Der Verlust der Sehfähigkeit ist in zunehmend visuell gesteuerten Welten besonders tragisch. Nach Schätzungen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands leben etwa 150.000 blinde und rund 500.000 sehbehinderte Menschen in Deutschland, weltweit sind etwa vier Millionen Menschen betroffen. Während für den Gehörsinn der Einsatz von Cochlea-Implantaten bereits medizinischer Standard ist, sind für den Sehsinn solche peripheren Prothesen nur eingeschränkt möglich. Während bei Erkrankungen der Netzhaut wie etwa Retinopathia pigmentosa elektronische Netzhautimplantate genutzt werden können, sind Hilfen für zentrale Erkrankungen des Sehsystems, wie sie zum Beispiel durch Diabetes mellitus verursacht werden, nur mittels direkter Ansteuerung von Gehirnaktivität möglich.
Die im Rahmen des Projekts geplanten Implantate sollen spezifisch im Gehirn Areale ansprechen, welche für die Verarbeitung von visuellen Informationen zuständig sind. Der Neurowissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) Dr. Dirk Jancke führt hierzu hierzu:
„Um solche Brain-Computer-Interfaces zu entwickeln, müssen wir lernen, mit mikro-elektrischen Mitteln die Sprache des Gehirns zu sprechen. Außerdem gewinnen wir wichtige Grundlagenkenntnisse für Diagnostik und Behandlung von neurophysiologischen Krankheitsbildern des Gehirns.“
Ziel des Projekts ist es, technische Hilfsmittel bereitzustellen, um erblindeten Patienten visuelle Informationen zugänglich zu machen, die sie in alltäglichen Lebenssituationen nutzen können. Kooperationspartner in dem Projekt sind neben der RUB, die Universität Bremen, die das Projekt koordiniert sowie Forschende aus Lausanne und Montréal.
Das Projekt wird im Rahmen des durch das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm geförderten European Research Area Networks ERA-NET NEURON II durchgeführt, das 21 Förderorganisationen aus 16 europäischen Mitgliedstaaten sowie Israel und Kanada vereint.