Das CCNE machte sich den Antrag einer siebenköpfigen Minderheit seiner 40 Mitglieder, in einigen eng begrenzten Fällen unter strikter Kontrolle Ausnahmen von dem Verbot zuzulassen, nicht zueigen.
Nur 20 Mitglieder des CCNE haben das Mehrheitsvotum des CCNE unterzeichnet.
Das Bioethikgesetz von 1994 in seiner zur Zeit gültigen Fassung, die in diesem Punkt anlässlich der ersten Revision des Gesetzes im Jahre 2004 bestätigt worden ist, belegt einen Verstoß gegen das Verbot der Leihmutterschaft mit Strafe. Der Code Civil erklärteeine sich darauf beziehende Vereinbarung für null und nichtig.
Die Frage, ob die Leihmutterschaft in Zukunft unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein soll, hat im Rahmen der Vorbereitungen der demnächst anstehenden zweiten Revision des Bioethikgesetzes seit 2008 / 2009 die öffentliche Debatte beherrscht. Die Meinungen hierzu waren sowohl in der Regierung als auch in den Kreisen der Medizinwissenschaft geteilt.
Die sieben Mitglieder des CCNE haben ihre Auffassung in einer der CCNE-Stellungnahmen beigefügten, knapp 1-seitigen "dissenting opinion" zum Ausdruck gebracht. Sie machen geltend, dass die Beibehaltung des Verbots der Leihmutterschaft im Gegensatz zu den "übergeordneten Interessen aller Kinder stehe, die dank einer ärztlich assistierten Kindeszeugung in Ländern, in denen das Verbot nicht bestehe, auch weiterhin geboren werden." Französische Paare, die über die finanziellen Mittel hierzu verfügten, würden sich - so das Minderheitenvotum - weiterhin in diese Länder begeben.
Die sieben Mitglieder des Komitees, die das Minderheiten-Votum unterzeichnet haben, sprechen sich für die Zulässigkeit einer Leihmutterschaft von Fall zu Fall nach Maßgabe einer eng zu begrenzenden Ausnahmeregelung aus, "die die Würde und die Sichergeit aller Beteiligten gewährleistet".
U. a. der Conseil d' Etat, die in sog. "Bürger Jurys" zusammengetretenen Generalstände der Bioethik (2009), die Académie de médecine und der Bericht einer eigens zu den Fragen der anstehenden Revision des Bioethikgesetzes eingesetzten "Mission d' information parlementaire" der Nationalversammlung haben sich im Namen des "Respekts vor der Würde des Menschen" für die Beibehaltung des Verbots der Leihmutterschaft ausgesprochen.
Auf der Linie des Minderheitsvotums des CCNE lag im Jahre 2008 des Votum einer Arbeitsgruppe des Senats und im Frühjahr 2010 die Auffassung des links orientierten "think-tank Terra Nova".
In der Stellungnahme des CCNE wird - so auch Le Monde vom 7.5.2010 - darauf hingewiesen, dass sich das internationale Umfeld seit der ersten Revision des Bioethikgesetzes grundlegend geändert habe. Während die Leihmutterschaft in Belgien, den Niederlanden und Dänemark toleriert werde, sei sie in Großbritannien, Griechenland, Indien, Kanada und mehreren amerikanischen Staaten erlaubt. Mehrere Hundert französischer Paare begäben sich jährlich in eines dieser Länder.
Die von der Mehrheit des CCNE getragene Stellungnahme (Avis No 110) vom 1.4.2010 stützt sich auf folgende Gesichtspunkte:
- die ethischen Risiken, die durch keinen vorausschauenden, in das Gesetz aufgenommenen "garde-fou" ausgeräumt werden könnten;
- die medizinischen Unfälle, die sich während der Schwangerschaft der Leihmutter ereignen könnten;
- die Müttersterblichkeit, ein Übel, das noch nicht habe ausgeräumt werden können; sie sei umso unerträglicher, wenn sie auf dem "Umwege" einer "Schwangerschaft für einen Dritten" ("gestation pour autrui" /GPA) eintrete;
- die Beeinträchtigung der menschlichen Würde und des Bildes, das sich die Gesellschaft von der Rolle der Frau mache; dies auch dann, wenn man davon ausgehe, dass die französische Gesellschaft nicht immer die gleichen Vorstellungen von dem Prinzip der Menschenwürde verbinde;
- die Unsicherheit betreffend die Zukunft der aus einer Leihmutterschaft hervorgegangenen Kinder; etwa deren seelische Verfassung, wenn sie sich bewusst würden, dass sie Gegenstand eines Handels ("enjeu de tractation") gewesen seien, oder ihr Verhältnis zu anderen Kindern der Leihmutter oder der Wunscheltern ("parents d' intention").
Das CCNE befürwortet in seiner Stellungnahme in erster Linie Investitionen in die medizinische Forschung, die die Ursachen der Unfruchtbarkeit von Frauen zum Gegenstand habe sowie die Prävention vermeidbarer Ursachen weiblicher Unfruchtbarkeit.
In zweiter Linie - so die Stellungnahme des CCNE - sei ein "Nachdenken der Gesellschaft" über das Bild, das sie sich von der Unfruchtbarkeit von Frauen und der Mutterschaft mache, erforderlich.