StartseiteLänderEuropaFrankreichDie Pläne für die grundlegende Umgestaltung des französischen Schulwesens unter der Präsidentschaft François Hollandes

Die Pläne für die grundlegende Umgestaltung des französischen Schulwesens unter der Präsidentschaft François Hollandes

Gelegentlich der offiziellen Vorstellung des Berichtes „Lasst uns die Schulen grundlegend umgestalten“ hat Präsident Hollande am 9. Oktober in der Sorbonne die großen Linien seiner Erziehungspolitik vorgestellt, die zu einem Rahmengesetz für das Schulwesen führen sollen.

In seiner Rede im vollbesetzten Audimax der Sorbonne hat der Präsident mit Nachdruck dafür plädiert, das Schulsystem Frankreichs den aktuellen Erfordernissen anzupassen und für die Zukunft vorzubereiten.

In Zeiten wirtschaftlicher Stagnation und hoher Jugendarbeitslosigkeit müsse alles versucht werden, mehr Schülern einen schulischen Erfolg zu ermöglichen, ihre Integration in die Gesellschaft zu sichern und sie auf ihre Berufe gut vorzubereiten. Es handele sich nicht nur um eine Reform, sondern um eine grundlegende Umgestaltung. Ein leistungsfähiges Schulsystem sei Voraussetzung, der Globalisierung zu begegnen und die Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs zu sichern.

Anlass war die Vorstellung eines Berichtes, der nach drei Monaten der Erörterung unter Beteiligung von 800 Persönlichkeiten - darunter 23 Minister und deren Stellvertreter - entstanden ist. Der Präsident hat detailliert die neun wichtigsten Punkte seines Plans erläutert und begründet :

  1. Schulrhythmen: Die Schule soll wieder an viereinhalb Tagen stattfinden, statt bislang nur vier. Dabei wird die hohe Belastung der Schüler an vier Tagen der Woche - bei einem Schuljahr von 144 Tagen - beklagt.
  2. Kampf dem Abbrechen von Schulbesuchen: Da 140.000 Jugendliche jedes Jahr die Schule verlassen, ist der Kampf gegen das Abbrechen eine Priorität des Präsidenten. In den Schulen  mit hoher Abbrecherquote soll ein Referent eingesetzt werden, der gefährdete Schüler bei deren Reintegration unterstützt. Die Zahl der „Sitzenbleiber“ soll reduziert werden, die Hausaufgaben sollten lieber in der Schule als zu Hause gemacht werden. Schulnoten sollten eher ein Hinweis auf das Leistungsniveau der Schüler sein als eine Sanktion.
  3. Lehrer: Der Präsident hat an das Ziel seiner Präsidentschaft erinnert, jedes Jahr 10.000 neue Stellen zu schaffen. Er hat die 6.000 Stellen „zukünftige Lehrer“ zitiert, die von Januar 2013 an besetzt werden sollen. Mit ihnen sollen die Eingangsverhältnisse von Studenten verbessert werden, die den Beruf des Lehrers ergreifen wollen.
  4. Kindergarten und Grundschule: Die Einschulung der unter Dreijährigen soll ab Sommer 2013 in Gebieten mit Schwierigkeiten wieder eingeführt werden. Die Unterrichtung wird auf erstes Lernen und insbesondere die mündliche Sprache konzentriert werden. Das Ziel ist, gegen das Schulversagen der Kinder aus weniger begünstigten Familien zu kämpfen. In  der Grundschule soll vor allem das Prinzip „mehr Lehrer als Klassen“ hingewirkt werden, um das gemeinschaftliche Lernen in Gruppen zu erleichtern.
  5. Sekundarschule: In dieser entscheidenden Etappe akzentuieren sich oft Unterschiede, treten Misserfolge ein, werden Ungleichheiten offenkundig, die auch noch durch die Infragestellung des Schulbesuchs erschwert werden. In dieser Phase soll der gemeinsame Sockel des Wissens gesichert werden.
  6. Oberschule: Hier werden die Anstrengungen auf das „lycée professionnel“ (Berufsschule) konzentriert, bei der die Komplementarität von Lehre und Schule begünstigt wird.
  7. Berufsberatung: Ein wichtiges Ziel der Präsidentschaft ist eine völlige Überarbeitung der Berufsberatung. Die regionalen öffentlichen Berufsberatungsstellen werden beauftragt, die bestehen Möglichkeiten zu koordinieren und echte Alternativen anzubieten.
  8. Schule  und neue Technologien: Die neuen Technologien sollen als „Hebel für Veränderung, für Öffnung“ eingesetzt werden. Der Präsident fordert, die Schulen mit den notwendigen Geräten auszustatten und zu vernetzen.
  9. Ethik-Unterricht: Dieser Vorschlag, der vom Erziehungsminister verteidigt wird, erfährt die Unterstützung des Präsidenten, „um fest zu unseren Werten zu stehen“.

Am 11. Oktober stellte der Erziehungsminister Vincent Peillon diese Richtlinien dem Hohen Erziehungsrat (Conseil supérieur de l'Education) vor. In den Folgetagen wurden unter der Leitung des Premierministers Konsultationen mit Vertretern der Angestellten, der Schülereltern und der Regionalkörperschaften durchgeführt, um zum Entwurf eines Rahmengesetzes zu kommen, der Ende Oktober dem Kabinett zugeleitet werden soll. 

Quelle: DFGWT - Deutsch-Französische Gesellschaft für Wissenschaft und Technologie e. V. Redaktion: Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Berufs- und Weiterbildung Bildung und Hochschulen Strategie und Rahmenbedingungen

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