StartseiteLänderEuropaFrankreichalpha ventus: Forschung und Industrie präsentieren gemeinsame Erfolge

alpha ventus: Forschung und Industrie präsentieren gemeinsame Erfolge

In einer internationalen Konferenz stellen die Betreiber, Entwickler und Forscher des ersten deutschen Offshore-Windparks "alpha ventus" die Betriebserfahrungen und Untersuchungsergebnisse vom 8. bis 10. Mai 2012 in Bremerhaven vor.

Ziel ist es, Erfahrungen und Erkenntnisse zu diskutieren und in den weiteren Ausbau der Offshore-Windenergienutzung einzubringen. Mit 300 Teilnehmern aus Wissenschaft und Industrie ist die Konferenz ausgebucht. Gut ein Drittel der nach Bremerhaven angereisten kommen aus Belgien, Dänemark, Frankreich, Norwegen, Spanien, Großbritannien und zwei Drittel aus Deutschland.

Die Forschungsinitiative RAVE - „Research at alpha ventus" untersucht, wie man mitten in der Nordsee wirtschaftlich und zuverlässig Strom erzeugen kann. Die Erfahrungen zeigen die Notwendigkeit der gezielten Forschungsförderung durch die Bundesregierung zum Aufbau einer sicheren und umweltverträglichen zukünftigen Energieversorgung und beschreiben die aktuellen Herausforderungen: Wie wirken sich Wind, Wetter und Wellen auf Gondeln, Türme und Rotorblätter aus? Wo ist noch Forschungsbedarf, damit die Offshore-Windkraftwerke langfristig und zuverlässig Strom produzieren? Welche Einflüsse haben Bau und insbesondere der Betrieb der Anlagen auf die Ökosysteme im Meer? Über hundertfünfzig Wissenschaftler arbeiten in RAVE daran, dass die Offshore-Windenergie in Zukunft ein Stützpfeiler der deutschen Stromversorgung werden kann.

Offshore-Windenergie wichtig für regenerativen Energiemix

Deutschland stellt seine Energieversorgung auf einen Hauptanteil erneuerbarer Energien um. Die Windenergie wird dabei eine ganz entscheidende Rolle spielen. Im Jahr 2011 konnte die Windenergie in Deutschland bereits rund 8 % des Strombedarfs abdecken. Dieses beachtliche Ergebnis lässt sich in erster Linie auf die erfreulich hohen Zubauzahlen und Repowering-Maßnahmen an Land zurückführen. Um die Energiewende in die Tat umzusetzen, muss nun auch die Offshore-Windkraft durchstarten. Der erste Schritt ist getan: alpha ventus, unterstützt mit der Forschungsförderung durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, hat als Deutschlands erster Offshore-Windpark schon im ersten kompletten Betriebsjahr mit knapp 270 GWh einen Beitrag geleistet, der deutlich über den Erwartungen lag. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz bietet weiter ausgezeichnete Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen an Land sowie auf See. Die in ihrem Umfang deutlich erweiterte Forschungsförderung des Bundesumweltministeriums unterstützt Ingenieurinnen und Ingenieure in Unternehmen und Wissenschaft, das unverzichtbare Know-how für eine verlässliche Stromerzeugung Offshore zu deutlich sinkenden Kosten zu erzielen. Die Windenergie soll durch konsequente Weiterentwicklung zu einer tragenden Säule von Deutschlands zukünftigem Energiesystem werden.

„Die Offshore-Windenergie ist für einen ausgewogen Mix in einer zukünftigen regenerativen Energieversorgung unverzichtbar,“ erläutert Professor Jürgen Schmid, Leiter des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Kassel. „Die Stromerzeugung erfolgt in einem 100 % erneuerbaren Energiekonzept vor allem mit Wind und Photovoltaik. Hinzu kommen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Biogas angetrieben werden sowie mit Methan oder Wasserstoff, die mit erneuerbaren Energien erzeugt werden. Die Windenergie an Land ist in ihrer Lernkurve am weitesten fortgeschritten und sollte daher weiter ausgebaut werden. Zusammen mit der Offshore-Nutzung wird der Windenergieanteil im Mix der zukünftigen Stromversorgung bis zu 60 Prozent ansteigen. Die Fluktuationen dieser Anlagen lassen sich nicht nur durch Photovoltaik und Bionergieanlagen gut kompensieren. Auch Offshore-Windenergie wirkt durch die meteorologischen Unterschiede über dem Meer vergleichmäßigend.“, so Schmid weiter.

