Auf Initiative des Kompetenznetzes Vorhofflimmern e.V. (AFNET) und der European Heart Rhythm Association (EHRA) hat eine internationale Expertengruppe nun einen Plan entwickelt, um die Qualität der Behandlung von Vorhofflimmern zu verbessern. Der AFNET/EHRA Konsensusbericht erschien am 19. Oktober in der Zeitschrift EP Europace.
Die fünfte AFNET/EHRA Konsensuskonferenz stand unter dem Titel „Understanding and eliminating inequalities and barriers that prevent optimal treatment of atrial fibrillation” (Verstehen und Eliminieren von Ungleichheit und Hindernissen, die eine optimale Behandlung von Vorhofflimmern verhindern). Der AFNET Vorstandsvorsitzende und EHRA Vorstandsmitglied Prof. Paulus Kirchhof, einer der Initiatoren der AFNET/EHRA Konsensuskonferenz, erklärt: „Wir haben das Expertentreffen veranstaltet, um einen Plan für konkrete Verbesserungen bei der Versorgung von Vorhofflimmern zu entwickeln. Das Ergebnis der Konferenz haben wir in Form von Empfehlungen und Forschungsprioritäten zusammengefasst.“
Von den Nachbarn lernen
Mehr als 70 Vorhofflimmerexperten aus fast allen Kontinenten haben an der Konferenz teilgenommen und ihre Erfahrungen ausgetauscht. „Angesichts der großen weltweiten Vielfalt der Gesundheitssysteme können die verschiedenen Länder voneinander lernen und bessere Modelle für die Behandlung von Vorhofflimmern entwickeln. Wir hoffen, dass dieser Plan, der von Spezialisten aus unterschiedlichen Teilen der Welt erstellt wurde, dazu beiträgt, die Behandlung von Vorhofflimmern in Europa und der Welt zu verbessern“, bemerkt Prof. Gerhard Hindricks, Präsident der EHRA.
Aufgeklärte Patienten
Für eine erfolgreiche Therapie von Vorhofflimmern – darüber sind sich die Experten einig – sollten alle Patienten in die Entscheidungen über ihre Behandlung einbezogen werden sollten. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Patienten gut informiert sind. Um das zu erreichen, empfehlen die Autoren, das Angebot an frei zugänglichen Informationen über Vorhofflimmern und die damit verbundenen Komplikationen und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern. Patientengerechte Initiativen wie zum Beispiel die von der EHRA entwickelte Patienten-Website „Vorhofflimmern zählt“ (http://www.vorhofflimmern-zaehlt.org/), die in fünf europäischen Sprachen verfügbar ist, werden als sehr hilfreich angesehen, um die Einbeziehung der Patienten voranzubringen. Außerdem sollten „patient reported outcomes“ genutzt werden, um Symptome und Folgen von Vorhofflimmern aus der Perspektive der Patienten zu erfassen.
Strukturierte Behandlung
Eine angemessene Behandlung von Vorhofflimmerpatienten ist vielschichtig. Prof. Andreas Götte, Vorstandsmitglied des Kompetenznetzes Vorhofflimmern, erklärt: „Eine solche Behandlung von Vorhofflimmern sollte sicherstellen, dass allen Patienten eine evidenzbasierte Therapie angeboten wird.“ Deshalb empfiehlt der AFNET/EHRA Plan ein strukturiertes, von interdisziplinären Teams geleitetes Vorgehen und schlägt die Entwicklung von Versorgungsplänen für alle Vorhofflimmerpatienten vor.
Verbesserte Therapie
Etliche Millionen Menschen auf der Welt haben unerkanntes und deshalb unbehandeltes Vorhofflimmern, verbunden mit einem hohen Schlaganfall- und Sterberisiko. Die AFNET/EHRA Roadmap empfiehlt die Einführung eines groß angelegten Vorhofflimmer-Screenings für Über-65-Jährige und in Bevölkerungsgruppen mit hohem Risiko, um eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von Vorhofflimmern möglich zu machen.
