Feuer belasten die Luft in Westafrika

Internationalisierung Deutschlands, Bi-/Multilaterales

In einer koordinierten Messkampagne untersuchten Forscher erstmals die gesamte Kette der Auswirkungen von natürlichen und vom Menschen verursachten Emissionen auf die westafrikanische Atmosphäre.

„Die Luft in der Küstenregion Westafrikas vermengt sich zu einem einzigartigen Gemisch aus verschiedensten Spurengasen, Flüssigkeiten und Teilchen“, erklärt Professor Peter Knippertz vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Koordinator des EU-Projekts DACCIWA (Dynamics-aerosol-chemistry-cloud interactions in West Africa). Die Quellen sind der Monsunwind mit Seesalz aus dem Süden, Saharawind mit Staub aus dem Norden, Holzkohlefeuer und verbrannter Müll aus den Städten aber auch Kraftwerke, Schiffsverkehr, Ölplattformen und veraltete Motoren. „Gleichzeitig bilden sich regelmäßig zum Teil mehrschichtige Wolkendecken, die großen Einfluss auf das lokale Wetter und Klima haben.“ Wie sich die Luftpartikel aber genau zusammensetzen und welchen Einfluss sie auf das Entstehen und Verschwinden von Wolkenformationen haben, ist bislang unzureichend erforscht und nicht in aktuelle Klimamodelle integriert.

Im EU-Projekt DACCIWA untersuchen die Forscher die Zusammenhänge zwischen Wettereinflüssen, Klimawandel und Luftverschmutzung. In einer koordinierten Messkampagne untersuchten sie dabei erstmals die gesamte Kette der Auswirkungen von natürlichen und vom Menschen verursachten Emissionen auf die westafrikanische Atmosphäre. Im Juni und Juli waren sie dazu mit drei Forschungsflugzeugen vor Ort auf koordinierten Messflügen: Neben der Falcon des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) waren das die Twin Otter-Propellermaschine „Ice Cold Katy“ des British Antarctic Survey und die ATR des Service des Avions Français Instrumentés pour la Recherche en Environnement (SAFIRE) der französischen Forschungsinstitutionen CNRS, Météo-France und CNES. Die unterschiedlichen Flugzeugstypen spielten jeweils ihre besonderen Stärken aus – flogen jedoch mit ähnlicher Instrumentierung, um ein Maximum an Referenzdaten zu generieren.

Die Luftverschmutzung bleibt nicht dort, wo sie entsteht, sondern zieht sich bis zu 300 Kilometer ins Landesinnere. Deshalb verfolgten die Forschungsflugzeuge die Abgasfahnen der großen Küstenstädte Accra, Abidjan, Lomé und Cotonou auf ihrem Weg von der Küste bis ins Landesinnere, bevor sie – über Wälder und Savannen hinweg – weiter in Richtung Sahara ziehen. Für die Kampagne bauten die Wissenschaftler auch drei hochinstrumentierte Messstandorte im Landesinneren auf, bestimmten die urbanen Emissionen und werteten Gesundheitsdaten aus. Vor allem im beninischen Savé waren Klimaforscher des KIT unter der Leitung von Dr. Norbert Kalthoff mit der Messplattform „KITcube“ aktiv: Das Beobachtungssystem integriert Instrumente für alle relevanten meteorologischen Parameter und kann – als Ausschnitt der Atmosphäre – einen „Würfel“ mit einer Kantenlänge von rund zehn Kilometern vermessen. Parallel dazu gab es eine großangelegte Wetterballonkampagne in vier westafrikanischen Ländern, die von Professor Andreas H. Fink, Experte des KIT für das afrikanische Klima, koordiniert wurde. Zur optimalen Planung der Messflüge und Ballonaufstiege wurden außerdem spezielle Vorhersagen mit dem am KIT entwickelten Modell COSMO-ART erstellt. Das insgesamt über fünf Jahre laufende Projekt schafft damit Grundlagen für neue und präzisere Klima-, Wetter- und Luftqualitätsmodelle, die eine nachhaltigere Entwicklungspolitik ermöglichen.

„Erste Ergebnisse zeigen überraschenderweise, dass die Abgasfahnen einen sehr hohen Anteil an organischem Material enthalten“, so Knippertz. Ein Befund, der auf Verbrennungen von Holzkohle, Müll und landwirtschaftlichen Abfällen bei niedriger Temperatur hindeutet. Die vielen Luftpartikeln führen dabei zu einer erheblichen Trübung der Atmosphäre. Dadurch erreicht weniger Sonnenlicht den Erdboden und es ändert sich der Tagesverlauf von Temperatur, Wind und Wolken. „Die Messungen zeigten nun zum ersten Mal die enorme Komplexität in den verschiedenen Wolkenschichten, deren Ursachen nach wie vor unklar sind.“ Zudem können die Luftpartikel auch die Bildung von Wolken- und Regentropfen in den Wolken selbst verändern.

Noch bis 2018 erforschen die Wissenschaftler die Einflüsse der atmosphärischen Zusammensetzung auf die Wolkenformationen und die Luftqualität Westafrikas, werten ihre gesammelten Daten aus und entwickeln eine neue Generation an Klima- und Wettermodellen. Ziel sind auch genauere Prognosen für Westafrika, da gerade hier starke Auswirkungen des Klimawandels wie zum Beispiel Wasserknappheit, Hitzewellen oder Überflutungen zu erwarten sind. Die verbesserten Prognosen kommen aber auch weit entfernten Regionen zugute. „Wir wissen zum Beispiel, dass der westafrikanische Monsun mit dem indischen Monsun wechselwirkt und eine wichtige Einflussgröße für atlantische Hurrikane darstellt“, so Knippertz.

Mehr über das Projekt DACCIWA

Auf der Grundlage von Messungen der Luftqualität und meteorologischen Messungen in Westafrika sowie verschiedener Computersimulationen untersucht das Projekt die Zusammenhänge von Luftqualität, Wetter und Klima. Die EU fördert das Projekt im 7. Rahmenprogramm mit rund 8,75 Millionen Euro. DACCIWA ist eine Zusammenarbeit von 16 wissenschaftlichen Einrichtungen in Europa und Afrika, neben dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sind dies: das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), Frankreich; das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR); die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Schweiz; das European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF), Großbritannien; die Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST), Ghana; das Met Office, Großbritannien; die Obafemi Awolowo University, Nigeria; die University of Manchester und die University of Reading, beide Großbritannien; die Université Blaise Pascal Clermont-Ferrand II, die Université Paris Diderot, die Université Paul Sabatier Toulouse III., die Université Pierre et Marie Curie, alle Frankreich; die University of Leeds sowie die University of York, beide Großbritannien.

Kontakt:

Margarete Lehné
Pressereferentin
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E-Mail: margarete.lehne(at)kit.edu

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Redaktion: von Miguel Krux Länder / Organisationen: EU Côte d'Ivoire Ghana Nigeria Togo Frankreich Vereinigtes Königreich (Großbritannien) Schweiz Themen: Geowissenschaften Umwelt u. Nachhaltigkeit

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