StartseiteLänderEuropaFrankreichFrankreich: OPECST-Bericht plädiert für eine "ausgewogenene Revision" der EU-Richtlinie betreffend Tierversuche

Frankreich: OPECST-Bericht plädiert für eine "ausgewogenene Revision" der EU-Richtlinie betreffend Tierversuche

Das "Office Parlementaire d' évaluation des choix scientifiques et technologiques" (OPECST) des französischen Parlaments legte hierzu am 9.12.2009 einen 250 Seiten umfassenden Bericht unter dem Titel "Tierversuche in Europa. Welche Alternativen? Welche Ethik? Welche Regelungen?" vor.

Hintergrund des OPECST-Bericht ist die in nächster Zeit zur Entscheidung anstehende Revision der einschlägigen Richtlinie vom 24.11.1986 (Revisions-Vorschlag der EU-Kommission vom 5.11.2008). OPECST hat zu den damit zusammenhängenden Frage eine große Zahl von Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Verwaltung sowie Tierschutzvereinigungen angehört (Frankreich, Schweiz, U.S.A., Großbritannien, Deutschland, EU-Kommission und EU-Parlament, Schweden: Seite 185 ff des Berichts).

Der Revisions-Vorschlag der EU-Kommission vom 5.11.2008 löste u. a. auch in Frankreich in Kreisen der Wissenschaft und Industrie, insbesondere der  pharmazeutischen,  erhebliche Vorbehalte, Kritik und Unruhe aus, ohne dass die Notwendigkeit einer Revision als solcher in Frage gestellt wurde. Auch wurden bei dieser Gelegenheit Anliegen und Probleme aufgegriffen, die in der EU-Richtlinie von 1986 und dem Revisions-Vorschlag der EU-Kommission keine Berücksichtigung gefunden hatten. Hierbei spielten Ergebnisse des "Grenelle de l' environnement" ebenfalls eine Rolle.

OPECST spricht in senem Bericht folgende - darin noch weiter untergliederte - Empfehlungen aus:

  1. Es muss eine ausgewogene Revision der EU-Richtlinie des Jahres 1986, betreffend den Schutz der Tiere, die zu wissenschaftlichen Experimenten benutzt werden, unter gleichgewichtiger Berücksichtigung der Belange der Forschung und des Tierschutzes, sichergestellt werden.
  2. Es sind auf europäischer und nationaler Ebene Forschungsprojekte zu fördern, die einen Beitrag zur Rationalisierung der Tierversuche leisten (u. a. Europäisches Forschungsprogramm zu alternativen Methoden der Durchführung von Versuchen; u.a. Technologien in vitro, elektromagnetische Bildgebung,  mathematische Modelle und Informatik).
  3. Das bildungspolitische Instrumentarium, die Aus- und Fortbildung der einschlägigen Berufe betreffend, muss verbessert und ausgebaut werden.
  4. Eine bessere Einbindung und Koordinierung der in ihrer Zuständigkeit betroffenen Ministerien / Verwaltungen ist herbeizuführen.

Im Einzelnen empfiehlt der OPECST-Bericht u. a. (Seiten 163 - 182):

  • Für die Nutzung nichtmenschlicher Primaten, die Bestimmungen über ihre Unterbringung und Pflege wird eine  Flexibilität der Strukturen und der in den einzelnen Ländern bestehenden Ethikkommisionen befürwortet.
  • Die Revision der EU-Richtlinie von 1986 hat unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, die Versuchsmethoden an Tieren, die Bedingungen, unter denen die Versuchstiere gezüchtet, gehalten und ggfls vermarktet werden (Setzung von Standards), und die einschlägigen Modelle sowie Ersatzmethoden zu verbessern , zu erfolgen.
    Die Züchtung von Versuchstieren soll künftig ihren Platz in europäischen Strategien der Planung von Infrastrukturen der Forschung erhalten.
  • Die Arbeitsweise des "Centre européen de validation des méthodes alternatives" (CEVAM)/ Europäisches Zentrum zur Validierung alternativer Methoden"  ist zu verbessern.
  • Ein attraktiver Preis zur Belohnung der Ergebnisse von Projekten der Gemeinschaftsforschung über alternative Versuchsmethoden sollte ausgesetzt werden.
  • Zur Vermeidung von Doppelungen sollten der Austausch von Ergebnissen und die Schaffung von Anreizen, damit die Laboratorien abgesicherte Systeme der gegenseitigen Teilhabe an Daten entwickeln, gefördert werden.
  • Der notwendige Ausbau des Ausbildungsinstrumentariums in Europa auf dem Weg eines Systems von Äquivalenzen sollte u. a. auf die Weise erfolgen, dass bestehende Module ergänzt, die Studierenden des Faches Veterinärmedizin  stärker sensibilisiert und die Rolle der Tierärzte im gesamten Kontext von Tierversuchen aufgewertet werden.
    Lehrstühle für Tierversuche und alternative Methoden sollten eingerichtet werden.
  • Die Koordinierung und eine stärkere Einbindung der jeweils nur für Teilaspekte zuständigen Stellen muss verbessert werden u. a. durch

    -  Verbesserung der statistischen Methoden
    -  sytematische Gewährleistung der Respektierung der bestehenden rechtlichen Regelungen,
    - die Festlegung neuer Strategien
    -  die gegenseitige Nutzung jeweils bestehender Züchtungspotenziale und der einschlägigen Einrichtungen
    - die Anerkennung alternativer Methoden
    - die Durchführung von Informationskampagnen
    - die Sicherstellung des Arbeitsschutzes der Forscher und des in der Züchtung von Versuchstieren tätigen technischen Personals.

Bei den Überlegungen von OPECST zu einer "ausgewogenen Revision" der EU-Richtlinie von 1986 spielt auch der Gesichtspunkt eine nicht unwesentliche Rolle,  die EU darauf müsse darauf achten , dass die Bedingungen für die Durchführung von Tierversuchen in Europa nicht zu einer Delokalisierung bestehender Forschungseinrichtungen in Drittländer führen dürfen.

Quelle: www.senat.fr Redaktion: Länder / Organisationen: EU Frankreich Themen: Lebenswissenschaften Ethik, Recht, Gesellschaft Umwelt u. Nachhaltigkeit

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