StartseiteLänderEuropaFrankreichFrankreich: Forschungsministerin Pécresse schaltet die Académie des sciences in die Klimakontroverse ein

Frankreich: Forschungsministerin Pécresse schaltet die Académie des sciences in die Klimakontroverse ein

Die Kontroverse um die Vorwürfe des ehemailgen Ministers für Erziehung und wissenschaftliche Forschung Claude Allègre veranlasste 400 Persönlichkeiten der Klimaforschung, sich mit einem "Offenen Brief" an Forschungsministerin Valérie Pécresse und gleichzeitig an mehrere französische Spitzenorganisationen der wissenschaftlichen Forschung zu wenden. Sie bitten darin um die Zusicherung des Vertrauens der Adressaten zu der "Gemeinschaft der Wissenschaftler" und um deren Engagements im Kampf gegen die Klimaerwärmung.

Die Wortführer der Gruppe der "Klimaskeptiker" sind die beiden Wissenschaftler Claude Allègre - ehemaliger Erziehungsminister - und Vincent Courtillot, Präsident des "Instituts der Physik des Globus". Sie stellen - seit einigen Monaten mit wachsender Intensität - in aller Öffentlichkeit die Wissenschaftlichkeit ihrer im Bereich der Klimaforschung tätigen Fachkollegen und ganz besonders die des IPCC in Frage.

In ihrer Eingabe an die höchsten wissenschaftspolitischen Instanzen Frankreichs werfen 400 Wissenschaftler Claude Allègre und Vincent Courtillot vor, "die Grundprinzipien wissenschaftlicher Ethik zu vergessen und den moralischen Pakt, der jeden Wissenschaftler mit der Gesellschaft verbindet, zu brechen".

Die Initiative zu dem "Offenen Brief" ging überwiegend auf die Paläoklimatologin Valérie Masson-Delmotte zurück. In dem Schreiben heißt es: "Zahlreiche Irrtümer - der Klimaskeptiker - betreffend Formen, Zitate, Tatsachenfeststellungen und Graphiken wurden identifiziert". Die Autoren des Briefes weisen auf mehrere Irrtümer dieser Art hin, die die jüngste Veröffentlichung von Claude Allègre "L' imposture" ( Die unverschämte Lüge) enthält. Einer  schwerwiegendsten sei - so die Autoren des "Offenen Briefes" - die Fälschung der Kurve des schwedischen Paläoklimatologen Hakan Grudd. Für den bekanntesten französischen Klimaforscher Jean Jouzel, der als einer der ersten die Eingabe unterzeichnet hat, "war es an der Zeit, die Dinge klarzustellen".

Der britische Wirtschaftswissenschaftler Sir Nicolas Stern, Autor des vor einigen Jahren weithin bekannt gewordenen Berichts zu den Kosten des Klimawandels, hat sich - ohne allerdings bisher die Eingabe zu unterzeichnen - der "Revolte der Klimatologen" angeschlossen.

In einem Schreiben vom 1.4.2010 (s.o.) an den Präsidenten der Académie des sciences, Jean Salencon, führt die Forschungsminsterin aus, es sei nicht Sache der politisch Verantwortlichen, sondern der "communauté scientifique", Meinungsverschiedenheiten betreffend Forschungsarbeiten zu entscheiden. Deshalb wünsche sie, dass die Académie des sciences baldmöglichst eine vertiefende wissenschaftliche Debatte organisiere, um eine leidenschaftlose Gegenüberstellung der Standpunkte und Methoden zu erlauben. Sie bittet die Académie des sciences weiter um einen aktuellen Bericht zu dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse betreffend den Klimawandel.

Valérie Pécresse weist in ihrem Schreiben darauf hin, dass die von ihr erbetene Debatte unter der Verantwortung der Académie des sciences parallel zu dem Klärungsprozess stattfinde, den der Generalsekretär der Vereinten Nationen eingeleitet habe. Er habe den InterAcademy Council mit dem Ziel befasst, eine vertiefte unabhängige wissenschaftliche Analyse der Methoden und Schlussfolgerungen des IPCC zur Entwicklung des Klimas zu erstellen. Da die Académie des sciences selbst Mitglied des InterAcademy Council sei, wünscht die Forschungsministerin, dass die beiden Debatten sich nicht gegenseitig beeinflussen ("n' interfèrent pas l' un avec l' autre").

Das MESR hat dem Verfasser nachträglich die dem "Offenen Brief" der inzwischen mehr als 600 Unterzeichner beigefügte Auflistung der "Irrtümer" von Claude Allègre zur Verfügung gestellt. Ihnen sind jeweils unter Zugrundelegung dessen letzter Veröffentlichung "L' imposture climatique ou la fausse écologie" (Edition Plon, 2010)  in der Seitenfolge der Veröffentlichung die von den Autoren des "Offenen Briefes" ausgearbeiteten Kommentare gegenübergestellt.

Die Liste der Unterzeichner des "Offenen Briefes", zu denen auch mehrere ausländische Klimaforscher gehören, wurde vom MESR gleichfalls beigefügt.

Diese Dokumente stehen hier zur Verfügung:

Éthique scientifique et sciences du climat : lettre ouverte

Annexe de la lettre adressée à Valérie Pécresse

Quelle: Le Monde vom 1.4.2010 und Le Figaro vom 2.4.2010 Redaktion: Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Umwelt u. Nachhaltigkeit

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