Für viele linguistische Forschungsfragen braucht man Textdaten. Die Korpuslinguistik beschäftigt sich mit dem Aufbau, der Aufbereitung und der Auswertung von (elektronischen) Korpora. Korpora sind Textsammlungen, die gemäß linguistischen Fragestellungen zusammengestellt werden – heute meistens digital aufbereitet. Die Texte in einem Korpus sind oft mit Informationen wie Wortart, Satzstruktur, Bedeutung etc. angereichert. Mit der geeigneten Software ist es möglich, sowohl auf den Texten als auch auf den hinzugefügten Informationen beliebige Einheiten zu zählen und statistisch auszuwerten. So erhält man zuverlässige Informationen über den Sprachgebrauch in einer bestimmten Textsorte, einem Zeitraum oder von bestimmten Autoren. Man kann auf diese Art auch unterschiedliche Korpora vergleichen.
In dem geförderten Projekt soll die Entwicklung des akademischen Stils untersucht werden. Im Mittelalter wurden wissenschaftliche Inhalte meistens auf Latein wiedergegeben – als man dann anfing, wissenschaftliche Inhalte auch in den ‚Volkssprachen’ wie Deutsch aufzuschreiben, musste sich zunächst ein wissenschaftlicher Stil entwickeln. Der wissenschaftliche Stil hat sich natürlich immer verändert (und verändert sich ständig weiter). "Um diese Veränderung besser zu verstehen, werden wir historische Korpora von akademischen Texten für verschiedene Zeitstufen zusammenstellen, bearbeiten und auswerten", sagt Anke Lüdeling. Dies soll nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre eine Rolle spielen: Studierende sollen dabei lernen, wie man Sprachwandel genau beschreibt und mit digitalen Ressourcen arbeitet.
Mithilfe des Preisgeldes möchte Prof. Dr. Lüdeling einerseits die Kosten decken, die durch die Erweiterung der von ihr mitentwickelten Such- und Visualisierungssoftware ANNIS (Annotation of Information Structure) mit zusätzlichen statistischen Funktionen entstehen. Gleichzeitig sollen regelmäßige Tutorien und Veranstaltungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf diesem Forschungsgebiet finanziert werden.
Prof. Anke Lüdeling hat Allgemeine Sprachwissenschaft und Informatik an der Universität Hamburg studiert. Anschließend war sie Mitglied des Graduiertenkollegs Integriertes Linguistikstudium an der Universität Tübingen. Ihre Promotion schrieb sie zum Thema: On particle verbs and similar constructions in German. Bevor sie 2002 einen Ruf als Juniorprofessorin für Korpuslinguistik am Institut für deutsche Sprache und Linguistik an die Humboldt-Universität bekam, war Anke Lüdeling als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung der Universität Stuttgart sowie am Institut für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück tätig. Seit 2008 ist sie ordentliche Professorin für den Bereich Korpuslinguistik an der HU.
Kontakt
Prof. Dr. Anke Lüdeling
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für deutsche Sprache und Linguistik
Korpuslinguistik
Tel.: 030 - 2093 - 9799
E-Mail: anke.luedeling(at)rz.hu-berlin.de
Web: www.hu-berlin.de