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Wissenschafts-Kurzbericht Taiwan

Das Deutsche Institut Taipei, die deutsche Auslandsvertretung in Taiwan, hat Anfang März seinen Forschungskurzbericht Taiwan im Rahmen der Berichterstattung zu Themen aus Forschung und Wissenschaft aktualisiert. Auszüge daraus hat man Kooperation International zur Verfügung gestellt, um sie dem interessierten Publikum zugänglich zu machen.

Die Zusammenfassung des Berichts ist unten eingefügt, eine Plethora weiterer Informationen kann man dem angehängten Dokument entnehmen.

Das 23 Mio Einwohner zählende Industrieland Taiwan gehört mit F&E-Ausgaben von ca. 8,5 Mrd. EUR in 2011 (ca 3% des BIP) zu den weltweit bedeutenden Forschungsstandorten. Sein ICT-Bereich ist Weltspitze. Mit ca 250.000 F&E-Beschäftigten und einem 1,16%-Anteil von Forschern an allen Erwerbstätigen will Taiwan sich als Hochtechnologieland und internationaler Forschungsstandort behaupten. Bei ausländischen Patentanmeldungen in den USA liegt Taiwan hinter Japan, Deutschland und Korea auf dem 4. Platz (2010) (2000-2006 sogar Platz 3). Im Krisenjahr 2009 wurden in Taiwan 3.392 Patentanträge pro Mio. Einwohner gestellt, so viele wie in keinem anderen Land der Welt.

Taiwan befindet sich nach seiner schnellen wirtschaftlichen und demokratischen Entwicklung der 70er-90er Jahre im Übergang vom Produktions- zum Forschungs- und Technologiestandort. Hintergrund ist die von taiwanischen Unternehmen selbst angetriebene Produktionsverlagerung nach China. Aus der Werkbank „Made in Taiwan“ wurde in den letzten 20 Jahren die von taiwanischen Unternehmen (bspw Foxconn) wesentlich mitbetriebene Werkbank „Made in China“.

Verzerrt wird das Bild durch weniger innovationsstarke Industrien wie Petrochemie, Energie-, Zement- oder Bauwirtschaft, die es gestützt von subventionierten Energiepreisen und laxen Umweltstandards versäumt haben zu investieren. Interessengegensätze mit den exportabhängigen, innovativen Unternehmen Taiwans beeinflussen die Energie-, Umwelt- und Klimapolitik des Landes. 40% der taiwanischen Unternehmensforschung ist im ICT-Bereich konzentriert, weitere 15% im Bereich Maschinenbau.

In der Wissenschaftspolitik fördert Taiwan neben der weltweit führenden ICT-Technologie (mit verstärktem Fokus auf smart/integrated Systems, E-Mobilität und Cloud Computing) zunehmend strategisch auch Bio- und Nanotechnologie. Die Entwicklung intelligenter Systeme, der Kreativwirtschaft und der Gesundheitsforschung werden ebenfalls gefördert. Die zentralen Inhalte der Wissenschaftspolitik werden vom National Science Council (NSC) koordiniert.

Traditionell sind Wissenschaft und Forschung Taiwans insb. im ICT-Sektor eng mit der Wirtschaft verknüpft. Weltweit Nachahmung fand die Gründung des Industrial Technology Research Institute (ITRI) 1973 in Hsinchu und die Gründung 1980 des Hsinchu Science Park(Umsatz der dortigen Firmen in 2011 33 Mrd US$).
Die drei taiwanischen Science Parks sind direkt dem NSC unterstellt. Sie bieten Ansiedlungs-hilfen und vermitteln Dienstleistungen wie bspw schnelle und günstige Projektfinanzierungen. Start-up Unternehmen wie der Elektronikkonzern ACER oder die Chipproduzenten TSMC bzw. UMC konnten so in kurzer Zeit zu Weltmarktführern werden.

