2010 war für den Veranstalter Deutsche Messe AG ein schwacher Jahrgang, der schwächste seit langem. 2008 und 2009 kamen noch rund 11.000 Menschen in die Halle 9 auf dem Messegelände in Hannover, um Unternehmen, Wissenschaftler und Netzwerker der Biotechnologie zu treffen. Auch bei den Ausstellern ist ein Rückgang zu verzeichnen. 2008 buchten 535, 2009 mehr als 650 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Regionen einen Stand in Hannover. In diesem Jahr waren es nur 500. Stephan Kühne, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG, zeigte sich dennoch optimistisch: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Rahmenbedingungen der Branche ist dies ein gutes Ergebnis.“ Gleichwohl sprach Kühne erstmals nicht mehr von der Biotechnica als „Leitmesse“ für Europa, sondern als „europäische Drehscheibe für den Austausch von Industrie und Wissenschaft“. Künftig wolle man zudem auf die Ausdifferenzierung der Messelandschaft reagieren. „Wir werden das Profil weiter schärfen und Themen setzen", sagte Kühne auf der abschließenden Pressekonferenz. Im Verlauf der Biotechnica stieg die Stimmung von Tag zu Tag. Während die Standbetreuer am Dienstag nicht voll ausgelastet schienen, überstieg die Besucherzahl am Mittwoch die Erwartungen deutlich – vor allem den vielfach präsenten Laboranbietern. Wilhelm Siebertz, Leiter des Verkaufs Deutschland bei Greiner Bio-One, lobte denn auch die Qualität der Besucher: "Es gab wenige Seh-Leute." Dem stimmten auch viele andere Aussteller auf der Messe zu.
Zufrieden zeigte man sich auch bei BIO.NRW. Der Cluster war mit einem zweistöckigen Stand vertreten und damit kaum zu übersehen. Über eine Treppe konnten die Besucher in einen Lounge-Bereich gelangen, wo bei einer Tasse Kaffee und einem freien Blick über die Messelandschaft Gespräche geführt oder Kontakte geknüpft werden konnten. Die Lounge erwies sich auch als idealer Platz für den Empfang von internationalen Gästen. Eine Delegation von indischen Biotechnologie-Unternehmern und -funktionären kam nicht nur auf die Messe, sondern besuchte im Anschluss die Biotech-Leuchttürme des Bundeslandes, darunter das Forschungszentrum Jülich, die Stammzellforscher Oliver Brüstle in Bonn und Hans Schöler in Münster sowie Deutschland größtes Biotech-Unternehmen Qiagen in Hilden. Auch aus Russland und Lateinamerika fanden sich Fachgruppen am BIO.NRW-Stand ein. Aufgrund dieses Erfolgs soll der Messeauftritt mit der Lounge auch künftig für das globale Marketing genutzt werden. So ist für 2011 die Einladung einer japanischen Delegation vorgesehen. "Wir wollen unsere internationale Sichtbarkeit erhöhen", betont Garthoff. Dies gilt auch für den Herbst 2011, wenn die europäische Partneringmesse BioEurope in Düsseldorf stattfinden wird. Bis dahin soll sich der Biotech-Standort Nordrhein-Westfalen auch online umfassend präsentieren, um potenziellen Partnern einen schnellstmöglichen Zugriff auf die Biotech-Szene in NRW zu ermöglichen. So hat BIO.NRW im vergangenen Jahr auf der Messe eine Online-Unternehmensdatenbank vorgestellt, in der 300 biotechnologie-relevante Unternehmen aus NRW eingetragen sind (hier klicken). In diesem Jahr wurde das Angebot in Kooperation mit Venture Valuation um die akademischen Institutionen und Arbeitsgruppen im Life-Sciences-Bereich in NRW erweitert. 400 Einträge waren es schon, als die ebenfalls über das Internet abrufbare Forschungsdatenbank am 5. Oktober, dem ersten Messetag, feierlich vorgestellt wurde (hier klicken). Inzwischen sind mehr als 1000 Einträge vorhanden.
Die Messe wurde bei BIO.NRW aber auch dafür genutzt, um für den Doktoranden-Kongress Life Sciences, die BIO.NRW PhD Student Convention, zu werben, der vom 5. bis zum 6. November 2010 in Dortmund in Kooperation mit der biotechnologischen Studenteninitiative bts stattfinden soll. Vor der beeindruckenden Kulisse des BVB-Stadions werden hier Referenten über Schlüsselkompetenzen ihre Expertise weitergeben, die in der Biotechnologie gefragt sind. Interessierte Doktoranden erfahren nicht nur, wie man sein eigenes Unternehmen gründet, sondern bekommen auch erste Kontakte zu Unternehmensvertretern, akademischen Institutionen und weiteren öffentlichen Arbeitgebern aus dem Life Science Bereich. Anmelden können sich Interessierte unter www.bio.nrw.de/studentconvention Für viele nordrhein-westfälische Biotech-Unternehmen war der BIO.NRW-Gemeinschaftsstand indes ein gute Gelegenheit, ihre Produkte und Dienstleistungen dem Fachpublikum in Hannover zu präsentieren. Zum Beispiel die Firma DIA-Nielsen aus Düren. Der Zulieferer stellt unter anderem maßgeschneiderte Filtrationssysteme für Fermenter oder Bioreaktoren her. „Wir hatten spürbar mehr Zulauf am Stand als im Vorjahr – sowohl von Händlerseite wie auch von Endkunden “, so das Fazit von Stefan Kölzer, bei DIA-Nielsen Produktmanager für Filtrationssysteme. Kölzer führt das unter anderem auf die geänderte Präsentationsweise zurück. „Während wir 2009 lediglich Videos auf einem Bildschirm gezeigt haben, hatten wir diesmal deutlich mehr unserer Produkte in der Vitrine“, so Kölzer. Und auch die Vielfalt der Nachbarn am BIO.NRW-Gemeinschaftsstand sieht er als Plus: „Hier haben sich einige gute, zukunftsträchtige Kontakte ergeben.“ Gelobt wurde auch der gemeinsame Ausstellungsbereich des BIO.NRW e.V. Hier erhielten die Mitglieder des Vereins – regionale Kompetenznetzwerke und Unternehmen – die Möglichkeit, sich gemeinsam ohne viel Aufwand darzustellen und auf der Messe Präsenz zu zeigen.
Sehr gut aufgehoben am Gemeinschaftsstand fühlte sich auch das Team vom Enzym-Hersteller Evocatal aus Düsseldorf. Vor allem der bunte Strauß an Ausstellern am Gemeinschaftsstand wurde positiv bewertet. „Daraus haben sich für uns sehr wertvolle Kontakte und Gespräche mit Akteuren ergeben, die man sonst nie angesprochen hätte“, so der Vorstandsvorsitzende Thorsten Eggert. Dennoch ist er mit gemischten Gefühlen von der diesjährigen Biotechnica zurückgekehrt. „Es war insgesamt merklich weniger los, und wir haben deutlich weniger Kontakte als in den Vorjahren geknüpft“, so Eggert. Sein Eindruck: Die industrielle Biotechnologie sei auf der Biotechnica ohnehin nicht gut vertreten, die Messe bewege sich mehr in Richtung Geräte- und Jobmesse. Nicht zuletzt aus diesen Grund ist die künftige Präsenz für sein Unternehmen unklar: „Wir überlegen uns noch, ob wir uns wirklich noch in jedem Jahr hier präsentieren wollen.“