StartseiteLänderMultilateralesEuropäische Union (EU)Frankreich: Zwei Stellungnahmen französischer Expertengremien zum genetisch veränderten Mais MON 810 bleiben ein klares Votum schuldig

Frankreich: Zwei Stellungnahmen französischer Expertengremien zum genetisch veränderten Mais MON 810 bleiben ein klares Votum schuldig

Vier Minister, darunter Forschungsministerin Valérie Pécresse, hatten mit dem Schreiben vom 23.9.2009 die Präsidentin des "Haut Conseil des biotechnologies" (HCB) und den Generaldirektor der "Agence Francaise de Sécurité Sanitaire des Aliments" (AFSSA) jeweils im Rahmen deren Zuständigkeit um eine Stellungnahme zum Anbau und zum Inverkehrbringen von Mais MON 810 gebeten.

Auslöser für die Befassung der beiden Gremien war die positive Stellungnahme der "Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (AESA) vom 28.10.2008, mit der die im Geschäftsbereich der EU-Kommission angesiedelte Behörde gegenüber der entscheidungsbefugten EU-Kommission die Vermarktung von MON 810 als unbedenklich befürwortet hatte.

Am 30.6.2009 hatte AESA zu mehreren von Frankreich und 12 anderen EU-Mitgliedstaaten im Februar 2009 aufgeworfenen nachfassenden Fragen eine ergänzende Stellungnahme abgegeben; die Stellungnahme von AESA vom 28.10.2008 hatte sie nicht befriedigt.

Frankreich hatte am 12.2.2008 auf der Grundlage einer Ermächtigung der einschlägigen EU-Richtlinie für sein Territorium ein Anbauverbot für MON 810 verfügt. Seitdem war die Beurteilung der jetzt von der Regierung gegenüber HCB und AFSSA aufgeworfenen Fragen in Frankreich parteiübergreifend Gegenstand einer innerpolitischen Meinungsverschiedenheit.

Auf französische Initiative hatte der EU-Ministerrat am 4.12.2008 im Rahmen der französischen EU-Präsidentschaft des 2. Halbjahres 2008 von der EU-Kommission eine Verschärfung der an die Evaluierung von genetisch veränderten Organismen zustellenden Anforderungen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Auswirkungen von MON 810 auf Weichtiere ("invertèbres non-cibles"), die nicht - wie die Mais-Pyrale und die "sésamie" (Sesamia nonagriodes") - Zielobjekt des von MON 810 sekretierten Proteins Cry1Ab sind, gefordert; weiter die Berücksichtigung der geographischen Besonderheiten der Anbaugebiete von MON810 und die langfristigen Auswirkungen von genetisch veränderten Organismen auf die Umwelt.

Vor diesem komplexen Hintergrund bat die französische Regierung mit ihrem Schreiben vom 23.9.2009

  • den "Haut Conseil des biotechnologies" (HCB) um die Stellungnahme seines "Comité scientifique" (CS) zu den nach französischer Auffassung noch nicht befriedigend geklärten wissenschaftlichen Fragen des Anbaus von MON 810; das "Comité économique, éthique et social" (CEES) des HCB wurde ersucht, seine Empfehlungen zu den sozio-ökonomischen Auswirkungen des Anbaus und der Vermarktung von MON 810 abzugeben;
  • die "Agence Francaise de Sécurité Alimentaire" (AFSSA) um erneute Stellungnahme zu der Frage der gesundheitlichen Auswirkungen von MON 810.

Die am 22.12.2009 vom französischen Umweltministerium veröffentlichten Stellungnahmen des HCB und der AFSSA leisten in mehreren Punkten Entscheidungshilfen für das weitere Vorgehen der französischen Regierung auf nationaler und EU-Ebene. Sie lassen jedoch in einigen Punkten noch Fragen offen, so dass - so das Umweltministerium in einem Pressekommuniqué vom 22.12.2009 - noch eine "weitere aktive Forschung zu den Biotechnologien in Frankreich erforderlich ist".

