Liebe Leserinnen, liebe Leser,
es ist in vielerlei Hinsicht ein Blick in die Glaskugel: Welche Konsequenzen hat das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen für Hochschulen und Forschung in den Vereinigten Staaten? Wir haben die Diskussion in verschiedenen Medien für Sie zusammengefasst. Weiterhin lenkt der G20-Gipfel in Rio de Janeiro den Blick auf den Gastgeber Brasilien: Wie gestaltet das große Land zukünftig die bilaterale und multilaterale Forschungszusammenarbeit aus? Zum Abschluss stellen wir das Land Marokko in den Fokus, das durch ehrgeizige Hochschulreformen und den Ausbau der Kooperation mit Frankreich auf sich aufmerksam macht.
Die Zukunft von Hochschulen und Wissenschaft in den USA
Der Monat November brachte für die US-amerikanischen Hochschulen gute Nachrichten: Die Anzahl der internationalen Studierenden in den USA erreichte mit 1,1 Millionen einen neuen Rekordwert. Erstmals löste Indien als wichtigstes Herkunftsland China ab. Im Hinblick auf die Ergebnisse der US-Präsidentschaftswahlen dürfte die Stimmung dennoch gedämpft sein: So werden Befürchtungen laut, dass Colleges und Universitäten in den USA künftig stärker reguliert und höher besteuert werden könnten. Auch in Bezug auf die zukünftige Ausrichtung von Forschung und internationaler Forschungskooperation herrscht Unsicherheit. Dazu haben Wissenschaftsmagazine und Portale verschiedene Ausblicke publiziert, die wir für Sie zusammengefasst haben. Befürchtet wird unter anderem, dass die staatlichen Ausgaben für Forschung und Innovation unter der neuen Präsidentschaft von Donald Trump insgesamt deutlich reduziert werden. Auch die Zukunft verschiedener großer Regierungsbehörden, die bisher stark in Forschung investiert haben, ist ungewiss. Eine neue thematische Ausrichtung wird unter anderem in den Bereichen Klimawandel, Gesundheit und Künstliche Intelligenz (KI) erwartet. Insbesondere der bisherige US-amerikanische Fokus auf die Sicherheit von KI könnte in Frage gestellt werden. Dieser wurde unter der Präsidentschaft Bidens etabliert und ist durch ein kürzlich veröffentlichtes Memorandum noch einmal bestätigt worden.
Brasiliens Ausbau bilateraler und multilateraler Forschungskooperation
Brasilien hat im Vorfeld des G20-Gipfels deutlich gemacht, dass das Land die bilaterale Forschungs- und Innovationskooperation mit China deutlich ausbauen will. Luciana Santos, die brasilianische Ministerin für Wissenschaft, Technologie und Innovation, unterzeichnete am 14. November fünf Memoranda of Understanding mit chinesischen Partnern. Abgedeckt werden die Bereiche Nukleartechnologie, landwirtschaftliche Kleinbetriebe, Photovoltaikindustrie und Künstliche Intelligenz. Geplant ist zudem eine brasilianisch-chinesischen Synchrotron-Lichtquelle. Ein weiterer Ansatzpunkt für die brasilianische Forschungskooperation ist der multilaterale Verband der BRICS-Staaten, dem neben China auch Russland, Indien und Südafrika angehören. Zu Beginn des Jahres hat die seit 2010 operierende BRICS-Gruppe vier neue Mitgliedsländer (Ägypten, Äthiopien, Iran sowie die Vereinigten Arabischen Emirate) aufgenommen. Neue Erweiterungen könnten bald folgen. Das Online-Wissenschaftsmagazin Nature hat festgestellt, dass es zwar eine große Vielfalt an Gruppen und Aktivitäten im Bereich der BRICS-Forschungskooperation gibt. Konkrete Ergebnisse werden jedoch kaum veröffentlicht. Auch im Hinblick auf die Verwirklichung ehrgeiziger Zukunftspläne empfiehlt das Magazin der BRICS-Gruppe, zukünftig transparenter zu operieren und sich dabei die Vereinten Nationen zum Vorbild zu nehmen.
Ehrgeizige Pläne für Hochschulen und Wissenschaft in Marokko
Bereits am 18. September hatte der marokkanische Minister für Hochschulen, Forschung und Innovation einen ehrgeizigen Reformplan veröffentlicht. Das Hauptziel des sogenannten PACTE ESRI 2030 besteht darin, ein neues Modell für die marokkanischen Universitäten zu etablieren. Es konzentriert sich auf vier Schlüsselbereiche: eine umfassende pädagogische Erneuerung, die Entwicklung einer wissenschaftlichen Forschung, die internationalen Standards entspricht, die Einführung eines transparenten und effizienten Governance-Systems und die Aufwertung der Rolle der Regionen. Zur Umsetzung beitragen soll eine nationale Strategie für freie Bildungsressourcen und offene Wissenschaft, deren Start Ende Oktober bekannt gegeben wurde. Ziel ist es, die digitale Transformation und Öffnung des marokkanischen Hochschulsystems zu fördern. Auch beim Ausbau internationaler Kooperation verfolgt Marokko ehrgeizige Pläne: Ende Oktober hat die Regierung eine Reihe bilateraler Vereinbarungen mit Frankreich unterzeichnet, die Bildung, Wissenschaft und Innovation miteinbeziehen. Konkret geplant ist die Gründung eines französisch-marokkanischen Forschungszentrums mit Schwerpunkten in Künstlicher Intelligenz, Big Data, Cybersicherheit, erneuerbaren Energien, Wasserstoff sowie Geistes- und Sozialwissenschaften.
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre zu diesen und vielen anderen strategischen Entwicklungen in der internationalen Forschungs-, Bildungs-, Technologie- und Innovationspolitik, die wir in der vorliegenden Ausgabe für Sie ausgewählt und aufbereitet haben.
Wenn Sie Themenvorschläge für die nächste Ausgabe haben, sprechen Sie uns gerne an.
Ihre Sonja Bugdahn und Anna März
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