StartseiteLänderEuropaFrankreichNOEMA: Halbzeit für das im Bau befindliche deutsch-französisch-spanische Superteleskop

NOEMA: Halbzeit für das im Bau befindliche deutsch-französisch-spanische Superteleskop

Erfolgsgeschichten

Mit einem offiziellen Festakt wurde am Mittwoch, dem 19. September, der erfolgreiche Abschluss der ersten Phase des NOEMA-Projektes begangen. Die Max-Planck-Gesellschaft und ihr Partnerinstitut IRAM feiern damit den ersten entscheidenden Schritt hin zu einem der größten deutsch-französisch-spanischen Vorhaben in der Astronomie: dem Ausbau des NOEMA-Observatoriums in den französischen Alpen zum leistungsstärksten und empfindlichsten Millimeter-Radioteleskop der nördlichen Hemisphäre. Vier Jahre nach der Einweihung der ersten NOEMA-Antenne, zählt das Observatorium aktuell zehn 15-Meter große Parabolantennen und kann erste zukunftsweisende wissenschaftliche Ergebnisse vorweisen.

NOEMA (NOrthern Extended Millimeter Array) gehört zu einer ganz neuen Generation von Radioteleskopen: Ein Verbund von Teleskopen bestehend aus mehreren, auf Schienen beweglichen Einzelantennen, ausgestattet mit hochmodernen Empfängersystemen, die zusammen geschaltet agieren wie ein einziges Riesenteleskop. Mit einer bis noch vor ein paar Jahren unerreichbaren Präzision und räumlichen Auflösung ermöglicht NOEMA die Erforschung des kalten Universums bei Temperaturen von nur einigen Grad über dem absoluten Nullpunkt von -273,15 Grad Celsius. Dabei spürt es Objekte auf, die sich – weil von kosmischem Staub und interstellaren Wolken umgeben – mit optischen Instrumenten nicht beobachten lassen.

Eine der wichtigsten Missionen des NOEMA-Projektes ist die Erforschung von interstellaren Gaswolken und Sterngeburten in unserer eigenen Galaxie und in Galaxien, die in ihrem Zustand kurz nach dem Urknall beobachtet werden. Dabei hoffen Wissenschaftler Antworten auf die fundamentalen Fragen der modernen Astronomie zu finden: Wie ist die erste Generation von Sternen direkt nach dem Urknall entstanden? Wie haben sich die ersten großen Strukturen im Universum entwickelt, um schließlich Galaxien zu formen wie unsere Milchstraße? Wie genau funktioniert der kosmische Zyklus der interstellaren Materie, die von Sternen am Ende ihrer Existenz ins All geschleudert wird und aus der wiederum neue Sterne entstehen? Wie formen sich Planeten und Planetensysteme und wie werden neu entstandene Planeten mit komplexen, prä-biotischen Molekülen angereichert, die für die Entstehung von Leben maßgeblich sein könnten?

Insgesamt 12 Antennen sollen zukünftig im Dienste der Wissenschaftler den Himmel abtasten, zehn davon stehen mittlerweile schon auf dem Plateau de Bure in den französischen Alpen. Der wissenschaftliche Betrieb läuft parallel zum Ausbau des Observatoriums und so kann NOEMA bereits mit ersten Forschungsergebnissen aufwarten:

Neben der Entdeckung eines besonders spektakulären, weil aktiven und mit prä-biotischen Molekülen übersäten Sternentstehungsgebietes in unserer näheren kosmischen Nachbarschaft, hat NOEMA die Wissenschaft kürzlich auch mit einem bisher unerreicht detailgetreuen Bild der Staubwolkenverteilung in der großflächigen Spiralgalaxie IC 342 im Sternbild Camelopardalis beeindruckt.

NOEMA wird außerdem ein wichtiger Teil eines noch größeren, globalen Teleskopverbundes werden. Als leistungsstärkstes Radioteleskop der nördlichen Hemisphäre wird NOEMA im weltweiten Teleskopverbund Event Horizon Telescope eine Schlüsselrolle bei der Erforschung ultramassereicher Schwarzer Löcher spielen. Das Projekt, das mehrere Radioteleskope auf vier Kontinenten zu einem virtuellen, weltumspannenden Riesenteleskop verbindet, zielt auch darauf ab, das allererste Bild vom schwarzen Loch im Zentrum unserer Galaxie zu erhaschen.

Entscheidend für den erfolgreichen Abschluss der ersten Phase des Projektes ist auch die Ausstattung aller zehn Antennen mit komplett neuartigen Empfängersystemen, die an der Grenze der höchstmöglichen Empfindlichkeit arbeiten und gleichzeitig einen wesentlich breiteren Bereich an Wellenlängen analysieren.

Bei Beobachtungen agieren die zehn NOEMA-Antennen wie ein einziges Teleskop, eine Technik, die sich Interferometrie nennt. Um mit so vielen Antennen gleichzeitig beobachten zu können, war es ebenfalls nötig, einen Supercomputer, von den Wissenschaftlern Korrelator genannt, zu entwickeln, der bei einer Rechenleistung von 20.000.000.000.000.000 Operationen pro Sekunde eine Vielzahl von simultan eingehenden Signalen analysiert. Sieben Jahre lang haben IRAM-Ingenieure an der Fertigstellung dieses innovativen Korrelators gearbeitet, ein mit elektronischer Spitzentechnologie ausgestattetes Rechenwunder, etwa fünf Millionen mal schneller als herkömmliche Computer.

Phase zwei des Projektes erstreckt sich bis 2021 und sieht neben den Antennen 11 und 12 auch die Verlängerung des Schienensystems vor, auf dem die Antennen zukünftig mit einem Abstand von bis zu 1,7 Kilometern voneinander entfernt positioniert werden können. NOEMA wird so den Himmel zehnmal empfindlicher vermessen können, als das bisher möglich war.

Hintergrund

IRAM, das Institut für Radioastronomie im Millimeterwellenlängenbereich, wurde im Jahr 1979 von der deutschen Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und dem französischen Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) gegründet und 1990 durch das spanische Instituto Geografico Nacional (IGN) erweitert. Das Institut mit Sitz in Grenoble betreibt zwei Observatorien: Das 30-Meter-Teleskop auf dem Pico Veleta nahe Granada in Spanien und das NOEMA-Observatorium (aktuell zehn 15-Meter-Antennen) auf dem Plateau de Bure in den französischen Hochalpen.

Das Gesamtbudget des NOEMA-Projekts ist auf 51 Millionen Euro veranschlagt, getragen und finanziert wird es gemeinsam von den IRAM-Gründungsinstitutionen: der Max-Planck-Gesellschaft und dem CNRS.

In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie und dem Projekt des Europäischen Forschungsrates BlackHoleCam wird NOEMA derzeit für seine zukünftige Schlüsselrolle im weltweiten Teleskopverbund Event Horizon Telescope vorbereitet.

Quelle: Max-Planck-Institut für Radioastronomie / IDW Nachrichten Redaktion: von Tim Mörsch, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Frankreich Spanien Themen: Grundlagenforschung Infrastruktur

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