Ziel der Magdeburger Informatiker ist es, im Rahmen des Human Brain Projektes, mit supercomputerbasierten Modellen und Simulationen die Mechanismen des menschlichen Gehirns zu rekonstruieren und zu simulieren. Dazu müsste Schätzungen zufolge eine Datenflut von 10 hoch 18 Rechenoperationen pro Sekunde bewältigt werden. Die Wissenschaftler versprechen sich davon einerseits neue Ansätze bei der Diagnose und Therapie von Erkrankungen des Gehirns, andererseits auch die Entwicklung völlig neuer Computer- und Robotertechnologien. Auf der Grundlage des Mechanismus des menschlichen Gehirns sollen Computer- und Schaltkreise für Roboter und die Programmierung hochkomplexer Rechnersysteme entwickelt werden, um ihnen quasi „menschliches Denken“ beizubringen.
Die Wirtschaftsinformatikerin der Fakultät für Informatik der Universität Magdeburg, Prof. Myra Spiliopoulou, wird in das Projekt Data-Mining-Methoden für dynamische Umgebungen beisteuern. Unter Data-Mining – deutsch etwa: „aus einem Datenberg etwas Wertvolles extrahieren“ – versteht man die systematische Anwendung statistischer Methoden auf einen Datenbestand mit dem Ziel, neue Muster zu erkennen.
Innerhalb ihres DFG-Projektes Incremental Mining for Perennial Objects (IMPRINT) arbeitet das Team um Prof. Spiliopoulou an Methoden zur Modellierung der Evolution von sich verändernden strukturierten Objekten. Das können Kunden eines Unternehmens sein, deren Präferenzen sich ändern oder auch Patienten mit einer chronischen Erkrankung, deren Verlauf modellhaft beschrieben werden soll. Solche Objekte können aber eben auch Formationen im Gehirn sein, die sich im Laufe der Zeit verändern.
„Zum menschlichen Gehirn werden weltweit Daten und Serien von Bildern erfasst, oftmals über längere Zeiträume. Die Zeit spielt eine sehr wichtige Rolle, um zu verstehen, wie sich Durchblutungsstörungen und andere krankhafte Veränderungen auf die Leistungen des Gehirns auswirken. Die Daten, die dafür analysiert werden sollen, sind strukturiert und sehr komplex. Die Arbeitsgruppe KMD (Knowledge Management and Discovery) forscht genau an den Mining-Methoden, die für die Analyse dieser Daten notwendig sind“, beschreibt Prof. Spiliopoulou ihre Arbeit.
Ende Januar 2013 hat die Europäische Kommission den Zuschlag für das Human Brain Projekt als eines ihrer beiden FET-Flaggschiffprojekte bekannt gegeben. An dem über einen Zeitraum von zehn Jahren angelegten Projekt sind über 80 europäische und internationale Forschungseinrichtungen beteiligt. Koordiniert wird es an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) in der Schweiz.