Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Agenda war im vergangenen Monat stark von einer Reihe multilateraler Treffen auf Regierungsebene geprägt. Die Beschlüsse der EU-Forschungsministerinnen und -minister vom 10. Juni standen unter anderem im Zeichen des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Internationale Kooperationen in Forschung und Innovation sollen dem Rat der Europäischen Union zufolge werte- und prinzipiengeleitet gestaltet werden. Für die Bewertung von Forschungsleistungen werden zukünftig neue Kriterien entwickelt. Der Rat betonte, dass die Ukraine bei dem Erhalt ihrer Hochschul- und Wissenschaftskapazitäten Unterstützung benötigt. Ein konkreter EU-Beitrag dazu ist die Assoziierung der Ukraine mit dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont Europa (2021-27). Diese tritt rückwirkend zum 1. Januar 2021 in Kraft. Die Europäische Kommission hat dem Land gleichzeitig den damit verbundenen finanziellen Beitrag für das vergangene und das laufende Jahr erlassen. Zudem wird eine neue Förderung für ukrainische Start-ups bereitgestellt.
Die Forschungsministerinnen und -minister der G7-Gruppe kamen in diesem Jahr vom 12.-14. Juni in Frankfurt am Main unter deutscher Präsidentschaft zusammen. Neben der Unterstützung für die Ukraine lag der Schwerpunkt auf drei Themenbereichen: dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit, -integrität und -sicherheit, die bessere Erforschung von Post-Covid-Erkrankungen sowie Forschung zur Klimakrise, einschließlich der Verbindung mit Meeres- und Biodiversitätsforschung. Immer fraglicher wird, ob die Reduktion von Treibhausgasemissionen zur Begrenzung des Klimawandels ausreicht. Vor diesem Hintergrund wollen die G7 ihre Forschungsaktivitäten zum Thema Kohlendioxidentnahme/ -speicherung ausbauen und besser koordinieren. Einen Überblick zur japanischen Technologieentwicklung in diesem Bereich hat das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo publiziert.
Während Treffen der Forschungsministerinnen und -minister in der EU und G7-Gruppe eine lange Tradition haben, positionieren sich derzeit zwei neue multilaterale Foren zur Technologiekooperation: Im Asien-Pazifik-Raum ist es die Quadrilateral Security Group (Quad), die Japan, Australien, Indien, und die USA zusammen bringt. Am 24. Mai trafen sich zum zweiten Mal die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer. Zu den Quad-Beschlüssen von Tokio zählt eine verstärkte Kooperation in den Bereichen Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, Technologiestandards, Cybersecurity und Halbleitertechnologien. Neu eingeführt werden „Quad Fellowships“ für 100 Masterstudierende und Promovierende. Ein neues transatlantisches Forum ist der EU-US-Handels- und Technologierat (TTC), der 2021 gegründet wurde. Vereinbart wurden bei einem hochrangigen Treffen im Mai 2022 Kooperationen zu Technologiestandards und Künstlicher Intelligenz.
Im Kontrast zu den zahlreichen Initiativen, die im vergangenen Monat zwischen verschiedenen Staaten vereinbart wurden, steht die „Bottom-Up“-Initiative der Afrikanischen Allianz der Forschungsuniversitäten. Die 2015 gegründete Allianz hat einen strategischen Plan für den Zeitraum 2022-27 vorgelegt, um den Anteil des Kontinents an der weltweiten Spitzenforschung in 10 Jahren auf 5 Prozent zu erhöhen.
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre zu diesen und vielen anderen strategischen Entwicklungen in der internationalen Forschungs-, Bildungs-, Technologie- und Innovationspolitik, die wir in der vorliegenden Ausgabe für Sie ausgewählt und aufbereitet haben.
Ihre Sonja Bugdahn und Andreas Ratajczak
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