Die Mannheimer Politikwissenschaftler Thomas Gschwend, James Lo und Sven-Oliver Proksch wurden von der American Political Science Association (APSA) mit dem Gosnell-Preis für Exzellenz in politikwissenschaftlichen Methoden ausgezeichnet. Damit geht die Auszeichnung zum ersten Mal an ein Forscherteam außerhalb der Vereinigten Staaten. Der Preis wurde den Mannheimer Forschern auf der Jahreskonferenz der American Political Science Association in New Orleans überreicht – für ihre Arbeit mit dem Titel „A Common Left-Right Scale for Voters and Parties in Europe“.
Die Arbeit entstand am Sonderforschungsbereich (SFB) 884 „The Political Economy of Reforms“ der Universität Mannheim. Thema ist die ideologische Verortung von Wählern und Parteien in Europa. Konkret geht es dabei zum Beispiel um die Frage, ob die SPD genauso weit links von der CDU einzuordnen ist wie etwa die sozialdemokratischen Parteien in Belgien oder Österreich. Meinen Wähler, wenn sie in Belgien von einer „linken“ Partei sprechen, etwas Ähnliches wie deutsche Wähler? Bislang ließen sich die ideologischen Positionen nur schwer über unterschiedliche Länder vergleichen.
Auf Basis von Wählerumfragen in den EU-Staaten haben die Autoren nun eine neue Methode entwickelt, mit der sich die ideologische Verortung von Parteien auch über Ländergrenzen hinweg vergleichen lässt: Das Europäische Parlament ist entlang weltanschaulicher Fraktionen organisiert, die ihrerseits aus Mitgliedern nationaler Parteien bestehen. Die Mitglieder der deutschen CDU finden sich beispielsweise in der politischen Gruppierung „Europäische Volkspartei“ wieder, gemeinsam mit moderat konservativen Parteien aus anderen Ländern. Nationale Parteien, die linker orientiert sind als ihre nationalen Rivalen ordnen sich ebenfalls häufiger in linker orientierten Fraktionen im Europäischen Parlament ein.
Durch die Berücksichtigung dieser Regelmäßigkeit lassen sich erstmals zuverlässig ideologische Positionen von derzeit 162 Parteien und Wählern in ganz Europa vergleichen. Der Vorteil: Ein breites Spektrum politischer Parteien, insbesondere auch kleinerer Parteien kann miteinander verglichen werden und das ohne neue Daten erheben zu müssen.
Die APSA ist die weltweit führende Organisation für politikwissenschaftliche Forschung mit über 15.000 Mitgliedern in mehr als 80 Ländern. Einmal jährlich prämiert sie ausgezeichnete Forschung auf dem Gebiet der politikwissenschaftlichen Methoden mit dem Gosnell-Preis. Zu den bisherigen Preisträgern zählen führende Methodologen wie Gary King, Andrew Martin, Kevin Quinn und Curtis Signorino.
Über den SFB 884
Der SFB 884 “Politische Ökonomie von Reformen” ist an der Universität Mannheim angesiedelt. Er wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für den Zeitraum 2010 bis 2013 mit der Möglichkeit auf eine Verlängerung bis 2021 finanziert. Die beteiligten Forscher kommen aus unterschiedlichen Disziplinen wie der VWL, Politikwissenschaft, Soziologie und Statistik. Um die unterschiedlichen Aspekte von Reformen mit Blick auf konkurrierende Interessen, verschiedene Kontexte und den Ablauf der politischen Prozesse zu verstehen, soll der SFB 884 neue wissenschaftliche Einblicke in den Erfolg und Misserfolg von Reformvorhaben auf einer soliden empirischen Basis gewinnen.
Kontakt:
Prof. Thomas Gschwend, Ph.D.
Lehrstuhl für Quantitative Methoden in den Sozialwissenschaften
Universität Mannheim
Schloss
68131 Mannheim
Telefon: 0621 / 181- 2087
E-Mail: gschwend(at)uni-mannheim.de