Das geltende deutsch-ungarische Doppelbesteuerungsabkommen aus dem Jahr 1977 ist durch die wirtschaftliche Entwicklung in beiden Ländern überholt und soll durch ein modernes den Anforderungen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse besser angepasstes Abkommen ersetzt werden. Die Verhandlungen über ein neues Abkommen wurden im Jahr 2006 aufgenommen und konnten nunmehr durch Unterzeichnung des neuen Abkommens erfolgreich abgeschlossen werden.
In seiner Struktur und seinem Inhalt entspricht das neue Abkommen weitestgehend anderen neueren Abkommen dieser Art und orientiert sich in Aufbau und Wirkungsweise an dem aktuellen Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Darüber hinaus beinhaltet das neue Abkommen den umfassenden Informationsaustausch, wie ihn die OECD im Rahmen ihres Programms zur Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs entwickelt hat.
Zu seinem Inkrafttreten bedarf das neue Abkommen der Ratifizierung durch die gesetzgebenden Körperschaften. Der unterzeichnete Abkommenstext wurde auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zur Verfügung gestellt.
Schwerpunkte des revidierten Abkommens
1. Bei Dividenden aus zwischengesellschaftlichen Beteiligungen wird die Mindestbeteiligungshöhe von bisher 25 auf 10 % herabgesetzt. Die Quellensteuersätze bleiben unverändert bei 5 % für Schachteldividenden und 15 % bei Streubesitzdividenden.
2. Bei stillen Beteiligungen, partiarischen Darlehen und Gewinnobligationen darf künftig die Quellensteuer nach nationalem Recht erhoben werden; bisher ist nur bei Erträgen aus stillen Beteiligungen eine Quellensteuer i.H.v. 25 % zulässig.
3. Bei Zinsen und Lizenzgebühren gilt künftig – wie schon bisher – ein Nullsteuersatz.
4. Die Bestimmungen über die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen folgen dem OECD-Muster. Dies bedeutet auch, dass künftig Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Immobiliengesellschaften im Belegenheitsstaat des unbeweglichen Vermögens besteuert werden können.
5. Für Sozialversicherungs-Renten und Wiedergutmachungsleistungen hat neu nur der Kassenstaat ein Besteuerungsrecht; von dieser Neuregelung nicht betroffen sind Sozialversicherungsrentner vor Inkrafttreten des neuen DBA. Für andere Renten verbleibt es bei dem ausschließlichen Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates des Rentenempfängers.
6. Der Methodenartikel sieht für Deutschland bei tatsächlicher Besteuerung in Ungarn die Freistellungsmethode mit Aktivitätsklausel und Progressionsvorbehalt, insbesondere bei Gewinnen aus ungarischen Betriebsstätten und Ausschüttungen ungarischer Gesellschaften bei Schachtelbeteiligungen, und im Übrigen die Anrechnungsmethode vor. Eine Umschalt-Klausel, nach der unter bestimmten Voraussetzungen zur Anrechnungsmethode übergegangen werden kann, ergänzt die Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Ungarn vermeidet die Doppelbesteuerung ebenfalls grundsätzlich durch Steuerfreistellung mit Progressionsvorbehalt; bei Dividenden ist eine Steueranrechnung vorgesehen.
7. Der bilaterale Auskunftsverkehr ist bisher auf den Austausch von Auskünften zur Durchführung des DBA beschränkt; er beinhaltet künftig einen umfassenden Informationsaustausch und erstreckt sich nicht nur auf Bankenauskünfte, sondern auch auf Sachverhalte, wie z. B. der Bekämpfung von Geldwäschedelikten, Korruption und Terrorismusfinanzierung. Die deutsche Datenschutzklausel wurde in das Protokoll aufgenommen.