Die öffentlich-rechtliche Stiftung Französischer Islam (Fondation de l‘Islam en France) wurde 2016 auf Initiative des damaligen Innenministers Bernard Cazeneuve gegründet und hat unter anderem die Förderung von islamwissenschaftlicher Lehre und Forschung zur Aufgabe. Der CNRS-Wissenschaftsverbund „Naher Osten und islamische Welt“ (Groupement d'intérêt scientifique Moyen-Orient et mondes musulmans, GIS MOMM), ein 2013 gegründetes Netzwerk von Forschungsinstituten, die auf Islamwissenschaften spezialisiert sind, hat das Abkommen mit der Stiftung im Namen des CNRS (Centre national de la recherche française) unterzeichnet. Das Netzwerk hatte 2014 aufgezeigt, dass nur wenige Teilbereiche der Islamwissenschaften an französischen Universitäten gelehrt und erforscht werden. Es tritt dafür ein, dass Koran- und Hadithstudien, islamisches Recht (fiqh/ usûl al-fiqh), Theologie (kalâm) und Sufismus mit den internationalen Standards insbesondere der kritischen Analyse und des Dialogs mit den anderen Geistes- und Sozialwissenschaften betrieben werden sollten.
Im Rahmen der Partnerschaft wollen die Akteure folgende Maßnahmen fördern:
- Aufbau eines Netzwerks islamwissenschaftlicher Hochschullehrer und Forscher, insbesondere durch Doktorandenstellen und Master-Studienbeihilfen von 2018 bis 2021 sowie Workshops zur Doktorandenausbildung
- Übersetzungsprogramm für englische oder deutsche Standardwerke ins Französische, um Wissenslücken in französischen Lehrbüchern und Referenzwerken auszugleichen. Damit einher geht das Verfassen von vier Lehrbüchern für den Hochschulgebrauch zu Koranstudien, Hadithstudien, islamisches Recht und Theologie. Zudem sollen zweisprachige, französisch-arabische (oder -türkische, -persische, -urduische) Textsammlungen sowie Übersetzungen reformorientierter islamischer Autoren erscheinen.
- Beitrag zum Aufbau digitaler Wissensressourcen über den Islam, um jedem zu ermöglichen, sich den vieldebattierten Fragen um den Islam und seiner Geschichte mit allen verfügbaren Analyse-Instrumenten zu widmen und vereinfachte Sichtweisen auf den Islam dekonstruieren zu können.
Der Präsident der Stiftung Französischer Islam, der ehemalige Innenminister Jean-Pierre Chevènement, hat darüber hinaus vorgeschlagen, an den staatlichen Universitäten Fakultäten zur Imam-Ausbildung zu gründen und so zu einem „kultivierten Islam“ in Frankreich beizutragen. Vor dem Hintergrund der dortigen strikten Trennung von Staat und Religion sorgt dieser Vorschlag für Diskussionen. Gleichzeitig gibt es aus historischen Gründen an der Universität Straßburg eine katholische und eine protestantische Fakultät und fast die Hälfte der französischen Imame wird aktuell aus dem Ausland bezahlt. „Kann man nicht einen kleinen Anstoß geben, damit der Islam besser organisiert werden kann? Die laizistische Republik ist nicht schwach. Sie muss sich die Mittel geben, um die republikanischen Prinzipien durchzusetzen ohne vom Pragmatismus abzuweichen, den die Gründungsväter der Laizität bewiesen haben.“, so Chevènement.
Zum Nachlesen (Französisch):
- CNRS (01.02.2018): Un partenariat pour renforcer la recherche en islamologie
- Le Parisien (31.01.2018): Jean-Pierre Chevènement : "Ne peut-on pas donner un coup de pouce à l’islam ?"
- l'Express (01.02.2018): Jean-Pierre Chevènement souhaite une université pour former les Imams