Gleichzeitig wächst die Konkurrenz durch indische Hersteller auf dem Weltmarkt. Bereits heute stammen schätzungsweise 20 Prozent aller weltweit hergestellten Generika aus indischer Produktion und die Aussichten für weiteres Wachstum in diesem Marktsegment sind gut: Allein in den kommenden drei Jahren läuft in den USA der Patentschutz für Medikamente mit einem Umsatzvolumen von 70 Milliarden US-Dollar ab. Die PwC-Experten schätzen, dass das Volumen der indischen Pharmaexporte von rund acht Milliarden US-Dollar im Jahr 2008 auf 20 Milliarden US-Dollar bis 2020 steigen dürfte.
Top-Ten Pharmaunternehmen haben weniger als 7 Prozent Marktanteil in Indien
Derzeit sind unter den zehn umsatzstärksten Pharmaunternehmen auf dem indischen Markt lediglich zwei ausländische Hersteller. Zusammengenommen haben die Top-10-Anbieter nur einen Marktanteil von weniger als sieben Prozent. Entsprechend groß ist das Wachstumspotenzial durch Kooperationen oder Zukäufe: "Die Global Player in der Pharmabranche sind zwar schon seit einigen Jahren in Indien präsent, haben aber bislang nur geringe Marktanteile. Um vom erwarteten Marktwachstum profitieren zu können, müssen sie verstärkt mit einheimischen Partnern kooperieren. Auch bei Forschung und Entwicklung sollten die westlichen Konzerne Allianzen mit indischen Unternehmen forcieren", kommentiert Volker Booten, verantwortlicher Partner für Chemicals & Pharma bei PwC in Deutschland.
Zunehmende Nachfrage nach westlichen Arzneimitteln
Der indische Pharmaboom ist in erster Linie auf das rasante Wirtschaftswachstum zurückzuführen. Die wachsende Mittelschicht in den Städten kauft immer häufiger westliche Arzneimittel. Zudem verbreiten sich mit zunehmendem Wohlstand und einer alternden Bevölkerung auch Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-erkrankungen, die eine medikamentöse Therapie erforderlich machen.
Versorgungsmängel auf dem Land bieten Wachstumspotenziale
Noch kaum erschlossen ist demgegenüber der Pharmamarkt in den ländlichen Regionen. Hier leben etwa 70 Prozent der indischen Bevölkerung. Eine bessere medizinische Versorgung abseits der urbanen Zentren würde daher der Pharma-industrie weitere Umsatzpotenziale eröffnen. Vom Staat kommen mittlerweile positive Impulse. So sollen neue Hospitäler auf dem Land entstehen und die Qualifikation des medizinischen Personals verbessert werden. Bereits beschlossen ist eine Steigerung der öffentlichen Gesundheitsausgaben von bislang gerade einmal einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf zwei bis drei Prozent im Jahr 2010.
Markteintritt: Kooperationen mit lokalen Partnern erforderlich
Jedoch dürfte der Zugang zu den ländlichen Pharmamärkten angesichts mangelhafter Verkehrsverbindungen und unzureichender Kommunikationsnetze auf absehbare Zeit schwierig bleiben. Zudem sind Produktfälschungen, die in den entwickelten Regionen Indiens nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, auf dem Land weit verbreitet. Ausländische Hersteller, die abseits der Städte aktiv werden wollen, sind deshalb auf Kooperationen mit lokalen Partnern angewiesen.
Gute Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung
Für Forschung und Entwicklung (F&E) gaben die zehn größten indischen Hersteller nach PwC-Schätzungen im Jahr 2008 rund 480 Millionen US-Dollar aus. Allerdings fehlt es indischen Pharmaunternehmen noch an der Finanzkraft, um ein Medikament allein durch die gesamte F&E-Pipeline zu bringen. F&E-Kooperationen mit ausländischen Pharmaunternehmen dürften daher die Regel bleiben.
Grundsätzlich sind die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung in Indien gut. So kann die Pharmaindustrie auf einen großen Talentpool zugreifen. Jahr für Jahr verlassen etwa 115.000 Studenten mit einem naturwissenschaftlichen Master-Abschluss die Hochschulen. Hinzu kommen schätzungsweise 12.000 Absolventen mit Doktortitel. Zudem müssen ausländische Unternehmen, die in Indien forschen (lassen) wollen, kaum mit Verständigungsproblemen rechnen. In keinem Land mit Ausnahme der USA beherrschen mehr Menschen die englische Sprache als in Indien.