StartseiteAktuellesNachrichtenVDI-Symposium in São Paulo erörtert strategische Nutzung von Big Data zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit

VDI-Symposium in São Paulo erörtert strategische Nutzung von Big Data zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit

Innovation aus der Praxis

Die Frage, die in der Industrie heutzutage gestellt wird, lautet nicht etwa wie man Daten generieren oder sammeln soll, sondern wie man diese strategisch nutzen kann, um die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Um über diese Frage zu diskutieren, hat der Verein deutsch-brasilianischer Ingenieure (VDI-Brasilien) im Rahmen des achten internationalen Produktionssymposiums, das am 24. April in São Paulo stattgefunden hat, große Namen versammelt. Internationale und nationale Ingenieure und Vertreter der Industrie sollten dabei über Lösungsvorschläge sprechen und Einblicke in ein neues Zeitalter der Technologie geben.

Die Digitalisierung ist ein Weg, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, aber bei weitem nicht der einzige. Während der Eröffnung des Symposiums wies Maurício Muramoto, Vizepäsident des VDI-Brasil, darauf hin, dass die Wettbewerbsfähigkeit eine komplexe Struktur hat und aus vielen einzelnen Elementen besteht.

Wir können nicht mehr über Wettbewerbsfähigkeit sprechen ohne unsere Denkweise umzustrukturieren. Denn diese Notwendigkeit kennt keine Grenzen, deswegen ist sowohl eine strategische Sichtweise, als auch die Partnerschaft zwischen Industrie, Wissenschaft und Regierung wichtig, um ein Netzwerk aufzubauen, das zu unserem Vorteil beiträgt.

Aus dieser gemeinsamen Arbeit haben viele andere Länder vom digitalen Wandel einen Wettbewerbsvorteil gezogen. Für Professor Dr. Hans-Jörg Bullinger, ehemaliger Präsident und aktuell im Senat der Fraunhofer-Gesellschaft, welche  einen wichtigen Teil der deutschen Forschungslandschaft darstellt, sind Partnerschaften unerlässlich, um innovative Unternehmen zu gründen und für den Fortschritt der Digitalisierung in der Industrie. Und das habe Deutschland unternommen.

In den Universitäten wird Geld in Wissen umgewandelt und je mehr Geld in Universitäten investiert wird, desto mehr Wissen kann generiert werden. Dieses wird dann in Innovation, Produkte und Dienstleistungen umgewandelt, die an die Gesellschaft verkauft werden können und wiederum Kapital erzeugen.

Die Fraunhofer-Gesellschaft arbeitet bereits sowohl mit dem öffentlichen, als auch dem privaten Sektor sehr eng zusammen. Rund ein Drittel der Einnahmen kommt aus der Arbeit mit der Regierung und die anderen zwei aus Drittmitteln, also aus der Forschung für private Unternehmen.

Big Data: Digitalisierung in der Gesellschaft

Innerhalb der vielen digitalen Lösungsvorschläge, die die Industrie implementieren will, hat Big Data eine große Bedeutung, da bereits gute Ergebnisse damit erzielt werden konnten. Big Data könnte außerdem dabei helfen, andere Lösungsvorschläge in der digitalen Wende der Industrie und in anderen Bereichen unserer Gesellschaft zu entwickeln.

Rund 72 Prozent der Industrieunternehmen weltweit glauben, dass Big Data und die Datenanalyse die Qualität der Kundenbeziehungen verbessern kann und dass dies die Lebensdauer von Produkten beeinflussen wird. Jedoch fällen die meisten Unternehmen ihre Entscheidungen auf der Basis von traditionellen Konzepten und nach Gefühl,  also nicht anhand von Datenanalyse. Dies besagt die 2016 von PwC durchgeführte Studie „Industry 4.0: Building the digital enterprise”.

Es geht aber nicht nur darum, eine neue Technologie im Unternehmen einzuführen. Big Data funktioniert nicht von selbst. Das Nutzen der menschlichen Intelligenz ist erforderlich und somit wird der Mensch die treibende Kraft hinter der Innovation sein.

Wir streben nach Wissen, aber gleichzeitig ertrinken wir in einem Meer von Informationen, von denen wir nicht wissen, welche relevant sind und welche nicht. Man muss ein Basiswissen haben und wissen, wie man diese Informationen bewerten kann. Wir brauchen zwar Daten für die Informatik, für Algorithmen, für sensorische Daten, für Mobiltelefone… aber damit das alles funktioniert, brauchen wir vor allem Leute“, erklärt Bullinger.

