Das Berufungsgericht Colmar hat am 14. Mai der Berufung von 54 Personen entsprochen, die wegen der Zerstörung einer Versuchsanlage des Institut National de la Recherche Agronomique (INRA) im Jahre 2010 verurteilt worden waren. Mit den Freilandexperimenten sollte untersucht werden, welchen Einfluss die genetisch modifizierten Weinstöcke auf Umwelt und Biodiversität des Bodens haben. Gleichzeitig sollte herausgefunden werden, ob diese Genveränderungen im Kampf gegen eine weltweit auftretende Erkrankung von Weinstöcken (Reisigkrankheit, franz.: „court-noué“ ) erfolgreich sein können.
Zurzeit wird in Frankreich auf höchster Ebene um den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen gestritten: nachdem die Assemblée Nationale im April dieses Jahres ein Gesetz verabschiedet hatte, welches den Anbau von gentechnisch verändertem Mais verbieten soll, hat der Senat, die zweite Kammer im französischen Gesetzgebungsverfahren, Anfang Mai diesem Gesetzentwurf ebenfalls mehrheitlich zugestimmt, woraufhin jedoch 60 Senatoren das Verfassungsgericht (Conseil constitutionnel) angerufen haben, um dieses Gesetzgebungsverfahren zu Fall zu bringen. Bei der Verwüstung von INRAS Versuchsfeldern zu Weinstöcken ist die gesetzliche Lage jedoch klar: im Jahre 2008 wurde in Frankreich gesetzlich geregelt, dass wissenschaftliche Untersuchungen an gentechnisch veränderten Pflanzen für staatliche Forschungseinrichtungen ausdrücklich erlaubt sind, um mögliche Gefahren zu erforschen.
In einer Stellungnahme vom 21. Mai haben Bernard Bigot, Leiter des CEA, Jean-Marc Bournigal, Präsident und Generaldirektor des IRSTEA, Pascale Briand, Generaldirektorin der ANR, Michel Cosnard, Präsident und Generaldirektor des INRIA, Michel Eddi, Präsident und Generaldirektor des CIRAD, Alain Fuchs, Präsident des CNRS, Claudie Haigneré, Präsidentin und Generaldirektorin der Universcience, François Jacq, Präsident und Generaldirektor des IFREMER, Vincent Laflèche, Präsident und Generaldirektor des BRGM, Michel Laurent, Präsident des IRD, Jean-Loup Salzmann, Präsident der französischen Hochschulrektorenkonferenz sowie André Syrota, Präsident und Generaldirektor des Inserm eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, mit der sie die Entscheidung des Gerichtes in Colmar vehement kritisieren. Versuche, wie sie das INRA angestellt hat, seien der einzige Weg, wissenschaftliche Beweise zu den Folgen des Einsatzes gentechnisch veränderter Pflanzen auf Mensch, Tiere und Umwelt zu erlangen. Auf diese Art Experimente zu verzichten bedeute, alles Handeln aufzugeben, das unsere gemeinsame Zukunft verbessern könne. Die Forscher gaben der Hoffnung Ausdruck, dass gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt wird.
Im Parlament befragt, welches ihre Haltung hierzu sei, erklärte sich Geneviève Fioraso, Staatssekretärin im französischen Hochschul- und Forschungsministerium, solidarisch mit den Forschern.