alpha ventus 2011: über 4400 Volllaststunden und bis zu 97 % Verfügbarkeit

Zufrieden blickt das alpha ventus-Konsortium DOTI aus den Unternehmen EWE, E.ON und Vattenfall auf das erste komplette Betriebsjahr Jahr 2011 zurück: So haben die zwölf Windenergieanlagen in Deutschlands erstem Offshore-Windpark im Gesamtjahr gut 267 Gigawattstunden Strom ins deutsche Übertragungsnetz eingespeist. Das entspricht rechnerisch 4450 Volllaststunden der zwölf 5 Megawattanlagen. Damit lag die von alpha ventus erzeugte Strommenge um zirka 15 Prozent über dem prognostizierten Jahreswert von mehr als 3900 Volllaststunden. „Dieses Ergebnis übertrifft unsere Erwartungen“, freut sich Dr. Claus Burkhardt von EWE in seiner Funktion als DOTI-Geschäftsführer und Gesamtprojektleiter. „Die außergewöhnlich hohe Stromausbeute, die wir bei alpha ventus im Jahr 2011 erzielt haben, lag vor allem an den beinahe konstant hervorragenden Windverhältnissen im Windpark verbunden mit einer hohen Anlagenverfügbarkeit von bis zu 97 Prozent (die durchschnittliche technische Verfügbarkeit lag bei 95 %). Und auch im ersten Quartal 2012 setzt sich die erfreuliche Ertragslage von alpha ventus mit einem Plus von zirka 10 Prozent im Vergleich zu den Ertragsprognosen fort. Nun gilt es die hohen Betriebskosten von küstenfernen Offshore-Windparks zu senken, um deren Wirtschaftlichkeit und Marktfähigkeit langfristig zu gewährleisten.“

Forschungsinitiative RAVE begleitet Bau und Betrieb

„Der Windpark alpha ventus stellt nicht nur einen Meilenstein für die Nutzung der Windenergie auf dem Meer dar, sondern ist gleichzeitig auch Gegenstand intensiver Forschungsaktivitäten. Die Forschungsinitiative RAVE begleitet den Bau und Betrieb des Testfeldes und hat zum Ziel, die Nutzung der Offshore-Windenergie zu optimieren. Insgesamt 33 Einzelprojekte mit einem Gesamtbudget von 51,7 Mio. Euro bilden ein enges durch das IWES koordiniertes Forschungsnetzwerk. Das Gesamtkonsortium umfasst ca. 45 Institute und Firmen“, unterstreicht Dr. Joachim Kutscher vom Projektträger Jülich die Bedeutung der Initiative, die der Projektträger im Auftrag des Bundesumweltministeriums betreut.

„Die Offshore-Windenergie erfordert eine breit angelegte Zusammenarbeit zu einer Vielzahl von Forschungsthemen. Schwerpunkte sind die Senkung der Kosten, Ertragssteigerungen und Erhöhung der Verfügbarkeit von Windenergieanlagen, Technologien zur Integration der Offshore-Windenergie ins Stromnetz sowie die ökologische Begleitforschung“, erläutert Projekteiter Dr. Bernhard Lange vom Fraunhofer IWES, das die RAVE-Forschungsinitiative koordiniert.

„Die Ansätze zur Nutzung der Windenergie auf hoher See sind viel versprechend und aussichtsreich. Dennoch müssen wir die Erkenntnisse aus der praktischen Umsetzung in die Forschung und Entwicklung zurückkoppeln, denn Technik muss weiterentwickelt werden. Nur wenn wir unsere Kreativität gemeinsam in einen ständigen Verbesserungsprozess dieser vergleichsweise noch jungen Technologie einbringen, lassen sich die hochgesteckten Ziele an Erträgen, Zuverlässigkeit und Kosten für „Strom vom Meer“ erreichen,“ so Professor Jürgen Schmid, der als Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen auch die Bundesregierung berät.

Das Offshore Testfeld alpha ventus bietet dazu weltweit einmalige Möglichkeiten. Über 1200 Messungen werden den Forschern ein genaues Bild der Anlagen unter allen Bedingungen liefern. Alle Messdaten werden in einem zentralen Forschungsarchiv bereitgestellt. Damit ist ein bisher in Deutschland und auch weltweit einmaliges nationales Netzwerk der Windenergieforschung entstanden, das sich international u.a. mit der Europäischen Technologieplattform Windenergie, der Europäischen Windenergie Akademie (EAWE) und IEA-Aktivitäten vernetzt hat.

„Mit den Ergebnissen unserer Forschungsprojekte haben wir nicht nur die Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit unserer Windenergieanlage REpower 5M weiter verbessert, sondern auch Grundlagen für die nachfolgende Anlagengeneration geschaffen.",stellt Dr. Jan Kruse, Manager Entwicklungs- und Forschungsprojekte REpower Systems SE, fest.

