StartseiteLänderMultilateralesEuropäische Union (EU)Vier EU-Projekte auf der Suche nach Ersatz für kritische Rohstoffe

Vier EU-Projekte auf der Suche nach Ersatz für kritische Rohstoffe

Vier EU-finanzierte Projekte forschen gegenwärtig zu Alternativen zu "Kritischen Rohstoffen" für die europäische Wirtschaft. Auf einem Workshop in Brüssel präsentierten die Forscher kürzlich ihre Arbeit. An zwei Projekten sind auch deutsche Partner beteiligt, darunter die Universitäten Konstanz und Bielefeld.

„Kritische Rohstoffe“ sind für viele europäische Industriezweige von entscheidender Bedeutung, aufgrund ihrer Knappheit aber von Versorgungsunterbrechungen bedroht. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass Europa Strategien entwickelt, wie es die Nachfrage nach Rohstoffen befriedigen kann. Beispielsweise durch Methoden oder Substanzen, mit denen die derzeit verwendeten Rohstoffe ersetzt werden können. Dieses Ziel haben sich vier EU-Projekte zu alternativen Ersatzstoffen für Katalyse, Elektronik und Photonik gesetzt, die ihre Arbeit auf dem dritten Workshop des Innovationsnetzwerks für Alternativen zu kritischen Rohstoffen (Third Innovation Network Workshop on substitution of Critical Raw Materials) präsentierten, der Anfang dieses Monats von dem Projekt CRM_INNONET in Brüssel veranstaltet wurde.

NOVACAM

NOVACAM wird von Japan und der EU koordiniert und zielt darauf ab, Katalysatoren mit nicht-kritischen Elementen zu entwickeln, die das Potenzial von Biomasse freisetzen und diese zu einer zukunftsfähigen Energie- und Rohstoffquelle machen können.

Das Projekt folgt bei der Entwicklung der nächsten Generation von Katalysatoren (nanoskalige anorganische Katalysatoren) dem Ansatz „Catalyst by Design“, wie NOVACAM-Projektkoordinator Prof. Emiel Hensen von der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden erklärt. Das im September 2013 ins Leben gerufene Projekt entwickelt Katalysatoren auf der Basis von nicht-kritischen Metallen für die Umwandlung von Lignozellulose in industrielle chemische Rohstoffe und Biokraftstoffe. Im ersten Teil des Projektes ging es um die chemischen Grundlagen, während im zweiten Teil die Prozessfähigkeit demonstriert werden soll. Prof. Hensen sagt voraus, dass es vielleicht nur zwei von drei Konzepten bis hierhin schaffen werden.

Erhebliche Fortschritte wurden bereits bei der Umwandlung von Glukose und Ethanol gemacht, berichtet der Projektkoordinator, was zu einigen wichtigen wissenschaftlichen Publikationen führte. Das industrielle Beratungsgremium des Konsortiums besteht aus Vertretern von Shell in der EU und Nippon Shokubai in Japan.

FREECATS

Das Projekt FREECATS, präsentiert von Projektkoordinator Prof. Magnus Rønning von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens, befasste sich in den letzten drei Jahre mit der Entwicklung neuer metallfreier Katalysatoren. Diese könnten in Form von zufällig angeordnetem Nanomaterial oder in hierarchisch organisierten Strukturen hergestellt werden und sollen als Ersatz für herkömmliche Edelmetallkatalysatoren in katalytischen Transformationen von strategischer Bedeutung dienen können.

Prof. Magnus Rønning erläutert, dass die neuen Materialien die Verwendung von Metallen der Platingruppe (PGM) und Seltenerdmetallen überflüssig machen würden, bei denen Europa sehr stark auf den Import aus anderen Ländern angewiesen ist. Im Laufe der Forschungen konzentrierte sich FREECATS vor allem auf drei Bereiche: Brennstoffzellen, die Herstellung leichter Olefine sowie Wasseraufbereitung und Abwasserreinigung.