Taiwans Gesellschaft ist äußerst bildungsorientiert und wissenschaftsfokussiert. Sowohl die derzeit in Umsetzung befindliche Einführung der 12-jährigen Schulpflicht wie auch die übliche Besetzung von Ministerposten durch Fachleute zeigen dies. In 2011 bestanden 238.804 Absolventen die taiwanische Hochschulreife (im Vgl. Deutschland (2010): 281.155 Abiturienten). Zudem wächst die Zahl der Masterstudenten und Doktoranden stetig.

Das universitäre Umfeld ist relativ stark vom Einfluß des Bildungsministerium bestimmt. Das System der Forschungsevaluierung unterliegt engen Regeln. Universitäre Selbstverwaltung ist (noch) unüblich. Dennoch hat es beim Essential Science Indicator und beim Network Readiness Index die taiwanische Elite-Universität National Taiwan University in diversen Bereichen unter die besten Universitäten weltweit geschafft. Dies ist auch Ergebnis der 2006 gestarteten „taiwanischen Exzellenzinitiative“ „The Aim for Top University (ATUP)“, die 2011 um weitere 5 Jahre verlängfert wurde. Oft lassen Forschungseinrichtungen Laborarbeit von Universitäten durchführen. Aufgrund der rapide alternden Gesellschaft Taiwans (weltweit niedrigste Geburtenrate) steht die Universitätslandschaft vor einer Konsolidierungs- und Internationalisierungsphase. Dies fördert auch die (kontroverse) Öffnung für Studenten aus China seit 2010. Singapur und Hongkong ziehen massiv Talente aus Taiwan ab, aufgrund zu niedriger taiwanischer Gehälter.

Mit dem Aufbau von derzeit 54 multinationalen Forschungszentren hat sich Taiwan bereits stärker international aufstellen können. Hohe Standards beim IPR-Schutz, hohes Know-how (insb Produktionsmanagement und Design) sowie seine Funktion als Testmarkt machen Taiwan zu einem wichtigen FuE-Standort für US-Unternehmen wie IBM, HP, Dell, Sony oder Google aber auch für dt. Unternehmen wie Evonik, Bayer oder Bosch.

Die Wissenschaftskooperation zwischen Taiwan und China wächst rasant, getragen von den engen wirtschaftlichen Beziehungen und der kulturellen Nähe und führt zunehmend auch zu trilateralen Forschungs- und Universitätsprogrammen. 2010 wurde eine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Patenten- und Handelsmarkenanmeldungen zwischen China und Taiwan geschlossen (u.a. zu grünen Technologien und Cloud Computing).

Taiwan wünscht sich mehr Universitätskooperationen (u.a. bilaterale Stipendienprogramme, kombinierte Masterabschlüsse). Durch wirtschaftliche und politische Verbindungen ist Taiwan auf die USA und Japan fokussiert. Die Kooperation mit China wächst stetig. Die wissenschaftliche Vernetzung mit Europa bleibt trotz einzelner Kooperationen wie bei GALILEO und Taiwans Aufnahme in das 7. EU Framework Programme for Research and Technological Development unter ihrem Potential. Die in den 70er und 80er Jahren mit Deutschland entstandenen Netzwerke taiwanischer Juristen, Stadtplaner, Ärzte und Ingenieure lösen sich generationenbedingt langsam auf. Taiwans Nachfrage nach deutschen Forschungsprogrammen ist weiter ausbaubar.

Auffallend ist die hohe wissenschaftliche Besuchsdichte zwischen Deutschland und Taiwan. In 2011 besuchten u.a. die Präsidenten von DFG, AvH-Stiftung, T9-Universitätsnetzwerk sowie ein Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Jülich Taiwan. Im Juli 2011 besuchte der NSC-Minister Lee Deutschland. Das seit Sommer 2010 stark intensivierte Forschungsmarketing des DAAD-IC Taipei zeigt erste Früchte. 6 von 22 Teilnehmern der DAAD Science Tour 2011 kamen aus Taiwan, mit zuvor 94 qualifizierten taiwanischen Bewerbern unter weltweit 354. Dies unterstreicht das Potential einer verstärkten Wissenschafts- und Forschungsarbeit mit Taiwan.

Redaktion: Länder / Organisationen: Taiwan Themen: Infrastruktur Wirtschaft, Märkte Strategie und Rahmenbedingungen Förderung

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