Vor Aufnahme seiner Tätigkeit an der Columbia-University (2004) war Professor Chiappori längere Zeit beim CNRS (directeur de recherche) tätig. Er hat auch an der École des hautes études en sciences sociales (EHESS) gearbeitet. Er ist Absolvent der École normale Supérieure sowie "agrégé de mathémathiques" und "docteur en économie".
Sein Bericht (Download der vorläufigen Fassung) zielt in dem hier interessierenden Punkt (Seiten 49 -51) darauf ab, von Studierenden aus wohlhabenderen Familien ("familles aisées") fühlbar höhere Studiengebühren zu erheben als von Studierden aus bescheideneren familiären Verhältnissen.
Ausgangspunkt der hochschulpolitischen Diskussion in Frankreich ist die trotz der seit dem Jahre fühlbar erhöhten Zuwendungen des Staates die Unterfinanzierung der französischen Universitäten.
Nach Auffassung von Pierre-André Chiappori ist eine gesteigerte Anstrengung aus privaten Finanzierungsquellen unverzichtbar. Er schließt aus, dass die Lösung in zusätzlichen Zuwendungen des Staates liegen könnte. Zum Vergleich weist er darauf hin, dass in den USA die staatlichen Universitäten nur zu weniger als die Hälfte aus staatlichen Mitteln finanziert werde, die großen gemeinnützigen Forschungseinrichtungen zu weniger als einem Viertel. Um - auf französische Verhältnisse übertragen - diesen Unterschied auszugleichen, sei eine erhebliche Anstrengung von Seiten der Privathaushalte und der Unternehmer unverzichtbar. Die in Frankreich praktisch nicht existierenden Studiengebühren stellten - so Pierre-André Chiappori - deshalb ein Problem dar. Der praktisch kostenlose Zugang zu einem Hochschulstudium (177 Euro pro Jahr für einen Studierenden in den ersten drei Studienjahren) sei zwar ein bedeutendes Tabu, es in Frage zu stellen sei jedoch mittelfristig unvermeidbar. So wie die Dinge heute lägen, habe die Befreiung von Studiengebühren verteilungspolitisch nur einen sehr geringen Effekt, allenfalls einen negativen.
Chiappori kritisiert, dass die Finanzierung der Universitäten vor allem den Kindern aus der oberen Mittelschicht zugute komme. Das könne man mit Argumenten des "Gemeinwohls" nicht rechtfertigen. Das heutige Finanzierungssystem stelle für die französischen Universitäten ein "enormes Handicap" dar, weil es ihnen eine erhebliche Einkommensquelle vorenthalte.
Zu diesen Überlegungen bemerkt - so Le Figaro in seinem Artikel "Universités: un rapport lève le tabou des frais d' inscription" vom 15.7.2011 - der Präsident einer sehr großen französischen Universität, dass eine - sozial gestaffelte - Studiengebühr von 2000 Euro jährlich seiner Einrichtung mehr einbringen würde als die Mittel aus dem "Programm Zukunftsinvestitionen".
Auch werden von Pierre-André Chiappori in diesem Zusammenhang Modelle von Studiendarlehen zu günstigen Konditionen und ein weiter entwickeltes Stipendiensystem (Ausbildungsförderung) für Studierende aus Familien mit geringem Einkommen in die französische hochschulpolitische Diskussion eingeführt.
Bisher hat nur Sciences Po Paris - seit 2003 - ein System eingeführt, das für Studierende aus wohlhabenderen Failien Studiengebühren bis zu 10.000 Euro jährlich vorsieht.
Der Bericht von Pierre-André Chiappori wird voraussichtlich erst im September 2011 in Gänze veröffentlicht werden. Die vorläufige Berichtsfasssung wurde dem Verfasser von dem "Institut de l' entreprise" zur Verfügung gestellt.