Über Jahrtausende hinweg haben wir Kulturlandschaften geschaffen und gepflegt. Sie liefern uns zahlreiche Werte und Dienste, die für menschliche Gesellschaften unabdingbar sind, um funktionieren und wachsen zu können. Hierzu zählen Kultur- und Freizeiteinrichtungen, touristische Möglichkeiten, ökologisches und umweltbezogenes Wissen sowie die Fähigkeit, Nahrungsmittel anzubauen, Heilressourcen zu nutzen und Rohstoffe zu gewinnen. Kulturlandschaften passen sich im Laufe der Zeit an, wobei sich im modernen Zeitalter viele durch Faktoren wie Abholzung und Urbanisierung schnell verändert haben. Dies hat sich auf ihre Nachhaltigkeit ausgewirkt und Besorgnis hervorgerufen, wie das kulturelle Erbe effektiv bewahrt werden kann.
Das über drei Jahre laufende HERCULES-Projekt wurde ins Leben gerufen, um Akteure aus dem öffentlichen und privaten Sektor zu befähigen, nachhaltige Landschaften bedeutender kultureller, historischer und archäologischer Werte auf lokaler, nationaler und paneuropäischer Ebene zu schützen, zu verwalten und zu planen. Was genau ist jedoch eine Kulturlandschaft? Das HERCULES-Projekt stützte sich für die Definition des Begriffs „Landschaft“ auf die Definition des Europäischen Landschaftsübereinkommens des Europarats: „Ein vom Menschen als solches wahrgenommenes Gebiet, dessen Charakter das Ergebnis des Wirkens und Zusammenwirkens natürlicher und/oder anthropogener Faktoren ist.“ Kernpunkt des Europäischen Landschaftsübereinkommens ist daher die Prämisse, dass alle Orte – seien es natürliche, ländliche, städtische oder marine Orte – „Kulturlandschaften“ sind, die von Natur aus dynamisch sind.
Ein landschaftsbasierter Ansatz für die Politik
Durch seine wissenschaftliche Forschungsarbeit hat das HERCULES-Projektteam herausgefunden, dass Europäer tendenziell das Gefühl haben, dass ihre Landschaften kulturell, wirtschaftlich und ökologisch bedroht seien. Die Menschen in Europa nehmen von Natur aus tendenziell eher eine konservative Haltung hinsichtlich der Landschaft ein und wie sich diese verändert. Das Team hat herausgefunden, dass selbst in Fällen, in denen die Landschaften mehr oder weniger stabil waren/sind, die Menschen dennoch glaubten, dass ihre Landschaft bedroht sei.
Dies ist einer der Hauptgründe dafür, warum das Projekt einen „landschaftsbasierten Ansatz“ für eine verantwortungsvolle Umweltpolitik empfiehlt, also einen Ansatz, der partizipativ und transdisziplinär ist. Hierdurch werden die Gefahren von Ansätzen, die sich nur auf einen einzigen Sektor oder eine einzige Disziplin stützen, umgangen, und die lokalen Bürger werden dazu angeregt, aktiv daran mitzuwirken, die besten Mittel und Wege zu finden, um nicht nur ihre Umwelt zu schützen und zu erhalten, sondern auch Veränderungen ihrer Landschaften positiv entgegenzutreten.
Insbesondere aus politischer Perspektive empfiehlt das Projekt, das EU-Politiken, die sich auf das gesamte Land (städtisch, ländlich und marin) auswirken, harmonisiert werden sollten, um ineffiziente Politiken zu vermeiden, die sich zu eng auf einzelne Sektoren wirtschaftlicher Landnutzung konzentrieren oder die sich auf Teile der Gesellschaft auswirken, die zu eng definiert sind. HERCULES spricht sich auch dafür aus, dass der landschaftsbasierte Ansatz in jedem Stadium des Politik- und Entscheidungsfindungsprozesses berücksichtigt werden sollte. Hierzu zählt die Entwicklung von Politikbereichen und -instrumenten, die eine direkte oder indirekte Auswirkung auf die natürlichen und/oder menschlichen Faktoren der Landschaft haben.
Ein HERCULES-Wissenshub für eine gute Politikgestaltung
Das Projektteam kam zu diesen Empfehlungen, indem es neun „Studienlandschaften“ einrichtete, die sich über ganz Europa verteilen. Diese wurden ausgewählt, um dafür zu sorgen, dass Umweltgefälle und Landnutzungsgefälle innerhalb Europas ausgewogen vertreten sind, und dass verschiedene europäische Kulturlandschaften abgedeckt sind. Die erfassten Daten wurden auch in den HERCULES-Wissenshub eingespeist, ein aus zwei Komponenten bestehendes Online-System, welches es Benutzern ermöglicht, die von den neun Standorten erfassten Daten anzuzeigen, zu erkunden, zu extrapolieren und mit diesen zu interagieren.
Der Hub enthält auch zahlreiche weitere Informationen, die für politische Entscheidungsträger und andere Interessensgruppen von großem Vorteil sein werden, darunter Beispiele für bewährte Vorgehensweisen für die Kulturlandschaftspflege, Erfahrungen von den „Kulturlandschaftstagen“, die in fünf der Studienlandschaften organisiert wurden, und Beurteilungen politischer Bedrohungen für europäische Kulturlandschaften auf europäischer Ebene.
Das im November 2016 auslaufende HERCULES-Projekt hat die Landschaften erfolgreich auf die politische Agenda zurückgebracht, indem argumentiert wurde, dass ein interdisziplinärer und alle Beteiligten mit einbeziehender Landschaftsansatz den besten Weg darstellt, um Europas umfassendes Kulturerbe und verschiedene Umwelten zu schützen.
Das Projekt hat sich als richtungsweisend erwiesen, und im Rahmen des Programms Horizont 2020 stehen in naher Zukunft weitere Aktionspläne an, um umfassend aufzuzeigen, wie der Erhalt des Kulturerbes und der Landschaften miteinander verknüpft werden können.
Quelle: Gestützt auf einen Veranstaltungsbesuch und Projektinformationenhttp://cordis.europa.eu/news/rcn/126429_en.html