„RAVE betrachtet in verschieden Forschungsgebieten die Wechselwirkung von Umwelt und Technik in der Offshore-Windenergiegewinnung. Die Ergebnisse aus den RAVE Projekten bieten nicht nur der Industrie und Behörden eine wertvolle Basis für die zukünftige Ausrichtung hinsichtlich Entwicklung der Technik und Regelwerke sondern bieten die Basis zur Schaffung einer breiten öffentlichen Akzeptanz der in den Jugend-Schuhen steckenden Offshore- Windindustrie. Allen verantwortlichen Stellen in der Bundesrepublik und darüber hinaus in Europa ist klar, dass die ambitionierten Ziele im Umweltschutz ohne die Offshore-Windenergie nicht zu erreichen sind. Daher müssen die Forschungsergebnisse zur Wahrung der Interessengruppen Umwelt, Offshore Industrie und Schifffahrt Verwendung finden. Die konsequente Fortsetzung der Forschungs- und Entwicklungsprojekte innerhalb des Verbundes RAVE ist für eine Ressourcen schonende Nutzung (Umwelt, OWI, Schifffahrt und nicht zu letzt Verbraucher) der Offshore-Windenergie zwingend erforderlich“, so das Fazit von Jean Huby, Sprecher der Geschäftsführung AREVA Wind.

Zukünftige Technologien

Für die Offshore-Windenergie sieht Professor Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Bremerhaven die Notwendigkeit, weiter an der Verbesserung der Zuverlässigkeit und der Senkung der Kosten zu arbeiten. „Aufgrund der langen Vorlaufzeit zur Einführung von neuen Technologien muss bereits jetzt an den Konzepten der 2020er-Jahre gearbeitet werden. Kurzfristig besteht die Herausforderung in der Industrialisierung der Prozesskette und in dem Produkt „Offshore-Windkraftwerk“. Insbesondere durch Automatisierung von Fertigungsschritten, z. B. in der Rotorblattfertigung, kann die Qualität gesteigert und eine Kostensenkung erzielt werden.“

Ökologie

Ziel der ökologischen Begleitforschung in RAVE ist es, weitergehende Erkenntnisse der bau- und betriebsbedingten Auswirkungen auf die Meeresumwelt wie z.B. Benthos, Fische, Rastvögel, Zugvögel und marine Säugetiere zu gewinnen. "Die Ergebnisse sind naturgemäß unterschiedlich; in einigen Bereichen ist die Entwicklung der Natur so abgelaufen, wie im vornherein von vielen prognostiziert. Die Besiedlung der Gründungskonstruktionen erfolgte schnell; negative Entwicklungen im Sinne einer einseitigen Entwicklung für bestimmte Arten im Benthos oder bei Fischen wurden nicht festgestellt. Die Beobachtungen der Rastvögel ergaben kein überraschendes Bild; Verdrängungseffekte konnten kaum festgestellt werden. Hingegen bleiben die Zugvogeluntersuchungen bisher ohne greifbares Ergebnis, soweit man sich hiermit erhofft hatte, hinterher genau zu erkennen, welche Art in welcher Richtung zu welchem Zeitpunkt den Windpark quert. Hier sollte weiter geforscht werden.", so die kompakte Zusammenfassung von Christian Dahlke, Leiter des Referats Ordnung der Meere beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).

Akzeptanz der Offshore-Windenergienutzung

Auch die gesellschaftliche Zustimmung zur Offshore-Windenergie wird in RAVE untersucht. „Offshore Windenergie wird insgesamt eher positiv von Küstenanwohnern wie Touristen beurteilt – küstennahe, sichtbare Windparks finden allerdings weniger Zustimmung als weit entfernte. Um langfristig die Akzeptanz zu sichern, muss die Sicherheit der Seeschifffahrt an erster Stelle stehen, gefolgt vom Schutz der Vögel und Meeressäuger. Für Küstenanwohner ist die See Teil ihrer Heimat. Ihre Erfahrungen und Expertise zu nutzen, schafft Akzeptanz. Sie fordern, ernsthaft und transparent an den Planungen beteiligt sowie fortlaufend informiert zu werden.“, hat Dr. Gundula Hübner, Leiterin der Arbeitsgruppe Gesundheits- und Umweltpsychologie der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg herausgefunden.

Weitere Informationen:

http://www.bmu.de
http://www.erneuerbare-energien.de

http://www.alpha-ventus.de

http://www.rave-offshore.de

http://www.offshore-stiftung.de

Quelle: IDW Nachrichten / Fraunhofer Insti für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES Redaktion: Länder / Organisationen: Deutschland Dänemark Belgien Norwegen Frankreich Spanien Themen: Energie Engineering und Produktion Umwelt u. Nachhaltigkeit Wirtschaft, Märkte

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