Tsunamis, Erdbeben, Krieg: Im Falle einer humanitären Katastrophe ist schnelle medizinische Hilfe gefragt. Die EU bereitet für diese Krisenfälle nun ein transportables Notfallkrankenhaus vor, das innerhalb von zwei bis drei Tagen vor Ort einsatzbereit ist. Es soll die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Rahmen von Hilfsmaßnahmen des europäischen Katastrophenschutzes verbessern. In die Entwicklung des Krankenhauses bringen verschiedene EU-Mitgliedsstaaten ihr spezifisches Fachwissen ein. Neben Vertretern der Zivilschutzabteilungen der Innenministerien von Italien, Belgien, Frankreich, Dänemark, Rumänien, Slowakei und Estland ist Deutschland mit den Johannitern sowie mit der Universität Leipzig im Projekt vertreten. Zusätzlich wird das Projekt maßgeblich durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Handicap International unterstützt.
Das Innovationszentrum für Computerassistierte Chirurgie (ICCAS) der Medizinischen Fakultät in Leipzig ist als Projektpartner für die optimale informationstechnische Infrastruktur und Vernetzung der medizinischen Geräte und Assistenzsysteme zuständig. Damit das Krankenhaus später optimal arbeiten kann, müssen die Ressourcen der OP-Säle sowie aller Stationen auf einander abgestimmt und optimal genutzt werden. Das Besondere dabei: Die Stationen sollen je nach Anforderungen der aktuellen Situation angepasst werden. "Nach einem Erdbeben sind in den ersten drei bis vier Tagen beispielsweise Trauma-Patienten mit Brüchen oder Prellungen zu versorgen. Später kommen dann oft Infektionen hinzu, sodass die Infrastruktur des Krankenhauses dynamisch an diese neue Patientenstruktur angepasst werden muss. Ab dem 8. Tag geht es dann in eine Normalversorgung über", beschreibt Prof. Dr. Thomas Neumuth vom ICCAS die Genese. Die Informationen über vorhandene und notwendige Ressourcen soll das IT-System dann liefern.
Des Weiteren generiert das ICCAS im Projekt digitale Patientenakten, die alle Informationen von der Diagnose bis zur Therapie dokumentieren und so die Arbeit des ärztlichen Personals erleichtern sollen. Besonderes Augenmerk liegt hier auf der multisprachigen Umgebung am Krisenort: Wie etwa kann ein europäisches Team an Ärzten und Pflegepersonal mit Patienten überall auf der Welt die Behandlung besprechen? In welcher Sprache werden die Patientenakten geführt? Wie können die Akten zur Entlassung an den Patienten übergeben werden? Wie wird die nationale Regierung in den Informationsfluss eingebunden und wie findet nach einem Abklingen der akuten Notsituation ein geordnete Rückkehr zur lokalen Gesundheitsversorgung statt? All diese offenen Fragen werden in der nun begonnenen zweijährigen Planungsphase erörtert. In einem regelmäßigen Turnus treffen sich die Projektpartner, um Abläufe und Regeln festzulegen. Im Anschluss soll der EU-Kommission ein Konzept für das modulare Notfallkrankenhaus vorgelegt werden ehe es dann an die Umsetzung geht.