Mehr als 95 Prozent der befragten Hochschulleitungen sehen im Austritt Großbritanniens einen Verlust für die europäische Forschungslandschaft und neun von zehn Hochschulen beklagen den Verlust wichtiger Partner im Ausland. Weniger als 30 Prozent glauben, dass der Brexit den Hochschulstandort Deutschland stärkt oder, dass er Vorteile im Wettbewerb um internationale Studierende und Forscherinnen und Forscher einbringt. Eine von fünf befragten Hochschulen gibt an, seit dem Brexit weniger Forschungskooperationen mit britischen Hochschulen durchzuführen, zwei von fünf Hochschulen berichten von sinkenden Zahlen Studierender aus Großbritannien an ihrer Hochschule und an knapp einer von vier Hochschulen gibt es weniger Forscher aus Großbritannien. Deutlich mehr Hochschulleitungen erwarten auch in Zukunft sinkende Zahlen an Studierenden, Forschenden und Kooperationen aus und mit dem Vereinigten Königreich. Derzeit sind von diesem Rückgang vor allem staatliche Fachhochschulen betroffen.
Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes, fasst die Ergebnisse der Studie zusammen: der Brexit sei ein Einschnitt in die europäische Forschungs- und Hochschullandschaft.
„Um eine Zusammenarbeit mit den Hochschulen in Großbritannien auch in Zukunft gewährleisten zu können, gilt es, bilaterale Partnerschaften mit britischen Hochschulen einzugehen und neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit beispielsweise im Rahmen des neu entwickelten Turing-Programms zu entwickeln.“
Über das Turing-Programm erhalten Jugendliche aus Großbritannien auch nach dem Brexit und dem Ausstieg aus dem europäischen Erasmus-Programm die Möglichkeit, im Ausland zu studieren
Statt wissenschafttlichen Kooperationen mit Partnern aus dem Vereinigten Königreich antizipieren die Hochschulleitungen in Zukunft jedoch eine intensivere Zusammenarbeit mit Hochschulen aus den EU-Staaten und aus Drittländern. So erwartet fast die Hälfte aller Hochschulen in fünf Jahren mehr Forschungskooperationen mit Hochschulen aus anderen Staaten und eine höhere Anzahl internationaler Studierender. Auch erwarten 42 Prozent der Hochschulleitungen in den nächsten fünf Jahren mehr internationale Forschende an ihrer Hochschule. Somit setzt sich der allgemeine Trend zur Internationalisierung der deutschen Hochschullandschaft trotz deutlicher Einbußen an Kooperationen mit britischen Partnern aufgrund des Brexits fort.
Das Hochschul-Barometer ist ein Stimmungsbarometer deutscher Hochschulleitungen. In einer jährlichen, repräsentativen Umfrage wollen Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung seit zehn Jahren von allen Rektoren und Präsidenten staatlicher und staatlich anerkannter Hochschulen in Deutschland wissen, wie sie ihre momentane Lage und ihre Perspektiven einschätzen. Ein Schwerpunkthema der aktuellen Ausgabe ist die Europäische Hochschulpolitik. Die Ergebnisse des gesamten Hochschul-Barometers werden Ende November veröffentlicht. Im Datenportal des Stifterverbandes sind alle gewonnenen Erkenntnisse des seit 2011 erhobenen Hochschul-Barometers verfügbar.