Mit den Bemühungen zur Entwicklung platinfreier Brennstoffzellen trägt das Projekt zu dem Ziel der EU bei, den Verbrennungsmotor bis zum Jahr 2050 zu ersetzen. Doch Prof. Rønning weist darauf hin, dass die Verwendung von Platin über mehrere Jahrzehnte hinweg optimiert wurde, während die von FREECATS verwendeten Materialien ganz neu sind und neue Herausforderungen mit sich bringen, denen sich das Projekt stellen muss.

HARFIR

Prof. Atsufumi Hirohata von der Universität York im Vereinigten Königreich koordiniert das Projekt HARFIR, das nach einer antiferromagnetischen Legierung sucht, die ohne das seltene Metall Iridium auskommt. Iridium wird mehr und mehr in verschiedenen elektronischen Datenspeichergeräten verwendet, etwa für die Leseköpfe von Festplatten. Hierfür wird Platinerz benötigt, das hauptsächlich aus Südafrika importiert wird. Die Situation ist viel schlimmer als bei anderen Seltenerdmetallen, weil der Preis in den letzten Jahren regelrecht explodiert ist, erklärt Prof. Hirohata.

Die Forscher von HARFIR kommen aus Europa und Japan und wollen Iridium-Legierungen durch Heusler-Legierungen ersetzen. Das von Prof. Hirohata geleitete EU-Team arbeitete an der Vorbereitung der polykristallinen und epitaktischen Dünnfilme aus Heusler-Legierungen und richtete das Material-Design nach theoretischen Berechnungen aus. Das japanische Team unter der Leitung von Prof. Koki Takanashi an der Tohoku Universität arbeitete währenddessen an der Herstellung von epitaktischen Dünnfilmen, der Messung von Grundeigenschaften und der strukturellen/magnetischen Charakterisierung mittels Neutronen- und Synchrotronröntgenstrahlung.

Eine der größten Herausforderungen bestand darin, dass Heusler-Legierungen eine relativ komplizierte Atomstruktur besitzen. HARFIR muss also jede atomare Fehlordnung im Bereich der Nanosäulen vermeiden, denn dadurch würden die gesuchten magnetischen Eigenschaften verloren gehen. Hier sucht das Team nach Lösungen.

IRENA

Prof. Esko Kauppinen von der Aalto-Universität in Finnland präsentierte zum Abschluss der ersten Sitzung das Projekt IRENA. Das im September 2013 ins Leben gerufene Projekt läuft bis Mitte 2017 und bemüht sich um die Entwicklung von Hochleistungswerkstoffen, insbesondere von Dünnfilmen mit metallischen und halbleitenden einwandigen Kohlenstoffnanoröhren (single-walled carbon nanotube, SWCNT), als Ersatz für kritische Metalle in elektrischen Bauelementen. Ziel ist es, Indium bei transparenten leitfähigen Filmen sowie Indium und Gallium als Halbleiter in Dünnschicht-Feldeffekttransistoren (TFT) zu ersetzen.

Das IRENA-Team entwickelt eine flexible, transparente und dehnbare Alternative, die den Anforderungen der Elektronik der Zukunft entspricht - und sich sogar für gedruckte Elektronik eignet.

An IRENA beteiligen sich drei Partner aus Europa und drei aus Japan, die zusammen über Fachwissen bei der Synthese von Nanoröhren, der Herstellung von Dünnschichten und flexiblen Bauelementen sowie der Modellierung von Nanoröhrenwachstum und Dünnschicht-Ladungstransportprozessen verfügen. Außerdem profitierte das Projekt vom Austausch von Teammitgliedern zwischen den einzelnen Einrichtungen. Eine der wichtigsten Errungenschaften des Projekts bisher war die erstmalige Verwendung eines Nanoröhren-Dünnfilms sowohl als Elektrode als auch als Lochblockierschicht in einer organischen Solarzelle.

Quelle: CORDIS - Nachrichten Redaktion: von Tim Mörsch, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: EU Finnland Vereinigtes Königreich (Großbritannien) Japan Niederlande Norwegen Themen: Physik. u. chem. Techn. Innovation Netzwerke Förderung

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