StartseiteLänderEuropaFrankreichAuswirkungen der Terrorismusbekämpfung auf die Forschung in Frankreich

Auswirkungen der Terrorismusbekämpfung auf die Forschung in Frankreich

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Anlässlich eines als „Verschlusssache“ deklarierten Berichts des Nationalen Beirats für biologische Sicherheit CNCB berichtet das Onlinemagazin EducPros.fr über die Auswirkungen von Sicherheitsmaßnahmen auf die öffentlichen französischen Forschungseinrichtungen.

In der öffentlich zugänglichen Zusammenfassung des Berichts zu den Risiken der Molekularbiologie empfiehlt der 2015 gegründete CNCB (Conseil national consultatif pour la biosécurité) unter anderem eine erhöhte Überwachung von Datenbanken zu potentiell gefährlichen Krankheitserregern und von Mikrobiologie-Laboren. Dabei sollen Forschungsfreiheit und Sicherheitsanforderungen „vereinbar“ bleiben. „Die Forschungseinrichtungen nehmen viele Leute auf, Ausländer, Praktikanten … Wir leben nicht in einer Welt ohne kriminelles Potential. Menschen, die zum Terrorismus überlaufen, existieren.“, betont Bernard Meunier, Mitglied der Akademie der Wissenschaften (Académie des sciences) und einer der sechs Wissenschaftler, die dem CNCB  angehören, die bestehenden Risiken.

Wie EducPros.fr schreibt, herrscht bereits seit 2008 aus Sorge vor dem Missbrauch von Forschungsergebnissen für terroristische Zwecke eine Art Ausnahmezustand für die öffentlichen Forschungseinrichtungen. Henri Korn, Professor am Institut Pasteur und ebenfalls Mitglied der Akademie der Wissenschaften sowie des CNCB, hatte zu diesem Zeitpunkt mit einem Bericht auf die „biologischen Bedrohungen“ aufmerksam gemacht. 2011 wurde dann ein Ministerialerlass zum „Schutz des wissenschaftlichen und technischen Potentials der Nation“ veröffentlicht, der französisches Wissen und Fähigkeiten vor Wirtschaftsspionage und Terrorismus schützen soll. Von der Biologie über die Mathematik bis hin zur Sicherheitsinformatik werden eine Vielzahl von Bereichen von der französischen Regierung als „sensibel“ bewertet.

In Folge dieses Erlasses werden seit 2014 in sensiblen Laboren bestimmte Räume, Etagen oder Gebäude zu „Zonen mit beschränktem Zugang“ (Zones à régime restrictif, ZRR) erklärt. Wer dort Zugang möchte, muss zuvor beim Sicherheitsbeauftragten der Universität die Erlaubnis beantragen. Daraus resultieren eine Reihe materieller wie immaterieller Sicherheitsmaßnahmen (Sicherheitssysteme, Verschlüsselung von E-Mails und Internetverbindungen etc.), für die die betroffenen Einrichtungen, wie EducPros.fr andeutet, in der Regel kein zusätzliches Budget erhalten. Die Mitarbeiter werden darüber hinaus durch Schulungen darauf vorbereitet, mögliche Risiken zu erkennen und an die zuständigen Stellen zu melden.

Auch müssen alle Einstellungsverfahren der ZRR, ob Doktorand, wissenschaftlicher Mitarbeiter oder Reinigungskraft, erst durch den universitären Sicherheitsbeauftragten geprüft und anschließend vom Hohen Sicherheitsbeauftragten des jeweils für die Einrichtung zuständigen Ministeriums (Haut Fonctionnaire de Défense et de Sécurité, HFDS) bewilligt werden. Je nach Ursprungsland eines Kandidaten oder einer Kandidatin kann dies bis zu drei Monate dauern. Und fast jeder fünfte Antrag wird abgewiesen, ohne für die Antragsteller einsehbare Angabe von Gründen. Studierende und Doktoranden zögen es daher vor, ihr Praktikum oder ihre Promotion nicht in einem ZRR-Labor durchzuführen und auch die internationalen Kooperationen der Einrichtungen leiden unter den Einschränkungen. „Es ist schwierig geworden, Forscher oder Praktikanten aus dem Nahen und Mittleren Osten, Asien oder China einzustellen. Für diejenigen, die aus Schweden oder Dänemark kommen, gibt es hingegen kein Problem“, wird der Leiter des Informatiklabors Loria (Laboratoire lorrain de recherche en informatique et ses applications) zitiert.

Wie viele ZRR es in Frankreich gibt, ist geheim. Laut EducPros.fr sind es „bald um die Hundert“, vor allem in den Bereichen Medizin, Biologie und organische Chemie. Gewerkschaftsvertreter fordern seit ihrer Einführung die Abschaffung der Sicherheitsmaßnahmen als „Auswüchse der Sicherheitsbeamten“. Diese würden „die französische Forschung schwächen“. Vertreter mehrerer CNRS-Labore forderten Anfang 2014, ebenfalls erfolglos, eine Aufhebung der Einschränkungen. Wie es in einer Motion des Informatiklabors für Mechanik und Ingenieurwissenschaften LIMSI (Laboratoire d'informatique pour la mécanique et les sciences de l'ingénieur) heißt, stünden diese „in absolutem Widerspruch zu den Missionen der öffentlichen Forschung und ihrer Ethik auf Basis von Austausch, dem Teilen von Wissen und seiner Verfügbarkeit für die Allgemeinheit“. Auch sei das Stadium der Forschungsarbeiten, zitiert EducPros.fr einen Wissenschaftler eines Pariser Informatiklabors, weit vor Verwendungsmöglichkeiten für schädliche Zwecke.

Zum Nachlesen

Quelle: EducPros.fr Redaktion: von Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Strategie und Rahmenbedingungen

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