Als Ergebnis der Stellungnahmen des HCB bzw. von AFSSA ist festzuhalten:

  • Das "Comité scientifique" (CS; 43 Seiten) des HCB kommt auf der Grundlage der ihm verfügbaren Daten zu dem Ergebnis, dass MON 810 keine ins Gewicht fallenden Auswirkungen auf die Umwelt hat; die von ihm gewonnenen Erkenntnisse erlaubten es in der Perspektive eines Anbaus von MON 810, die geeigneten Überwachungsmaßnahmen nach einem Inverkehrbringen von MON 810 zu treffen.
    Das CS kommt hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen von MON 810 zu dem Ergebnis, dass MON 810 "eine Alternative darstellt, um die gesundheitlichen Anforderungen an menschliche und tierische Nahrungsmittel zu erfüllen; gleichzeitig sei MON 810 entsprechend den Zielsetzungen des "Programms Ecophyto 2018" geeignet,  den Einsatz der in der Landwirtschaft eingesetzten chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel zu halbieren.

    Die auf 62 Seiten dargestellten Empfehlungen des "Comité économique, éthique et social" (CEES) des HCB stellen die Vor- und Nachteile des Anbaus und der Markteinführung von MON 810 umfassend dar.

    Bei einer Abstimmung unter den Mitgliedern des CEES zu der Frage "Überwiegen die globalen Vorteile einer Genehmigung des Abbaus von MON 810 die globalen Nachteile" antworteten - bei 1 Stimmenthaltung - 11 mit "Ja" und 14 mit "Nein".

    Auf die Frage "Sollte, wenn der Anbau von MON 810 staatlicherseits genehmigt werden sollte, dies ohne oder unter (vorgängigen? begleitenden?) Bedingungen erfolgen?" war das Stimmenverhältnis wie folgt:

    6 Stimmen: ohne Bedingungen
    6 Stimmen : nur unter begleitenden Bedingungen
    13 Stimmen: unter vorgängigen und gleichzeitig begleitenden Bedingungen
    1 Enthaltung.

  • AFSSA hält in ihrer ergänzenden zwei Seiten umfassenden Stellungnahme vom 29.11.2009 an ihrer früheren Stellungnahme vom 30.4.2008 fest, dass MON 810 unter dem Gesichtspunkt der Lebensmittelsicherheit dasselbe Niveau an Sicherheit bietet wie konventionell angebauter Mais. Sie unterstreicht, dass die ergänzende Stellungnahme von AESA vom 30.6.2009 insoweit zu demselben Ergebnis kommt wie ihre eigene-Stellungnahme vom 30.4.2008.

    Zu den von einem Mitglied des HCB aufgeworfenen methodischen Frage der Prüfung der Schädlichkeit von genetisch veränderten Organismen stellt AFSSA das Ergebnis der von ihm insoweit angestellten Untersuchungen (Simulationen auf der Grundlage statistischer Tests) bis zum Ende des 1. Quartals 2010 in Aussicht.

Die französische Regierung unterstreicht in einem Pressekommuniqué des Umweltministeriums vom 22.12.2009 die hohe Qualität an Konzertation und wissenschaftlicher und sozio-ökonomischer Aktualisierung der von HCB und AFSSA geleisteten Arbeit.

Die französische Regierung wünscht - so das Kommuniqué vom 22.12.2009 weiter - , dass, die einstimmig angenommenen Schlussfolgerungen des EU-Ministerrates vom 4.12.2008 betreffend, die Verstärkung der wissenschaftlichen Sachverständigenkompetenz der EU schnell umgesetzt wird. Sie verlangt, dass die EU-Kommission baldmöglichst einen Sachstandsbericht über das von ihr seit einem Jahr Veranlasste vorlegt.

Quelle: www.ecologie.gouv.fr Redaktion: Länder / Organisationen: EU Frankreich Themen: Lebenswissenschaften Umwelt u. Nachhaltigkeit

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