Liebe Leserinnen, liebe Leser,
im Wahljahr 2019 geht die Diskussion um die Zukunft der Europäischen Union und die Rolle der Forschungs- und Innovationspolitik weiter. Indikatoren zeigen, dass sich Fortschritte im Hinblick auf den Europäischen Forschungsraum verlangsamt haben, und dass Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor groß sind. Die Europäische Kommission hat eine Sammlung von Vorschlägen als Diskussionsgrundlage für die zukünftige Ausrichtung der europäischen Forschungs- und Innovationspolitik veröffentlicht und in den neuen EU-Mitgliedsstaaten (EU13) stand der Beitrag von Bildung, Forschung und Innovation zur Weiterentwicklung Europas insgesamt zur Debatte. In beiden Fällen sind es die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst, die zu Wort kamen und ihre Perspektiven eingebracht haben.
China investiert massiv in Informations- und Kommunikationstechnologien mit einem neuen Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz. Hingegen hält sich die Regierung in den USA bei der Finanzierung zurück und überlässt das Feld den starken Unternehmen. Aber auch hier möchte China aufholen: Ende Februar wurde ein Entwicklungsplan für die sogenannte „Greater Bay Area“ (GBA) veröffentlicht, der die südchinesische Provinz Guangdong mit den beiden angrenzenden Sonderverwaltungszonen Macau und Hongkong verbindet. Der Plan sieht vor, dass bis zum Jahr 2035 weltweit führende Unternehmen und Spitzenuniversitäten in der Region angesiedelt sind, während gleichzeitig attraktive Rahmenbedingungen zur Rekrutierung renommierter Forschender geschaffen werden.
Der Wettbewerb um Talente weltweit ist ebenfalls ein Anliegen in Frankreich, Indien, Israel und Thailand: Sie alle sehen internationale Promovierende, Forschende und andere Fachkräfte als eine wertvolle Ressource an und gestalten ihre Programme entsprechend. Während Nicht-EU-Studierende in Frankreich zum nächsten Wintersemester an den staatlichen Universitäten Gebühren zahlen müssen, werden internationale Promovierende wegen ihrer zentralen Rolle in der französischen Forschung davon ausgenommen. Das renommierte Indian Institute of Technology (IIT) Delhi möchte durch ein neues Paket von Maßnahmen den Anteil seiner internationalen Promovierenden verzehnfachen. Israel plant, an seinen Hochschulen Englisch als Arbeitssprache zu etablieren und Postdoc-Stipendien für ausländische Bewerberinnen und Bewerber bereitzustellen. Und Thailand setzt auf die „Build, Buy, Borrow“-Personalstrategie: „Borrow“ meint dabei die temporäre Anwerbung von Fachkräften und Forschenden aus dem Ausland, um den Technologietransfer nach Thailand voranzutreiben. In Frankreich, das unter Fachkräftemangel leidet, können Top-Talente aus dem Ausland auch ohne Diplom jetzt ein besonderes Visum erhalten („French Tech-Visum“), während die Initiative France Digitale zusätzlich um rückkehrwillige Französinnen und Franzosen wirbt. Im Kampf um Talente verzeichnet Kanada Erfolge: Unter der Global Skills Strategy, mit der hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland einfacher in den kanadischen Arbeitsmarkt integriert werden sollen, wurden seit 2017 über 40.000 Jobs geschaffen.
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre zu diesen und vielen anderen strategischen Entwicklungen in der internationalen Forschungs-, Bildungs-, Technologie- und Innovationspolitik, die wir in der vorliegenden Ausgabe für Sie ausgewählt und aufbereitet haben.
Ihre Sonja Bugdahn und Andreas Ratajczak
Über den ITB infoservice
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