Die für Fragen des französischen Bildungswesens verantwortliche Redakteurin von Le Figaro unternimmt unter der Überschrift "Constat sévère pour le système scolaire francais" (14.9.2011) aus französischer Sicht eine selektive Zusammenfassung bzw. Auswertung einzelner Fragen der sehr breit angelegten, mehr als 600 Seiten umfassenden Studie.
Dank den von der OECD durchgeführten PISA-Studien liefere das unveränderte Gewicht der sozialen Ungleichheiten eine Erklärung für die nur durchschnittlichen schulischen Leistungen der fünfzehnjährigen französischen Schüler.
Zusammen mit Neuseeland sei Frankreich das Land, in dem sich in Abhängigkeit vom sozialen Milieu die Leistungen im Verständnis von Texten am meisten unterscheiden: 30 %. Die Schüler mit Immigrationshintergrund hätten in Frankreich im Erreichen schulischer Erfolge größere Schwiergkeiten als in irgendeinem anderen Land; sie seien im Vergleich zu anderen Jugendlichen ihrer Altersklasse im Duchschnitt anderthalb Jahre im Rückstand: "Der soziale Determinismus ist in Frankreich sehr bedeutend" sagt Eric Charbonnier, einer der Wirtschaftsexperten der OECD.
Im Gegensatz hierzu gelänge es drei Ländern, die das Classement anführen (Kanada, Korea, Finnland), in ihrem Schulsystem eine größere ausgleichende Gerechtigkeit zu gewährleisten. Hierzu stellt Bernard Hugonnier, Stellvertretrender Leiter des Direktorats "Bildung" der OECD fest: "In Kanada ist das Ziel der Lehrkräfte nicht wie in Frankreich, mit dem Lehrprogramm fertig zu werden, sondern darauf zu achten, dass alle Schüler die Elemente des 'socle commun' beherrschen".
Die ländervergleichende OECD-Studie kommt zu dem Schluss, dass die französische Bildungspolitik insbesondere seit 1995 der Wirksamkeit entbehrt. Seitdem stagniere der Prozentsatz der 15-19-Jährigen, die noch eine Schule besuchen, vielmehr sei dieser Prozentsatz leicht zurückgegangen, während er in fast allne OECD-Staaten konstant zugenommen habe. (+ 9.3 % zwischen 1995 und 2009).
Während Frankreich im Schwerpunkt ins Hochschulwesen investiere, seien die Investitionen im Bereich des Schulwesens zwischen 2000 und 2008 zurückgegangen; die insoweit einschlägigen Ausgaben hätten sich in Deutschland, Österreich, Frankreich, Israel und Japan in einem schwächeren Rythmus erhöht als das BSP. Die empfindlichsten Rückgänge seien in Frankreich und Israel festzustellen gewesen; dort hätte der der Bildung gewidmete Anteil des BSP zwischen 2000 und 2008 um 0,3 % abgenommen.
Die OECD-Studie hebt weiter hervor, dass im Bereich der Grundschule und des Sekundarschulwesens das schon an sich niedrige Gehalt der Lehrkräfte seit 1995 zurückgegangen sei. Die OECD beurteilt diese Situation als "alarmierend" und wirft die Frage nach der "Attraktivität des Lehrberufs" auf.
Die Studie weist darauf hin, dass ein Studienabschluss immer noch den besten Schutz gegen Arbeitslosigkeit biete. Während 30 % der jungen Franzosen ohne Abschlussdiplom arbeitslos sei, betrage der Prozetsatz derjenigen, die über einen dem "baccalauréat" gleichwertigen Abschluss verfügten, im Durchschnitt nur 10 %.
Eine Stellungnahme von Seiten der französischen Regierung zu der Studie liegt noch nicht vor.