Der Atlantik nördlich des Äquators ist zwar nicht der größte Ozean der Erde, doch er weist einige Besonderheiten auf, die ihn für die Forschung äußerst interessant machen. Er beherbergt beispielsweise den Hauptantrieb für das globale Klima, die größten Fischressourcen der Welt, das größte zusammenhängende Kaltwasserkorallenriff sowie bedeutende Offshore-Rohstofflagerstätten. Darüber hinaus zeigt der Nordatlantik die größte saisonale Phytoplanktonblüte, die eine wichtige Rolle bei der Bindung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre spielt. Und er weist einige der explosivsten und damit gefährlichsten vulkanischen Inseln auf.
Deshalb steht der Nordatlantik auch im Fokus der deutschen Graduiertenschule HOSST (Helmholtz Graduate School Ocean System Science and Technology) und der kanadischen Graduiertenschule TOSST (Transatlantic Graduate School Ocean System Science and Technology). Zusammen fördern sie in beiden Ländern insgesamt 25 Doktorandinnen und Doktoranden aus unterschiedlichen Disziplinen der Meereswissenschaften. Im Rahmen von HOSST beziehungsweise TOSST arbeiten sie daran, verschiedene Aspekte des komplizierten Systems Nordatlantik besser zu verstehen. Vom 10. bis 20. Juni treffen sich die Stipendiatinnen und Stipendiaten zu einer gemeinsamen Sommerschule in Kiel, um fachübergreifend Erkenntnisse auszutauschen und das allgemeine Wissen rund um die Ozeane über die Grenzen der Naturwissenschaft hinaus zu vertiefen.
Schwerpunktthema während der aktuellen Sommerschule sind der Ozeanboden sowie die Prozesse, die zu seiner Bildung führen. „In diesem Zusammenhang behandeln wir auch, welche Bedeutung bestimmte Strukturen am Meeresboden für Rohstofflagerstätten haben und welche Rolle dem Meeresboden beim Schutz der marinen Umwelt zukommt“, erklärt Prof. Dr. Wolf-Christian Dullo vom GEOMAR, Sprecher der HOSST-Graduiertenschule.
Vor allem der letzte Aspekt interessiert viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zur Sommerschule sind daher Gastreferenten zu verschiedenen gesellschaftsrelevanten Themen rund um den Ozean eingeladen. Unterstützung zu rechtlichen Fragen rund um den Schutz der Meere bekommen die Doktoranden und Doktorandinnen beispielsweise von Experten und Expertinnen aus dem Wissenschaftsumfeld, aus der Politik, vom BUND und vom WWF.
„In den Graduiertenschulen HOSST und TOSST arbeiten junge Wissenschaftler aus sehr unterschiedlichen Fachbereichen und aus unterschiedlichen Ländern zusammen“, betont Professor Dullo, „daher ist es den gemeinsamen Schulen ein großes Anliegen, die internationale Vernetzung zu fördern“. Alle Stipendiaten und Stipendiatinnen haben je einen Betreuer/eine Betreuerin in Kiel und einen/eine in Halifax/Kanada. HOSST wird seit Juni 2012 vom Impuls- und Vernetzungsfond der Helmholtz-Gemeinschaft am GEOMAR und an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gefördert, TOSST erhielt im April 2013 die Förderungsbewilligung von der kanadischen Regierung (NSERC CREATE Funds) und ist an der Dalhousie University Halifax sowie am Institute for Ocean Research Enterprise (IORE) angesiedelt.
„Um die Ozeane in ihrer Gesamtheit zu verstehen, müssen Forscher über Länder- und Fächergrenzen hinaus zusammenarbeiten. Die Kieler Meereswissenschaften sind hier schon lange Vorreiter. Im Rahmen der deutsch-kanadischen Graduiertenschulen wollen wir diese Tradition weitergeben und darüber dem wissenschaftlichen Nachwuchs Wege aufzeigen, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten nach der Promotion für eine nachhaltige Nutzung der Ozeane auch außerhalb der universitären Forschung zum Einsatz zu bringen“, sagt HOSST-Vizesprecher Prof. Dr. Gernot Friedrichs von der CAU.