Moderne Quantentechnologien nutzen Eigenschaften quantenmechanischer Systeme, die in der klassischen Physik nicht existieren dürften, z.B. sogenannte Superpositionen. Bei einer Superposition befindet sich ein Quantensystem in zwei Zuständen gleichzeitig. Das berühmteste Beispiel dafür ist ein Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schrödinger, bei dem eine Katze in einer geschlossenen Kiste gleichzeitig lebendig und tot ist. Das funktioniert aber nur, solange die Kiste geschlossen und die Katze unbeobachtet bleibt. Solche in der klassischen Welt unmöglichen Superpositionen sind daher besonders empfindlich auf Einwirkungen der Umgebung. Bildlich gesprochen, zerstört die kleinste Bewegung, beobachtet durch einen winzigen Spalt in der Kiste, die Superposition.
Auf dem Gebiet der Quantensenorik wird der Spieß umgedreht: Physiker versuchen, solche besonders fragilen quantenmechanischen Zustände eigens hervorzurufen. Diese werden dann zum Beispiel dazu genutzt, ihre Umgebung besonders genau auszumessen. Mit solchen quantensensorischen Methoden kann die ultimative von der Natur erlaubte Messgenauigkeit erreicht werden.
Was in der großen Wissenschaft schon funktioniert, z.B. bei der Detektion von Gravitationswellen, machen die Mitglieder des Graduiertenkollegs jetzt auch im kleineren und einfacheren Maßstab nutzbar. Dazu ist es nötig, die Superpositionen verlässlich herzustellen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versuchen dabei, dieses Quantensystem zum Beispiel durch elektromagnetische Felder (Laser oder Mikrowellen) kontrolliert zu verändern, um es für Anwendungen, etwa für ultrasensible Sensoren, nutzbar zu machen. Die Herstellung solcher Quantenzustände – die Quantenkontrolle – ist ein Schwerpunkt der Quantenphysikerinnen und -physiker an der Universität des Saarlandes.
Im November 2017 ist das EU-Trainingsnetzwerk „QuSCo-Quantum-enhanced Sensing via Quantum Control“ gestartet, an dem auch saarländische Forscherinnen und Forscher aus den Arbeitsgruppen von Professor Frank Wilhelm-Mauch und Dr. Elke Neu-Ruffing beteiligt sind. Ziel des Netzwerkes ist es, diese Quantenkontrolle zu verfeinern und zu optimieren. Die Europäische Union fördert das Projekt für eine Laufzeit von vier Jahren mit insgesamt 3,9 Millionen Euro. Insgesamt sind an dem Netzwerk zehn Universitäten und vier Industriepartner aus fünf Ländern beteiligt. An den Universitäten sind neben der Physik auch Mathematik und Chemie beteiligt. Das Netzwerk zielt insbesondere darauf ab, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Beginn ihrer Karriere auszubilden und zu fördern. Dies geschieht durch gezielte Schulen wie der für 2019 in Saarbrücken geplanten europäischen Winterschule für Quantensteuerungen, aber auch durch Förderprogramme im Bereich Kommunikation, Planung von Forschung und Ausgründen und Soft Skills. Außerdem soll ein reger Austausch zwischen den Partnern entstehen.
Zum Nachlesen
- Cordis Projektbeschreibung: Quantum-enhanced Sensing via Quantum Control