Deutschland verfügt heute über ein Berufsbildungssystem, dessen Traditionen und soziale Mechanismen historisch gewachsen sind. Sie gründen auf Errungenschaften der Moderne – wie der Sozialgesetzgebung unter Bismarck - und reichen zurück bis ins Mittelalter als sich in Städten Handelsleute und Handwerker in Gilden zusammenschlossen, um sich bspw. gegen Unfall und Krankheit abzusichern – oder gemeinschaftlich für die Ausbildung der nachfolgenden Fachkräftegeneration zu sorgen. Die historischen Voraussetzungen haben zu einem Berufsbildungssystem geführt, das sowohl auf schulischem als auch arbeitsplatzbasiertem Lernen fußt und an dessen Fortbestand und Weiterentwicklung die Sozialpartner systematisch mitwirken.
Eine Übertragung in andere Länder kann daher nicht „eins-zu-eins“ funktionieren, sondern setzt einen Prozess des Austauschs und Vergleichs von Systemelementen und der sorgsamen Implementierung im Partnerland unter Anpassung an die spezifischen Voraussetzungen und Bedarfe voraus.
Ein solcher Prozess ist nun im Vollen Gange, koordiniert von der Deutsch-Russischen Arbeitsgruppe, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf deutscher Seite und vom Ministerium für Bildung und Wissenschaft auf russischer Seite partnerschaftlich geleitet wird.
Am 13.03.2013 tagte die deutsch-russische AG für berufliche Bildung in Nischni Nowgorod. Ergebnisse der Sitzung waren Vereinbarungen und Informationsaustausch zu den Themen:
- Berufsbildungsstandards in Anlehnung an deutsche Rahmenlehrpläne und Ausbildungsordnungen,
- Ausbildung der Ausbilder in Russland nach Vorbild der deutschen AEVO,
- Aufbau von Schulungszentren für berufliche Qualifikationen in der Russischen Föderation, orientiert an den deutsche überbetrieblichen Ausbildungszentren.
Die AG-Sitzung wurde flankiert von einem Seminar relevanter russischer Regierungsressorts, zu dem die russische Regierung erstmalig neben Vertretern der öffentlichen Verwaltungen aus Regionen auch Unternehmen und Unternehmensverbände eingeladen hatte. Vertreter deutscher Unternehmen sowie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und der deutsch-russischen Auslandshandelskammer nahmen an dem Seminar auch teil. Das ist eine wichtige Erfolgsbedingung, denn im Ziel geht es auch um die Verbesserung der Fachkräftesituation vor Ort für russische und deutsche Unternehmen. Der erfolgreiche Marktzugang für deutsche Unternehmen hängt oft wesentlich davon ab, ob in der Zielregion ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte vorhanden sind.
Im Rahmen der WorldSkills 2013, der „Weltmeisterschaft der Berufe“, die vom 1. bis 7. Juli in Leipzig stattfindet, wird die Arbeitsgruppe wieder zusammentreten und den über Fortgang der gemeinsamen Vorhaben beraten.