Climate Change Centers Berlin Brandenburg bereits gut etabliert worden. Thomsen erklärt weiter:
„Wichtig ist auch, dass es in den Projekten neben exzellenten ingenieurtechnischen Entwicklungen verstärkt um die Beteiligung der Bevölkerung und die Verbreitung von vorbildlichen Lösungen geht.“
Dass sich gleich zwei Projekte unter Führung der TU Berlin mit dem afrikanischen Kontinent beschäftigen, biete die Möglichkeit für enge Kooperationen auch innerhalb der Universität.
Die geförderten Projekte im Einzelnen:
ENERGICA: Diese Projektkooperation mit 28 Partnerinstitutionen wird von der TU Berlin koordiniert und von der EU-Kommission mit insgesamt zehn Millionen Euro über eine Laufzeit von vier Jahren gefördert. Drei Projektstandorte auf dem afrikanischen Kontinent stehen dabei im Fokus: In den Vororten von Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone, produzieren Solarzellen und Biogasanlagen nicht nur Strom, sondern sorgen integriert in eine Wasseraufbereitungsanlage auch für sauberes Trinkwasser und natürlichen Dünger. In Nairobi können Taxifahrerinnen und Taxifahrer mit Elektrorollern ihre Fahrzeuge an solarbetriebenen Tankstellen aufladen – und so zu saubererer Luft in Kenias Hauptstadt beitragen. In ländlichen Regionen von Madagaskar schließlich werden sogenannte „Nano-Grids“ aufgebaut. Das sind dezentrale Stromnetze, die nur etwa zehn Häuser umfassen und Solarstrom verteilen, der mit Hilfe von Wasserstoff und Brennstoffzellen auch zwischengespeichert werden kann.
Smart Energy Solutions for Africa (SESA): Dieses Projekt wird administrativ koordiniert vom globalen Städtenetzwerk ICLEI, das seinen Hauptsitz in Bonn hat. Die technische Koordination der 30 Projektpartner liegt bei der TU Berlin. SESA verfolgt einen dreigeteilten Ansatz, um vorbildliche Projekte in afrikanischen Ländern schnell auf ihre Tauglichkeit für andere Regionen des Kontinents zu überprüfen und funktionierende Konzepte dann möglichst weit zu verbreiten. Die erste Phase startet in Kenia, wo zum Beispiel Wasserhyazinthen aus dem Viktoriasee zur Erzeugung von Biogas verwendet werden. Bauern entfernen sie dort großflächig, weil sie als invasive Spezies die Artenvielfalt gefährden. In anderen Teilprojekten geht es um die Wiederverwendung von gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien oder die Straßenbeleuchtung mit Solarlaternen. In dieser Phase steht die technische und ökonomische Optimierung im Vordergrund.
Bio-FlexGen: Das Projekt kombiniert die Umwandlung von grün erzeugtem Wasserstoff – etwa durch Solar- oder Windkraft – und Biomasse in elektrische Energie und Wärme. Grüner Wasserstoff wird als Schlüsseltechnologie zur Stabilisierung der elektrischen Netze und der Dekarbonisierung der Energieerzeugung angesehen. In Bio-FlexGen wird eine neue Gasturbinentechnologie entwickelt, die es erlaubt, sowohl Wasserstoff zum schnellen Ausgleich von Laständerungen im elektrischen Netz als auch Biomasse zu verwenden, die effizient und mit geringen Betriebskosten zu Gas umgesetzt werden kann. Die hohe Effizienz der Anlage verspricht bei der Verwendung von Biomasse eine dreifach höhere elektrische Leistung bei gleicher Wärmeabgabe als dies bisher in thermischen Kraftwerken realisiert wurde. Zudem erlaubt die Anlage auch den Betrieb mit bis zu 100% Wasserstoff bei deutlich höheren Wirkungsgraden als bisher. Projektkoordinator von Bio-FlexGen ist die schwedische Forschungsorganisation RISE.
Real_Deal (Reshaping European Advances towards Green Leadership Through Deliberative Approaches and Learning): Hier geht es um die aktive Beteiligung der europäischen Bürgerinnen und Bürger am gesamten Prozess des Green Deal. Koordiniert wird das Projekt vom „European Environmental Bureau“ in Brüssel. Projektpartner aus der TU Berlin ist das Fachgebiet Arbeitslehre/Technik und Partizipation (ArTe) unter Leitung von Prof. Dr. Hans-Liudger Dienel. Sein Team hat die sogenannten Bürgerräte im Blick – das sind durch zufällige Auswahl zusammengesetzte Beteiligungsgremien von Bürgerinnen und Bürger. ArTe wird die verschiedenen Formate dieser Bürgerräte vergleichen und die für den Green Deal relevanten Interessensgruppen und ihre Beziehungen untereinander analysieren. Als Digital- und Präsenzveranstaltungen will Real_Deal Bürgerversammlungen in mindestens 13 europäischen Ländern ermöglichen und aus diesen Erfahrungen Empfehlungen für solche Veranstaltungen erarbeiten. Ziel ist es, den Green Deal durch Bürgerbeteiligung auf ein breites Fundament zu stellen. Geschlechtergerechtigkeit sowie die Beteiligung von Jugendlichen und marginalisierten Gruppen stehen dabei im besonderen Fokus.