Eine israelische Umfrage vom April protokolliert eine große Bandbreite an diskriminierenden Erfahrungen israelischer Forschender: Beendigung von Projektzusammenarbeit, Ablehnung von Bewerbungen, Konferenzteilnahmen und wissenschaftlichen Artikeln etc. Ein Bericht des israelischen Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Technologie stellt einen Rückgang der Zusammenarbeit von Forschenden aus Israel und Europa seit dem Hamas-Anschlag vom 7. Oktober 2023 fest. (siehe Meldung auf Kooperation international).
Teile der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft treten dieser Entwicklung entgegen: Anne Rethmann (FU Berlin/Hebrew University Jerusalem), Daniel Siemens (Newcastle University) und Helmut Walser Smith (Vanderbilt University) sprachen sich – unabhängig von einer Bewertung israelischer Regierungspolitik – in ihrer Erklärung vom 14. Mai sowohl gegen den Boykott von individuellen Forschenden als auch von akademischen Institutionen in Israel aus. Der zunehmende häufig subtile Ausschluss israelischer Forschender stehe im Widerspruch zu den Grundprinzipien akademischer Kooperation und der Wissenschaftsfreiheit. Der Erklärung schlossen sich insgesamt 8.042 Unterzeichnende (Stand 25.05.2024) aus aller Welt an. Darunter auch HRK-Präsident Walter Rosenthal, der – wie zahlreiche weitere Personen an deutschen Einrichtungen – die Erklärung unterzeichnete.
Am 27.05.2024 sendete Rosenthal zudem ein Solidaritätsschreiben der HRK an die israelischen Hochschulen. Trotz der Sorge über die aktuellen Entwicklungen bringt er darin auch die Hoffnung auf einen Ausbau der Kooperation zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland und Israel zum Ausdruck.
Bereits am 20. Mai 2024 richtete der Rat der Israel Academy of Sciences and Humanities einen Appell an die weltweite Wissenschaftsgemeinschaft, sich Boykotten und Ausgrenzungen israelischer Forschender entgegenzustellen. Der Rat weist auf die nachteiligen Auswirkungen auf die internationale Zusammenarbeit und den wissenschaftlichen Fortschritt hin. Zudem wird die israelische Regierung aufgefordert, die Integrität der israelischen Forschungseinrichtungen zu unterstützen und zu schützen. Bei einem Treffen von Vertreterinnen und Vertretern führender europäischer Wissenschaftsakademien warb der Präsident der Israel Academy of Sciences and Humanities eindringlich für eine Fortsetzung der internationalen Wissenschaftskooperation mit Israel.
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen unterstützt den Appell und tritt Forderungen nach einem Boykott israelischer Forschender und israelischer Wissenschaftseinrichtungen entschieden entgegen. Zu den Mitgliedern zählen sowohl Forschungsorganisationen wie beispielsweise die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) als auch Förderorganisationen wie der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Alexander v. Humboldt-Stiftung (AvH). Die drei letztgenannten sind wie die HRK gleichzeitig Partnerorganisationen von Kooperation international. Die Mitglieder der Allianz halten es für diskriminierend und verfehlt, Forschungskooperationen mit israelischen Wissenschaftseinrichtungen zu beenden, israelische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von internationalen Konferenzen und Auszeichnungen auszuschließen oder Förderanträge von Forschenden abzulehnen, die an israelischen Einrichtungen arbeiten. Solche Maßnahmen seien kontraproduktiv und trügen zur Schwächung der israelischen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen als tragende Säulen der freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft Israels bei.
Die Kultusministerkonferenz schloss sich den Forderungen der Allianz der Wissenschaftsorganisationen an und sprach sich ihrerseits gegen den Boykott israelischer Forschender und israelischer Wissenschaftseinrichtungen aus: Wissenschaft und Forschung lebten von internationalem Austausch und Kooperation. Die Kultusministerkonferenz setze sich daher nachdrücklich für eine offene und integrative Wissenschaftsgemeinschaft ein, in der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer Religion konstruktiv zusammenarbeiten können.
Anmerkung der Redaktion: Diese Nachricht erschien ursprünglich am 6. Juni 2024 unter dem Titel "Ausgrenzung israelischer Wissenschaft entgegentreten: Forschende weltweit und Hochschulrektorenkonferenz stehen für Fortführung der Zusammenarbeit ein" und wurde nach Veröffentlichung der Stellungnahme der Allianz der Wissenschaftsorganisationen am 14. Juni 2024 aktualisiert.
Zum Nachlesen
- Kultusministerkonferenz (14.06.2024): KMK-Hochschule spricht sich gegen Boykott israelischer Forschender und israelischer Wissenschaftseinrichtungen aus
- Allianz der Wissenschaftsorganisationen (11.06.2024): Gegen einen Boykott der israelischen Wissenschaft
- HRK (27.05.2024): Solidaritätsschreiben an die israelischen Hochschulen
- Israel Academy of Sciences and Humanities (23.05.2024): Academy President Prof. Harel calls upon heads of European Academies of Sciences to unequivocally reject the use of academic boycotts as a tool to deal with geopolitical issues
- Israel Academy of Sciences and Humanities (20.05.2024): The Israel Academy urges global academic institutions to stand against antisemitism and boycotts
- Statement against the Boycott of Israeli Academics vom 14.05.2024