Die tropischen Regenwaldgebiete der Erde beherbergen die größte Vielfalt an Lebensformen, von denen allerdings nur ein kleiner Teil (etwa zwei von ca. 10 Millionen Arten) bisher bekannt ist und wissenschaftlich untersucht wurde. Indonesien, das südostasiatische Inselreich zwischen dem asiatischen Festland und Australien, ist eines der 17 sogenannten megadiversen Länder der Erde und steht nach manchen Schätzungen weltweit auf Rang drei bei der Anzahl der Arten. Spektakuläre Entdeckungen in Indonesien wie in den letzten 10 Jahren etwa eine neue Quastenflosser-Art oder neue Formen von Baumkänguruhs erlangen gelegentlich Aufmerksamkeit über die Fachwelt hinaus. Allerdings ist Indonesien beim Thema Umwelt in den Medien weitaus häufiger mit Negativmeldungen vertreten – Regenwaldzerstörung, Sterben der Korallenriffe, unkontrollierte Siedlungsausweitung. Bei diesen und anderen Schlagworten schwingt immer auch der Verlust biologischer Vielfalt mit, den wir mangels Kenntnis der für immer verschwindenden Arten nur erahnen können.
„Jede ausgestorbene Art ist nicht nur aus ästhetischen oder ethischen Gründen beklagenswert, der wirtschaftliche und gesellschaftliche Schaden ist nicht einmal absehbar“, so Johannes Vogel, Generaldirektor des Museums für Naturkunde. „Gerade Tiergruppen wie Insekten oder Schwämme, die selten über Fachkreise hinaus Interesse erregen, erzeugen oft Wirkstoffe, die zunehmend als Grundlage zur Erzeugung neuer Medikamente wie bspw. Antibiotika genutzt werden. Leider sind die meisten Arten nicht nur in dieser Hinsicht nicht erforscht, sondern bisher schlicht unbekannt.“
Das Funktionieren ganzer Ökosysteme, die die Lebensgrundlage der Menschen nicht nur in Indonesien darstellen, hängt ebenfalls von ihren Komponenten, den einzelnen Arten ab. Bisher ist auch hier völlig unbekannt, welche Arten für das Funktionieren von Lebensräumen unentbehrlich sind, weil eben nur so wenige Lebewesen jenseits von Vögeln, Säugetieren und einigen wenigen anderen Gruppen weltweit einigermaßen erfasst sind. Die Kenntnis der biologischen Vielfalt, der Arten, ist damit eine grundlegende Aufgabe nicht nur der Wissenschaft. Für die Beschreibung der ersten zwei Millionen Arten wurden 250 Jahre benötigt, die restlichen acht oder mehr Millionen sollten in einem Zehntel dieser Zeit erforscht werden.
Das Museum für Naturkunde Berlin und das Indonesian Institute of Sciences, die größte Forschungsorganisation in Indonesien, wollen diese Herausforderung nun in einer langfristigen Partnerschaft angehen. Die Entwicklung entsprechender neuer Verfahren kann gerade mit und in einem megadiversen Land wie Indonesien hervorragend vorangetrieben werden. Als erster Schritt wurde als Grundlage für die bilaterale Kooperation am 28.11.2012 in Berlin ein Kooperationsabkommen zur Zusammenarbeit zwischen beiden Instituten vom Generaldirektor des Museums für Naturkunde, Prof. Dr. Johannes Vogel, und dem Chairman von LIPI, Prof. Dr. Lukman Hakim, unterzeichnet. Diesem formalen Schritt werden in Kürze Treffen von Wissenschaftlern beider Institute am Museum für Naturkunde Berlin und dem Partnerinstitut in Indonesien folgen, die die Formulierung eines konkreten Forschungsprogramms für die Erfassung und Beschreibung der biologischen Vielfalt Indonesiens zum Ziel haben.
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