StartseiteAktuellesNachrichtenFrankreich: Jacques Attali übergibt Staatspräsident Nicolas Sarkozy den zweiten Bericht der "Kommission zur Freisetzung des französischen Wirtschaftswachstums"

Frankreich: Jacques Attali übergibt Staatspräsident Nicolas Sarkozy den zweiten Bericht der "Kommission zur Freisetzung des französischen Wirtschaftswachstums"

Der Bericht, der dem Staatspräsidenten am 15.10.2010 von Attali übergeben wurde, trägt den Titel "Ein ambitiöses Ziel für 10 Jahre" mit dem Untertitel "Eine allgemeine Mobilmachnung, um das französische Wirtschaftswachstum freizusetzen und um den künftigen Generationen eine Zukunft zu sichern".

Eine "lettre de mission" des Staatspräsidenten vom 23.2.2010 umriss in allgemeiner Form, welche Erwartung er mit dem zweiten Attali-Bericht verbindet; in erster Linie erbat er darin eine Bilanz der Umsetzung der im ersten Bericht (Januar 2008) enthaltenen Vorschläge. Alsdann ersuchte Nicolas Sarkozy Jacques Attali als Vorsitzenden der von ihm geleiteten "Kommission für die Freisetzung des französischen Wirtschaftswachstums" um Vorschläge für neue Reformen, die ihr notwendig erscheinen, um dieses Ziel zu erreichen.

Der 177 Seiten umfassende zweite Bericht ist in zwei Hauptteile gegliedert (erster Hauptteil: "Welches Frankreich wollen wir für 2020 ?" und zweiter Hauptteil": Eine Strategie für die nächsten 10 Jahre"). Im zweiten Hauptteil (Seiten 41 - 100) werden zunächst die zwei aus der Sicht der Attali-Kommission vordringlichen Aufgaben (Zurückführung der Staatsverschuldung und  Verbesserung der Beschäftigungssituation) sowie alsdann als Langfristaufgaben "Das Wachstum von morgen vorbereiten" ("Die Erziehung unserer Kinder und eine intakte Umwelt gewährleisten") dargestellt.

Im Kontext u.a. von Bildung und Forschung beschreibt Annex 1 die "Bilanz des 1. Berichts der "Kommission für die Freisetzung des französischen Wirtschaftswachstums" (Seiten 107 - 119); Annex 3 des Berichts legt einen Katalog von zu erprobenden pädagogischen Maßnahmen für die frühkindliche Erziehung dar - von der Kinderkrippe über den Kindergarten bis zur Vor- und Grundschule.

Die haushalts-, steuer- und sozialpolitischen (Einschränkungen von Sozialleistungen)  Vorschläge der Attali-Kommission, diein dem Bericht einen breiten Platz einnehmen, werden in der vorliegenden Darstellung ausgeklammert; schon jetzt hat der Vorschlag der Kommission, zur Finanzierung der von ihr in einigen Bereichen empfohlenen Wachstumsimpulse eine "soziale Umsatzsteuer" ("TVA sociale") einzuführen, zu kritischen Reaktionen auch im Mehrheitslager geführt.

Die erziehungspolitischen Fragen von der Vorschule über die Primarschule bis zum Hochschulstudium  - unter Einschluss der beruflichen Aus- und Fortbildung - sowie die Fragen von Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft nehmen in dem Bericht  einen insgesamt breiten Raum ein.

In näherer Ausführung der ersten Langzeitpriorität unterstreicht der Bericht:

- die Notwendigkeit, die Chancengleichheit der nachwachsenden Generation von Kindergarten und Vorschule an zu verbessern (Seiten 9,10, 11 insbesondere aber Seiten 83 ff);

- die notwendige Stärkung der Autonomie und Rolle des Schulleiters;

- die Notwendigkeit entscheidender Fortschritte im Bereich der Berufsausbildung und der beruflichen Fortbildung  (insbesondere Vorschläge Nr. 16 und 18); dem Abbau der sich z.Zt. auf 20 % belaufenden Jugendarbeitslosigkeit komme besondere Bedeutung zu;

- die Notwendigkeit einer sich über das gesamte Bildungsqwesen erstreckenden  Personalwirtschaft;

- die Notwendikeit einer weiteren Verbesserung des französischen Hochschulsystems ( insbesondere 88 ff).

Als zweite Langzeitpriorität stellt der Bericht heraus:

- die Erhaltung der Umwelt und die Steuerung seltener Ressourcen, die Vorhaltung kritischer Infrastrukturen  (insbesondere Seiten 92 ff):

Hierzu sollen u.a. gehören: die Einführung einer CO2-Steuer, die Vorbereitung auf eine Verteuerung der Rohstoffe (unter Einschluss einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik). In diesen Fragen spielen Forschung und Innovation nach Auffassung der Berichtsautoren eine entscheidende Rolle.

Die Rolle der EU zur Abstützung der französischen Strategie der Zurückführung der Staatsverschuldung und der Strategie des Wirtschaftswachstums werden unter mehreren Aspekten behandelt (Seiten 62 ff). Zu letzterem gehören u.a. auch Vorschläge zum Einsatz europäischer Finanzierungsinstrumente für Zukunftsinvestitionen (kritische Bewertung der bisherigen Praxis der EU-Forschungsrahmenprogramme) sowie Vorschläge für europäische Fonds für Risikokapital  und eine effiziente Patentverwertung (Seiten 65 - 67).

Der Vorschlag Nr. 14 des Berichts regt die Definition einer gemeinsamen Finanz- und Wachstumsstrategie zwischen Deutschland und Frankreich an.

- den Gedanken einer besseren Inwertsetzung der französischen Stärken in der Steuerung seltener Ressourcen;

Hervorgehoben wird die Bedeutung einer Landwirtschaft im Rahmen einer ehrgeizigen gemeinsamen EU-Landwirtschafts- und Ernährungspolitik, Seiten 96 ff des Berichts; hierbei sei auch Forschung und Innovation zum Kernelement der Wachstumsstrategie zu machen.

Bedeutung einer "Meerespolitik" und der Erforschung der tieferen Meeresschichten und des Meeresbodens : Seiten 98 ff

Der Bericht unterstreicht ganz allgemein, dass es wichtig sei, die Umsetzung der in ihm enthaltenen Vorschläge im Geiste einer "gemeinsamen europäischen Ambition", insbesondere als deutsch-französische Aufgabe, zu betreiben. Die Berichtsautoren betonen die Notwendigkeit, auch die in ihrem ersten Bericht vorgeschlagenen Reformen in ihrer Gänze durchzuführen; fast zwei Drittel der seinerzeit von ihnen gemachten Vorschläge seien ganz oder teilweise umgesetzt worden.

Quelle: Le Figaro vom 16.10.2010 Redaktion: Länder / Organisationen: EU Deutschland Frankreich Themen: Berufs- und Weiterbildung Bildung und Hochschulen Energie Förderung Wirtschaft, Märkte

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