Am Beispiel der medizinischen Forschung und der ihr zu verdankenden Verlängerung der Lebenszeit, die sich im Verlaufe der letzten 300 Jahre vervierfacht habe, wirft sie die Frage auf, ob es vorstellbar sei, dass Louis Pasteur im Namen des "principe de précaution" hätte gezwungen werden können, seine Tätigkeit als Wissenschaftler einzustellen.
Cathérin Bréchignac stellt die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts (Gesundheit, Energie, Wasser, Welternährung, Abfallbeseitigung) in ihrer Gedankenführung hiermit auf eine Ebene. Die Biotechnologien seien "von dem Menschen erfunden worden, um diesen Herausforderungen zu begegnen". Frankreich habe feststellen müssen, dass das hohe wissenschaftliche Potenzial, über das es in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts in den Biotechnologien verfügte, zurückgegangen sei; seine wissenschaftliche, technologische und industrielle Wettbewerbsfähikeit auf diesem Gebiet sei zurückgegangen. Ein neuer Impuls sei notwendig.
Während die Bedeutung der Biotechnologien im Bereich Gesundheit von der französischen Bevölkerung positiv gesehen werde, stelle sie sich hinsichtlich von Nahrungsmitteln, in die genetisch veränderte Organismen Eingang gefunden hätten, Fragen.
Wissenschaft sei untrennbar mit dem Gewissen verbunden. Es sei Aufgabe des "Hohen Rates der Biotechnologien" (HCB), in Kenntnis der bei der französischen Bevölkerung bestehenden Zurückhaltung und ohne die mit der einschlägigen Forschung verbundenen gesellschaftlichen Probleme zu vernachlässigen, etwaige Risiken mit größtmöglicher Präzision zu erfassen. Das HCB habe darüber zu wachen, dass die von den Biotechnologien erwarteten Vorteile nicht um den Preis einer "Instrumentalisierung des Lebens" erlangt würden.
Unter diesen beiden Voraussetzungen würden - so Cathérine Bréchignac - die Bürger wieder Vertrauen in die Fortschritte der Biotechnologien zurückgewinnen. Der HCB wache auch darüber, dass die Ziele und das Potenzial der Biotechnologien mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen im Einklang blieben. Die wissenschaftlichen Gebiete, in denen Fortschritt, nachhaltige Entwicklung, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und das Wohlbefinden der Bürger miteinander vereinbar seien, seien nicht sehr zahlreich. Die Biotechnologien gehörten zu dieser Gruppe.
Es gelte jetzt jetzt, diese Gelegenheit wahrzunehmen:
"Anstatt die Liste der potenziellen Gefahren zu erfinden, die eine Innovation mit sich bringen könnte, sollten wir die positiven Wirkungen betrachten, die mit dieser verbunden sein können, und hinsichtlich ihrer Verwertung eine verantwortungsbewusste Haltung zeigen. Insbesondere die Biotechnologien werden dafür entscheidend sein, um morgen die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Nationen zu gewährleisten."
Cathérine Bréchignac ist seit dem Jahre 2005 Mitglied der Académie des Sciences. Sie ist Trägerin zahlreicher wissenschaftlicher Auszeichnungen. Nach dem Auslaufen ihres Mandats als Präsidentin des CNRS zu Beginn des Jahres 2010 wurde sie zur Sonderbotschafterin der Regierung für Wissenschaft, Technologie und Innovation ernannt.