Von Kupfer bis Seltene Erde: Ressourcenschonender Abbau durch Prozessoptimierung
Über einen chilenischen Gastwissenschaftler war der Kontakt zustande gekommen. Während der Logistikforscher am BIBA an seiner Dissertation arbeitete, hatte er erkannt, dass das Bremer Know-how insbesondere zur nachhaltigen Gestaltung von Lieferketten (Supply Chains) bei der Rohstoffförderung in seiner Heimat von größtem Interesse sein könnte. Einem ersten wissenschaftlichen Austausch folgt nun das Kooperationsprojekt „Erweiterung der Green Supply Chain am Beispiel der Rohstoffindustrie für Kupfer“ (GSC4CRMI) zur Zusammenarbeit im Bereich nachhaltiger Ressourcennutzung in Supply-Chain-Prozessen in Minen. Dabei betrachten die Wissenschaftler vorrangig die Prozesse beim Abbau von Kupfer, werfen aber auch einen Blick auf die Förderung anderer mineralischer Rohstoffe.
Über das Kooperationsprojekt wurden auch weitere Untersuchungen der UNAP zur Erkundung neuer Lagerstätten (Exploration) initiiert. So betrachten die Projektpartner mithilfe eines UNAP-Geologen nun zudem die Optionen zur Gewinnung Seltener Erden. Das sind sehr kostbare, höchst seltene Metalle. Durch die Erkenntnisse aus dem Projekt können Seltene Erden künftig möglicherweise aus dem Abraum gewonnener Erze ressourcenschonend separiert werden.
Abläufe analysieren, vergleichen und voneinander lernen
Die Kompetenz der Bremer Wissenschaftler liegt unter anderem in der Erforschung unternehmensinterner und -übergreifender Geschäfts-, Produktions- sowie Logistikprozesse. Bei den Untersuchungen in diesem Projekt legen sie das weltweit anerkannte GreenSCOR-Modell (Supply Chain Operations Reference-Modell – SCOR) zugrunde. Es dient der Entwicklung von Standard-Methoden von Supply Chains unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit.
Über eine Analyse und Beschreibung der Prozesse nach diesem Modell entsteht eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Abläufe in unterschiedlichen Unternehmen, anhand der sich das jeweilige Optimierungspotenzial in den Betrieben identifizieren und durch entsprechende Maßnahmen im Suppy Chain Management nutzen lässt. „Hier gilt es auch, im Sinne unserer Umwelt und der bestmöglichen Nutzung unserer Ressourcen Wissen zu verknüpfen und von den Erfahrungen anderer lernen zu können“, sagt BIBA-Projektleiter Matthias Kalverkamp.
Das Projekt wird vom Bundesforschungsministerium im Rahmen der Wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit (WTZ) aus dem Programm Forschung für nachhaltige Entwicklungen unterstützt. Damit will Deutschland „die Beteiligung an internationalen Forschungsprogrammen zur Lösung globaler Probleme, den Ausbau und die Verbesserung bilateraler Beziehungen und den Zugang zu interessanten Forschungsregionen“ fördern. Das Programm zielt unter anderem auf Technologieexport und Markterschließung besonders für kleine und mittlere Unternehmen. Dazu Kalverkamp: „Über diese Kooperation gewinnen wir weitere wertvolle Erkenntnisse für unsere Logistikforschung, bekommen tiefere Einblicke in zunehmend wichtige Themenfelder und können unsere internationale Zusammenarbeit ausbauen. Das kommt auch der europäischen Wissenschaft und Wirtschaft zugute.“
Auch deutsche Studierende könnten künftig von dieser Zusammenarbeit profitieren
Bei seinem Forschungsaufenthalt am BIBA setzte sich der chilenische Wissenschaftler auch mit neuen, an der Uni Bremen praktizierten Formen des Lehrens und Lernens in der Ingenieurausbildung auseinander – im Gaming Lab des BIBA. Hier entwickelt und erprobt das Institut Serious Games mit dem Schwerpunkt in Produktion und Logistik. Spielerisch konfrontiert mit realen, komplexen Situationen, die die intelligente Verknüpfung unterschiedlicher Fertigkeiten erfordern, lernen die Studierenden zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Das Labor bietet Forschungseinrichtungen und Unternehmen eine Plattform für den Einsatz von Planspielen im Bildungsbereich.
Seine Begeisterung vom Serious Gaming nahm der Wissenschaftler mit nach Chile, und nun strebt die UNAP über das geförderte Vorhaben hinaus auch in der akademischen Lehre eine Zusammenarbeit an. Erste Schritte sind bereits getan: Bei seinem Besuch im November 2013 zum Auftakt des Projektes besichtigte Kalverkamp nicht nur Kupfer-, Molybdän- sowie Jod-Minen und tauschte sich mit den UNAP-Wissenschaftlern über Prozessmanagement aus, sondern ergänzend dazu bot er auch Serious-Gaming-Labore an.
„Die Resonanz der UNAP-Professoren und -Studierenden war hervorragend. Sogar die dortige Presse hat über die Veranstaltungen berichtet“, sagt Kalverkamp. Die mittelgroße Universität im Norden Chiles betrachte Serious Gaming als innovative Lehrmethode zur Ergänzung ihrer Ingenieurausbildung. Mit rund 11.000 Studierenden bietet sie ein großes Potenzial für eine Kooperation auch auf diesem Feld. Die Partner denken über eine Erweiterung der Planspiele nach, um sie künftig gleichzeitig an mehreren Standorten weltweit einsetzen zu können. So könnten zum Beispiel Studierende aus Bremen und Iquique gemeinsam arbeiten und Aspekte der globalen Zusammenarbeit unmittelbar erleben. Die Vision: internationale Lehrveranstaltungen. Hierfür seien aber noch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erforderlich, sagt Kalverkamp. Derzeit suchen BIBA und UNAP nach Mitteln zum Ausbau auch dieses Engagements.
Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. Klaus-Dieter Thoben
Institutsleiter BIBA
Telefon: +49 421 218-500 05
E-Mail: tho(at)biba.uni-bremen.de
Matthias Kalverkamp, M.Sc.
Projektleiter BIBA
Telefon: +49 421 218-50 184
E-Mail: kvp(at)biba.uni-bremen.de
Ing. Raúl Zúñiga Arriaza
Projektleiter Universidad Arturo Prat, Iquique/Chile
Telefon: +56 572 52 62 94
E-Mail: razuniga(at)unap.cl