Erst durch die Daten kann der digitale Wandel vollzogen werden, sowohl in der Industrie, als auch in der Welt. Somit wird eine immer stärker werdende Interkonnektivität zwischen den Prozessen entwickelt. Ohne die Datenanalyse ist dieser Wandel nicht möglich.

Für Bullinger ist die Entwicklung von relevanter Innovation eine der größten Herausforderungen der heutigen Zeit. Ingenieure sollen die Innovationslandkarte analysieren und darüber nachdenken, was gebraucht wird, um eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Dies sei eines der Merkmale der zukünftigen Digitalisierung.

Herausforderungen für den digitalen Wandel

Die bessere Verwendung der Daten kann nicht nur für das eigene Unternehmen und für die Wirtschaft eine positive Auswirkung haben, sondern für die gesamte Gesellschaft: Durch das Schaffen von Beziehungen zwischen der Industrie und der Wirtschaft, von neuen Innovationsstrategien und der Produktion von immer mehr Technologien, die unsere Leben beeinflussen.

Für ein Entwicklungsland wie Brasilien ist es wichtig darüber nachzudenken, wie man die Digitalisierung jenseits einfacher Implementierung von Technologien entwickeln kann.

Professor Dr. Jorge Arbache, Sekretär für internationale Angelegenheiten des Ministeriums für Wirtschaftsplanung Brasiliens, erklärte, dass wir Gefahr laufen, nicht zu bemerken wie Technologien wie Big Data zur Ware werden und deswegen ein Produktivitätsanstieg nicht gleichbedeutend mit einem Zuwachs an weltweiter Wettbewerbsfähigkeit ist.

Neue Technologien sind sehr wichtig für Brasilien und für alle anderen Länder. Aber es ist wichtig, die Grenzen dieser Technologien bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit und nicht der Produktivität zu ziehen. Wenn du dies aber nicht verstehst, verstehst du auch nicht die zentrale Frage, also „ob“ und „wie“ diese Technologie tatsächlich eine wirkliche Veränderung bedeuten“, erklärte Arbache.

Digitale Unternehmen können untereinander kommunizieren, Daten analysieren, die Ausführung von Aktionen in der analogen Welt nutzen und neue Unternehmen gründen. Dies haben große Technologieunternehmen gemacht, die heute neue Märkte erforschen und so bewirken, dass sogar die Industrie die Art und Weise, wie sie Innovation erstellt, überdenkt.

Für den Amerikaner Tim Shinbara, Vizepräsident für Technologie der Association for Manufacturing Technology und Geschäftsführer des MTConnect Insitute, ist es notwendig, in diesen Veränderungsprozessen Chancen zu erkennen.

Anstatt dass man immer wieder das Gleiche tut, nur mit neuer Technologie, muss man neue Verbindungen zwischen den Bereichen erkennen. Wie z.B. dass Google damit anfängt, Autos zu bauen, und Facebook Roboter. Wir müssen verstehen, dass Big Data uns ermöglicht, etwas, das man schon gut macht, besser zu machen und somit neuen Wert für die Menschen generiert. Die Daten sind nicht das Wichtigste, sondern die Nutzung der Daten macht den feinen Unterschied. Man muss Daten in Informationen umwandel”, so Shinbara.

Für Bullinger sind das gemeinsame Arbeiten und die Veränderung der Denkweise der Schlüssel für die kontinuierliche Innovation und für die Überwindung der Herausforderungen: „Kein Stakeholder, weder in der Industrie, der Wissenschaft, noch in der Regierung, kann die aktuellen Herausforderungen alleine meistern. Darüberhinaus ist eine Balance zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung von wesentlicher Bedeutung. Es reicht nicht, mit Staatsgeldern Wissen zu schaffen. Es ist notwendig, dass das Wissen auch für die Wirtschaft Umsatz in Form von Innovation generiert.

Podiumsgespräche

Um diese strategische Analyse, wie die Digitalisierung die brasilianische Industrie in die globalen Wertschöpfungsketten integrieren kann, detailliert zu schildern, gab es während des Symposiums drei Podiumsgespräche. Es wurden konkrete Fälle vorgestellt, in denen digitale Technologien in Bereiche eingesetzt werden, die potentiell die Wettbewerbsfähigkeit stärken können. Unter anderem waren diese die chemische, Pharma-, Lebensmittel, Verpackungs- und Automobilindustrie.

Quelle: VDI-Brasil via DWIH-São Paulo Redaktion: von Andreas Ratajczak, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Brasilien Themen: Engineering und Produktion Wirtschaft, Märkte Information u. Kommunikation

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