StartseiteLänderMultilateralesEuropäische Union (EU)Europäische Kommission zeichnet 4-Ebenen-Interventionskonzept zur Suizidprävention als "Best Practice" aus

Europäische Kommission zeichnet 4-Ebenen-Interventionskonzept zur Suizidprävention als "Best Practice" aus

Erfolgsgeschichten

Die EU-Kommission hat den "4-Ebenen-Ansatz zur verbesserten Versorgung von Patienten mit Depression und Suizidprävention" als beste Initiative im Bereich psychische Gesundheit ausgezeichnet und fördert die Ausweitung des Konzepts auf weitere europäische Staaten.

Die Mehrheit der Suizide erfolgt vor dem Hintergrund einer insbesondere nicht erkannten oder nicht adäquat behandelten Depression. Das 4-Ebenen-Interventionskonzept will das Suizidrisiko durch eine verbesserte Versorgung depressiv erkrankter Menschen und dem Abbau von Fehlwissen in der Bevölkerung senken. Für die weitere Verbreitung des Interventionskonzeptes in Europa hat die EU eine Fördersumme von bis zu 2 Millionen Euro ausgeschrieben.

Bei einem Workshop der europäischen Kommission im vergangenen Jahr in Ispra (Italien) konnten Vertreter aus den Gesundheitsministerien der Mitgliedstaaten 11 EU-geförderte Initiativen im Bereich psychische Gesundheit kennenlernen, die zuvor in einem umfangreichen Verfahren ausgewählt worden waren. Die Mitgliedsstaaten konnten bewerten, ob die vorgestellten Projekte für die Umsetzung in ihrem Land von Interesse sind. Als bester Ansatz wurde das gemeindebasierte 4-Ebenen-Interventionskonzept mit dem dazugehörigen digitalen Selbstmanagement-Programm iFightDepression ausgewählt.

Prof. Ulrich Hegerl, Präsident der European Alliance Against Depression (EAAD e.V.), Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Goethe-Universität Frankfurt am Main sagte:

„Das ist eine einmalige Auszeichnung. Unser in Deutschland entwickeltes und im Rahmen von EU-Projekten erprobtes 4-Ebenen-Interventionskonzept hat nun die Chance, in noch mehr europäische Länder und Regionen übertragen zu werden. Ich hoffe sehr, dass wir damit suizidalen Handlungen noch stärker vorbeugen und viel Leid durch eine bessere Versorgung depressiv erkrankter Menschen verhindern.“

Das 4-Ebenen-Interventionskonzept verbindet zwei Ziele: die bessere Versorgung von Menschen mit Depression und die Prävention von Suiziden bzw. Suizidversuchen. In einer umschriebenen Region (Stadt, Gemeinde) werden gleichzeitig Interventionen auf vier Ebenen gestartet:

  • Kooperation mit Hausärzten (u.a. Schulungen)
  • Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Plakatkampagne, öffentliche Veranstaltungen)
  • Schulungen von Multiplikatoren (z. B. Pfarrer, Lehrer, Journalisten, Altenpflegekräfte, Polizisten)
  • Unterstützung für Betroffene und deren Angehörige, u.a. durch Informationsmaterialien, die Förderung der Selbsthilfe und das digitale Selbstmanagement-Programm iFightDepression

Das iFightDepression-Tool ist ein internetbasiertes, kostenfreies, von Fachpersonal begleitetes Selbstmanagement-Programm für Menschen mit leichteren Depressionsformen. Es unterstützt Betroffene beim eigenständigen Umgang mit der Erkrankung Depression und gibt praktische Hinweise für den Alltag. iFightDepression ist in 12 verschiedenen Sprachen verfügbar.

Der Ansatz wurde erstmals in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Modellprojekt, dem Nürnberger Bündnis gegen Depression, in den Jahren 2001 und 2002 angewandt. Im Rahmen mehrerer EU-geförderter Projekte wurde er weiter optimiert. Mittlerweile haben in Deutschland unter dem Dach der Stiftung Deutsche Depressionshilfe 87 Städte und Landkreise dieses 4-Ebenen-Konzept durch die Gründung regionaler Bündnisse gegen Depression umgesetzt. Darüber hinaus wurde der Ansatz in 10 weiteren europäischen Ländern sowie in Australien, Neuseeland, Kanada und Chile aufgegriffen – koordiniert von der European Alliance Against Depression. Die Wirksamkeit konnte in mehreren Studien gezeigt werden (z.B. Székely et al. 2013, Hegerl et al. 2006, Hegerl et al. 2019), in denen Abnahmen suizidaler Handlungen in Interventionsregionen im Vergleich zu Kontrollregionen festgestellt wurden. So gab es im Modellprojekt Nürnberger Bündnis gegen Depression in den beiden Interventionsjahren einen Rückgang um 24 Prozent der suizidalen Handlungen – ein Effekt, der auch im Folgejahr nachweisbar war.

Zum Nachlesen

Quelle: Stiftung Deutsche Depressionshilfe via IDW Nachrichten Redaktion: von Mirjam Buse, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: EU Themen: Ethik, Recht, Gesellschaft Förderung

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