Das französische Bildungsministerium (Ministère de l’éducation, de l’enseignement supérieur et de la recherche, MENESR) sieht seine seit 2012 verfolgte Strategie durch den aktuellen OECD-Bildungsbericht „Bildung auf einen Blick“ bestätigt. So komme die OECD zu dem Ergebnis, dass Investition in Bildung sich eine Gesellschaft auszahle. Die Zahl der Hochschulabsolventen ist in Frankreich zwischen 2010 und 2014 zwar nur um ein Prozent gestiegen (von 43 auf 44 Prozent), liegt aber dennoch über dem OECD-Durchschnitt (von 37 auf 41 Prozent). Und im Rahmen der Nationalen Hochschulstrategie (Stratégie Nationale de l’Enseignement Supérieur, StraNES) wurde 2015 beschlossen, die Zahl der Hochschulabsolventen bis 2025 weiter bis auf 60 Prozent zu erhöhen. Dies soll vor allem durch bessere Begleitung der Studierenden bei der Fächerwahl gelingen.
Wie der Bericht bestätigt, liegt Frankreich im Bereich der Lebenslangen Bildung im OECD-Durchschnitt zurück. Nur 51 Prozent der 25- bis 34jährigen mit Hochschulabschluss haben in Frankreich an Weiterbildungen teilgenommen, gegenüber 62 Prozent im OECD-Durchschnitt. Dies sollen laut dem Bildungsministerium das 2014 verabschiedete Gesetz zur Berufsausbildung sowie ein verstärktes Weiterbildungsangebot an den Hochschulen ändern.
Weiterhin bewerten die OECD wie auch das französische Bildungsministerium den ungleichen Zugang zu Hochschulbildung als „zentrale Herausforderung“ Allerdings spielen aus französischer Sicht die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel durchaus eine große Rolle wenn es um die Fortsetzung eines Studiums geht. Daher habe man insbesondere das Budget für Studienbeihilfen nach sozialen Kriterien erhöht (400 Millionen Euro seit 2012) und die vom Ministerium festgelegten, einheitlichen Immatrikulationsgebühren für die Universitäten niedrig gehalten. Den Vorschlag der OECD, die Immatrikulationsgebühren je nach Disziplin und Berufsaussichten anzupassen, hält das Ministerium für einen „ineffizienten Bruch mit dem Prinzip der Gleichheit“.
Wie die Länderstudie zeigt, sind in Frankreich im Gegensatz zur internationalen Tendenz insbesondere die kurzen zweijährigen Studiengänge, wie sie an den Universitären Technologieinstituten IUT (Institut universitaire de technologie) angeboten werden, beliebt. 40 Prozent aller 25 bis 34jährigen mit Hochschulabschluss in Frankreich haben ausschließlich einen solchen kurzen Studiengang gewählt (OECD-Durchschnitt: 17 Prozent), während nicht einmal jeder Dritte (27 Prozent) einen Bachelor oder Ähnliches erwirbt (OECD-Durchschnitt: 49 Prozent). Dies lasse sich unter anderem auf die sehr guten Arbeitsmarktperspektiven mit einem IUT-Diplom zurückführen: „Aus Sicht der Unternehmen ist der Bachelor weiterhin zu akademisch, sie vertrauen mehr auf die IUT-Absolventen“, so Éric Charbonnier, OECD-Analyst und Autor der Länderstudie im Rahmen von „Bildung auf einen Blick. Im Bereich der Masterabschlüsse und Promotionen liegt Frankreich im OECD-Durchschnitt. Letzteres ist allerdings vor allem 40 Prozent internationalen Promovierenden (OECD-Durchschnitt: 24 Prozent) zu verdanken. Die französischen Masterabsolventen selbst seien zurückhaltender, weil die Promotion lange dauere und die Berufsaussichten mit Doktortitel unsicher seien, erläutert Éric Charbonnier. Laut der OECD sind jedoch die Berufsaussichten mit einem Master- oder Doktortitel in allen untersuchten Ländern besser als mit einem Bachelor. Zudem ist in Frankreich ein Schwerpunkt auf natur- und ingenieurwissenschaftliche Promotionen festzustellen (62 Prozent der Doktortitel 2013, OECD-Durchschnitt: 44 Prozent).
Weiterhin sieht die OECD Frankreich im Rückstand bezüglich des für die Internationalisierung wichtigen englischsprachigen Unterrichts an Hochschulen: nur 16 Prozent der Einrichtungen hätten im akademischen Jahr 2013/2014 Kurse auf Englisch angeboten, im internationalen Durchschnitt sind es über 30 Prozent.