Antikoagulanzien (Blutgerinnungshemmende Medikamente zur Schlaganfallprävention) können nur wirken, wenn sie regelmäßig eingenommen werden. Deshalb müssen Strategien festgelegt werden, um Unterbrechungen oder Abbrüche der Antikoagulationstherapie möglichst gering zu halten.
Die Vorhofflimmerablation ist mittlerweile ein etabliertes Verfahren, das in immer mehr Klinken angeboten wird. Die Autoren empfehlen die Entwicklung von Standards, mit denen die Qualität und der Erfolg der Vorhofflimmerablation einheitlich gemessen werden kann. Häufig wird die Rhythmusstörung durch eine Ablation nicht komplett beseitigt. Weitere Studien sind notwendig, um für Patienten mit Vorhofflimmerrezidiven nach einer Ablation die beste rhythmuserhaltende Behandlung herauszufinden.
Personalisierte Behandlung
Weitere Forschung ist erforderlich, um die zellulären und molekularen Mechanismen, die dem Vorhofflimmern zugrunde liegen, besser zu verstehen. Die Experten schlagen vor, genetische Faktoren, spezielle Biomarker und EKG Parameter auszuwerten, um verschiedene Subtypen von Vorhofflimmern bei einzelnen Patienten zu identifizieren und gezieltere Therapien zu entwickeln. So könnten beispielsweise neue Biomarker oder EKG Informationen genutzt werden, um bei Patienten mit einem mittleren oder geringen Schlaganfallrisiko das individuelle Risiko der Antikoagulation besser abschätzen zu können. Zurzeit weiß man noch nicht, ob diese Patienten von einer Antikoagulationstherapie profitieren oder nicht.
Prof. A. John Camm, der zukünftige Präsident der EHRA und Mitveranstalter der fünften AFNET/EHRA Konsneuskonferenz, sagt abschließend: „Wir glauben, dass die vorgeschlagenen Forschungsaktivitäten helfen können, die Behandlung von Vorhofflimmern zu optimieren und die Behandlung für viele Patienten auf der Welt zu verbessern. Es gibt einen dringenden Bedarf für langfristige Forschungsförderung, um die Durchführung ausreichend großer Studien zu ermöglichen.“
Die Konferenz wurde von AFNET und EHRA gemeinsam veranstaltet und finanziert. Industrievertreter zahlten eine Teilnahmegebühr.
Publikation
Kirchhof P et al. A roadmap to improve the quality of atrial fibrillation management: proceedings from the fifth Atrial Fibrillation Network / European Heart Rhythm Association consensus conference. Europace 2015; doi:10.1093/europace/euv304
Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland und Europa durch koordinierte Forschung zu verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials = IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.
European Heart Rhythm Association (EHRA)
Die European Heart Rhythm Association (EHRA) ist die europäische Fachgesellschaft für Arrhythmien und Elektrophysiologie. Sie ist ein Teil der European Society of Cardiology (ESC), der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie. EHRA hat das Ziel, die Lebensqualität der europäischen Bevölkerung zu verbessern durch Bekämpfung der Auswirkungen von Herzrhythmusstörungen und Bekämpfung des plötzlichen Herztods. EHRA fördert Wissenschaft und Bildung auf dem Gebiet der Herzrhythmusstörungen mit dem Schwerpunkt Vorhofflimmern. Neben patientenbezogenen Aktivitäten führt EHRA Wissenschafts- und Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte und andere Fachleute durch. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen fördert EHRA die Behandlungsqualität für Patienten mit Vorhofflimmern durch die Veröffentlichung internationaler Konsensusschriften.
European Society of Cardiology (ESC)
Die European Society of Cardiology (ESC) ist die europäische Fachgesellschaft für Kardiologie und vertritt mehr als 90.000 Kardiologen in Europa und weltweit. Die ESC verfolgt das Ziel, die Belastung durch kardiovaskuläre Erkrankungen in Europa zu verringern.
Pressekontakt:
Dr. Angelika Leute
E-Mail: a.leute(at)t-online.de
Tel: 0202 2623395
Weitere Informationen:
http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de - Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
http://www.escardio.org/EHRA - European Heart Rhythm Association (EHRA)
http://www.escardio.org - European Society of Cardiology (ESC)