Die Flussblindheit (Onchozerkose) ist vor allem in Afrika sowie Mittel- und Südamerika verbreitet. Blutsaugende Kriebelmücken nehmen von erkrankten Menschen Wurmlarven auf und verbreiten sie weiter. Daraus entwickeln sich geschlechtsreife Fadenwürmer, die sich als Parasiten im Bindegewebe einnisten und so genannte Mikrofilarien produzieren. Sind die Augen davon betroffen, kann dies zur Erblindung führen. Der Begriff "Flussblindheit" lässt sich darauf zurückführen, dass sich die Erkrankung in der Nähe von Fließgewässern häuft, weil dort die Larven der Kriebelmücke aufwachsen.
Die ausgewachsenen, bis zu 30 Zentimeter langen weiblichen Würmer leben meist in Knoten (Onchozerkomen) in der Unterhaut; von im Körper umherwandernden Männchen werden sie befruchtet. In den Onchozerkomen tragen die Weibchen Wurmlarven (Mikrofilarien) aus. Dieser Prozess ist unter dem Mikroskop anhand von histologischen Proben nachweisbar. Die Wirkung neuer Medikamente, die die Würmer in unterschiedlichen Stadien hemmen oder abtöten können, muss deshalb auch anhand histologischer Proben bestätigt werden. Bislang werden diese histologischen Untersuchungen zur Flussblindheit manuell durchgeführt.
Prof. Dr. Achim Hörauf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie (IMMIP) des Universitätsklinikums Bonn (UKB), sagt:
"Für die Zulassung neuer Medikamente ist es aber besser, wenn die Qualität der Untersuchung durch Künstliche Intelligenz standardisiert werden kann."
Anhand von Gewebeschnitten, die zuvor von mehreren Experten beurteilt wurden, werden KI-Modelle trainiert und die Genauigkeit der automatischen Auswertung überprüft.
Dr. Daniel Kühlwein von dem AI Center of Excellence der IT-Beratung Capgemini, die die Algorithmen entwickelt, sagt:
"Der Vorteil Künstlicher Intelligenz ist neben der Standardisierung, dass die automatisierte Auswertung der histologischen Schnittbilder viel schneller geht, als dies händisch möglich wäre. Die Auswertung von klinischen Studien kann so teilweise um Monate verkürzt werden."
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am UKB hatten bereits einen Seedgrant der Bill & Melinda Gates Foundation erhalten, der die prinzipielle Machbarkeit des Projekts gezeigt hat. Daraufhin hat die Gates-Stiftung die Bonner zur Bewerbung für eine weitere Förderung aufgefordert.